Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin
beiden im Rücken.
Durch die Bewegung waren im Nachttopf dunkle Blutschlieren zwischen dem Erbrochenen aufgestiegen. Gabriela fluchte stumm und stieß mit dem Fuß die Tür zu der winzigen Vorkammer auf, durch die man das Wirtshaus betrat. Dort stapelte sich an den Wänden gespaltenes Holz für den Kamin in der Gaststube. Obwohl eine schwere Decke vor der Tür nach draußen hing, war es in der kleinen Kammer eisig kalt. Gabriela zerrte die Decke zur Seite, öffnete die Türe und wäre beinahe gestürzt, als ihr eine laut maunzende Katze zwischen den Beinen hindurchhuschte.
Draußen hatte sich über Nacht das Land verwandelt. Hügel und Straße waren unter einem dünnen Mantel aus Schnee verschwunden. Der Winter war früh gekommen in diesem Jahr. Vor Kälte schlotternd umrundete Gabriela das Haus und entleerte ihr Nachtgeschirr in die Jauchegrube. Mit den Füßen scharrte sie ein wenig Schnee zusammen und wischte damit den stinkenden Topf aus, als sie sich plötzlich wieder beobachtet fühlte. Abrupt drehte sie sich um. Dicht beim Haus stand die schwarzhaarige Magd und starrte herüber. So als habe sie der Blickkontakt ermutigt, kam sie auf Gabriela zu.
»Ihr solltet das nicht tun, Herr Offizier. Das ist meine Aufgabe … «
»Scher dich zum Teufel! Wenn es mir beliebt, meinen Dreck wegzumachen, dann tue ich das auch.«
Das Mädchen zuckte zusammen und sah scheu zu Boden. Plötzlich runzelte die Magd die Stirn. Auch Gabriela senkte den Blick. Vor ihren Stiefeln waren drei dunkle Blutstropfen auf dem frischen Schnee zu sehen. Wie beiläufig wischte Gabriela mit dem Stiefel darüber. »Ich hab den roten Wein, den du mir am Abend zum Mahl gebracht hast, in der Nacht wieder von mir gegeben«, murmelte sie halblaut und sah dem Mädchen dabei forschend ins Gesicht. Die Kleine nickte. Offenbar hatte sie ihr Glauben geschenkt.
»Ich habe gehört, wie schlecht es Euch ging, Herr. Ich schlafe mit der Lizbeth in einer kleinen Kammer direkt unter Eurem Zimmer.«
»Danke für deine Anteilnahme.« Gabriela hatte die Bemerkung ironisch gemeint, doch verstand das Mädchen dies offenbar nicht und errötete mit einem schüchternen Lächeln. »Du kannst mir ein wenig frisches Brot und einen Krug mit leicht angewärmtem Wasser aufs Zimmer bringen. Dort steht dann auch noch die Waschschüssel, angefüllt mit dem, was diese Nacht nicht bei mir bleiben wollte. Da du meinst, dass es deine Aufgabe ist, sich darum zu kümmern, magst du sie gerne mitnehmen.«
Die junge Magd nickte ergeben. »Jawohl, gnädiger Herr. Soll ich Euch auch das Rasierzeug bereiten?«
»Das wird nicht nötig sein.« Die Sonne war über die Hügel im Osten gestiegen. Gabriela stöhnte auf vor Schmerz. Das Licht war ihr unerträglich. Sie musste in ihre Kammer zurück! Sie wollte sich nur noch tief unter ihren Decken vergraben und in Dunkelheit und Wärme versinken. Ohne die Kleine noch eines Blickes zu würdigen, eilte sie zum Gasthaus zurück.
Noch einen Tag und eine Nacht dauerten ihre Schmerzen, dann war die Krise überwunden. Zwei weitere Tage erhob sie sich kaum von ihrem Lager, um wieder zu Kräften zu kommen. In dieser Zeit rang sie mit einem Entschluss, der sie Kopf und Kragen kosten mochte. Dann endlich, am Morgen des vierten Tages, wusste sie, was sie tun würde.
Sie war im Bett geblieben, bis von der Tür her ein zaghaftes Klopfen erklang. In den letzten Tagen war dies schon fast zu einem Ritual geworden. Gabriela brummte etwas und die Tür schwang auf. Herein trat die schwarzhaarige Schankmagd. Es war immer nur sie, die ihr das Frühstück brachte oder im Laufe des Tages nachfragte, ob etwas zur Bequemlichkeit fehle. Noch immer errötete das junge Mädchen, und Gabriela war inzwischen der festen Überzeugung, dass sich das törichte Geschöpf in sie verliebt hatte. Anfangs hatte sie die Magd sehr grob behandelt, mit der Zeit aber war sie etwas freundlicher zu ihr geworden. Das Mädchen tat ihr leid.
Auch dem Gastwirt war das Betragen Mias nicht verborgen geblieben, und einmal hatte Gabriela gehört, wie er die Magd wegen ihres ungebührlichen Betragens gegenüber dem Herrn Offizier schalt.
Wie jeden Morgen hatte Mia auch diesmal ein Brett mit frischem Brot, Käse und Wurst und einer Schale warmer Milch gebracht. Statt zu gehen, stand sie stumm neben dem Bett und wartete, ob es noch etwas zu erledigen gab. Dann fiel ihr Blick auf die gepackten Satteltaschen, die auf dem Stuhl standen.
»Ihr wollt uns schon verlassen … gnädiger Herr?«,
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