Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Titel: Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
Vom Netzwerk:
Graffenstein geworden.
    Der junge Mann machte einen ernsten und verschlossenen Eindruck. Es war schwer, mit ihm ins Gespräch zu kommen. Dennoch wirkte er dabei nicht unsympathisch. Wenn er einmal etwas sagte, hatte es stets Gewicht, und Sir war sich sicher, dass der Kornett jemand war, auf den man sich im Notfall bedingungslos verlassen konnte.
    Der Schotte schmunzelte. Dieser Notfall würde niemals eintreten. Es wurde allenthalben von einem neuen Krieg mit den Preußen geredet, aber für die Kaiserin von Österreich würde er seine Haut nicht zu Markte tragen. Er hatte Gregorius zwar versprochen, auf Gabriela eine Weile aufzupassen, doch bei einem Krieg endeten alle Verpflichtungen! Betroffen dachte er an das, was in der nächsten Stunde kommen würde. Vielleicht endeten seine Verpflichtungen auch schon an diesem Morgen.
    Vor ihnen erklang ein Ruf. Vage sah er die Ruinen einer Kapelle im Schatten großer Eichen. Daneben standen zwei Kutschen. Die anderen waren also schon hier. Zwei Gestalten in langen grauen Mänteln kamen ihnen entgegen.
    Gabriela schwang sich vom Rücken Nazlis und versuchte forsch zu wirken. Jetzt, als sie wieder festen Boden unter den Füßen hatte, merkte sie, wie ihr die Knie zitterten. Damit die anderen nichts merkten, nahm sie Nazli am Zügel und führte sie zu den Ruinen der Kapelle, wo die übrigen Pferde untergebracht waren. Sir und Friedrich besprachen sich mit den Sekundanten des Rittmeisters, die zu ihnen gekommen waren. Zwei Männer in mittleren Jahren mit silberbortengeschmückten Dreispitzen. Unter den grauen Mänteln trugen sie die Uniform der Nádasdy-Husaren. Von Graffenstein hatte also nicht nur Feinde im Regiment.
    Als Gabriela die vordere Kutsche passierte, bemerkte sie im Vorübergehen das rötliche Glühen einer Pfeife und erkannte im schwachen Licht das markante Profil des Generals. Ihm gegenüber saß noch eine zweite Gestalt, die im Schatten blieb.
    Auch der Rittmeister von Graffenstein hielt sich bei den Pferden auf. Er war sehr blass und begann nervös mit der Troddel an seinem Säbel zu spielen, als sie näher kam. Beide sprachen kein Wort.
    Bald erschienen Sir und Friedrich, um ihre Pferde unterzustellen. Ihnen folgte ein dritter Mann. Unter seinem offenen Mantel glänzten die goldenen Stickereien einer Obristenuniform. Er trug grünen Dolman und Pelz, dazu dunkelblaue Hosen. Gabriela schluckte. Auch dies waren die Farben der Nádasdy-Husaren. Es musste Philipp Graf Sinzendorf sein, der Regiments-Kommandant. Der Graf war ein kleiner Mann mit wässerig blauen Augen. Sein Gesicht wirkte im Morgenlicht aschfarben. Dunkle Ränder hatten sich unter seine Augen gegraben. Der Offizier kam geradewegs auf sie zu und schob sich dabei ein Taschentuch aus hellem Leinen in den linken Ärmel.
    »Gabriel von Bretton«, sprach er mit leiser Stimme und verzichtete darauf, sich vorzustellen. »Ich möchte Ihnen eindringlich nahelegen, den Streit zu begraben. Österreich steht am Rande eines Krieges, und ich hoffe, dass Ihnen klar ist, dass die Kaiserin und ihre Kavallerie jeden jungen Reiter in diesen Zeiten brauchen. Möchten Sie nun, da Sie Ihren Mut bewiesen haben, indem Sie auf dem Duellplatz erschienen, nicht darauf verzichten, Ihren Streit mit dem Herrn Rittmeister zu einem blutigen Ende zu führen?«
    Noch bevor Gabriela etwas erwidern konnte, mischte sich Sir ein. »Hat von Graffenstein sich für seine infamen Worte entschuldigt?«
    »Der Rittmeister bedauert den Vorfall und wünschte, es wäre nicht zu dem Streit in der Kommandantur gekommen«, entgegnete der Obrist mit krächzender Stimme und hüstelte anschließend in sein Taschentuch.
    »Von einer förmlichen Entschuldigung kann also nicht die Rede sein«, konstatierte Friedrich. »Oder hat sich der Herr Rittmeister explizit dafür entschuldigt, gegenüber dem Freiherrn von Bretton das Wort Weibsbild in den Mund genommen zu haben?«
    Der Obrist schwieg.
    Friedrich zuckte mit den Schultern. »Ohne eine förmliche Entschuldigung des Herrn Rittmeisters kann der Streit nicht als beigelegt betrachtet werden!«
    »Und was sagt der Duellant selbst dazu?«, beharrte Graf Sinzendorf.
    »Nach den Regeln des Duells braucht der Freiherr von Bretton Ihnen nicht zu antworten, Herr Graf«, bemerkte der Kornett sachlich.
    »Nun gut, dann wird dieses Ärgernis seinen Lauf nehmen.« Der Obrist schnäuzte resignierend in sein Taschentuch und wandte sich ab. »Unser Regimentsarzt Schwanhauser hat als Unparteiischer die vier Pistolen geladen.

Weitere Kostenlose Bücher