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Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Titel: Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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sobald er eine Feder zur Hand nahm, wie verwandelt. So stellte Sir an sich den Anspruch, auch in die trockenste Verpflegungstabelle einen Hauch von Lyrik zu bringen. Zum Beispiel nannte er Pferde stets Rösser und war kaum dazu zu bewegen, auf eine reichliche Auswahl schmückender Adjektive zu verzichten.
    Im August begannen sich die Kroaten in Temeswar zu versammeln. So nannte jedermann die dürftig uniformierten Truppen der Grenzgebiete. Viele von ihnen besaßen nicht einmal festes Schuhwerk, geschweige denn, dass diese Regimenter eine auch nur einigermaßen einheitliche Ausrüstung gehabt hätten. Die meisten dieser bärtigen, verwegenen Burschen waren Hirten oder arme Bauern aus den Bergen, aber es fanden sich auch Schmuggler und Räuber unter ihnen, denen der Boden unter den Füßen zu heiß geworden war. Einige hatten wohl in Friedenszeiten an Waffenübungen teilgenommen, die Mehrzahl jedoch lachte über derlei Kinderkram. Ein Mann konnte einfach schießen, zumal wenn er sein eigenes Gewehr mitbrachte, und Exerzieren war in ihren Augen Zeitverschwendung. Nur den gelegentlichen Paraden gestanden sie einen gewissen Nutzen zu, war dies doch eine gute Gelegenheit, sich den Stadtmädchen in ihrer ganzen Männlichkeit zu zeigen.
    Gabriela hatte nicht viel übrig für diese Truppen. Solche Kerle waren es, die den guten Namen ihres Vaters durch ihr Verhalten in den Dreck gezogen hatten. Viele von ihnen zogen nur in den Krieg, weil sie sich manch günstige Gelegenheit zum Plündern erhofften oder sie vor der mühsamen Arbeit auf dem kargen Ackerboden fliehen wollten. Leichten Herzens ließen sie ihr Weib und ihre Kinder zurück, unter dem Vorwand, nun der Kaiserin dienen zu müssen.
    Ende August rückte die erste Eskadron der Nádasdy-Husaren ab, um sich bei Königsgrätz den Truppen des Feldzeugmeisters Piccolomini anzuschließen. Es war ein verregneter Tag. Gabriela und Sir standen auf der Elisabeth-Bastion am Wiener Tor und sahen den Reitern nach. Den Mannschaften folgte eine fast ebenso lange Kolonne aus Bagagewagen und das, obwohl der Banus eine Order ausgegeben hatte, dass es nur den Offizieren vom Lieutenant an aufwärts erlaubt sei, ihre Frauen und Familien mit auf den Feldzug zu nehmen. Der Befehl hatte zu einigem Murren unter den Truppen geführt, denn allen übrigen Regimentern war es gestattet geworden, mit Kind und Kegel in den Krieg zu ziehen. Da die Husaren aber als beweglichste Feldtruppe nicht durch einen zu schwerfälligen Tross gelähmt werden sollten, gab es hier eine Ausnahme. Erst eine zweite Order, die es allein den Husaren erlaubte, ihre Kriegsbeute unter Bedeckung in die Heimat zu bringen, sorgte wieder für Ruhe. Nun bestand auch für die einfachen Soldaten wieder Hoffnung, zumindest für ein paar Wochen im Jahr die Truppe verlassen zu dürfen und zu ihren Familien zurückzukehren.
    Als der letzte Wagen der Husareneskadron hinter Regenschleiern verschwunden war, klopfte Sir seine Pfeife an der steinernen Brüstung der Bastion aus, schnäuzte sich lautstark und spuckte in den Graben. »Ich muss dir etwas sagen«, murmelte er gepresst.
    »Nur zu!«
    »Es wird ja wohl nicht mehr lange dauern, bis der Banus mit den Kroaten aufbricht … «
    »Das würde ich nicht gerade als Neuigkeit bezeichnen.«
    »Nun«, der Schotte trat von einem Bein aufs andere wie ein Tanzbär. »Ich denke, ich werde nicht mit dir in den Krieg ziehen.«
    »Was?« Nicht einen Augenblick hatte sie daran gedacht, dass ihr Gefährte sie im Stich lassen könnte. In den letzten Wochen hatte sie so oft seine Hilfe in Anspruch genommen, dass sie sich ihren Dienst als Adjutant des Generals kaum ohne ihn vorstellen konnte. Doch was noch wichtiger war, ihm konnte sie sich anvertrauen. Er wusste um ihr Geheimnis und deckte sie. Es gab niemanden, der an seine Stelle treten könnte.
    »Warum willst du gehen? Du hast doch nicht etwa Angst?«
    Sir lächelte dünn. »Weiß du, in Kriegen kann man sein Leben verlieren. Ich habe mir geschworen, Cumberlands Rotröcke für Culloden büßen zu lassen. Aber mit den Preußen habe ich keinen Krieg. Im Gegenteil, ich … « Er stockte. »Jedenfalls gibt es für mich keinen Grund, mein kostbares Leben in einem Krieg um Schlesien zu riskieren. Ich werde in den nächsten Tagen meine Taschen packen. Man sagt, die Franzosen wollen bald wieder gegen die Engländer zu Felde ziehen. Dort bin ich besser aufgehoben. In ihrer Armee muss ich auch nicht den Postillion für einen General spielen. Ich bin

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