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Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Titel: Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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hier zu Kämpfen, würden sie nach genau feststehenden Regeln geschlagen. Eine Festung zu erobern, war höhere Mathematik. Man betrachtete sie von allen Seiten, fand den schwächsten Punkt, baute dort seine Schanzen auf und begann mit der Beschießung. Gleichzeitig versuchte man, Gräben bis dicht unter die Wälle zu treiben und schließlich die Verteidigungswerke zu erstürmen. Jede Festung musste eines Tages fallen. Zumindest wenn die Belagerer genügend Nachschub bekamen und bei ihrem Vorgehen nicht gestört wurden. Die einzige Variable in dieser Rechnung war die Moral der Festungsbesatzung. Es kam darauf an, wie lange die Verteidiger auf den Wällen daran zu glauben vermochten, dass der Untergang nicht gewiss war. Als Festungskommandant war man von vornherein in der Defensive. Man reagierte … Hatte man ihn deshalb nach Olmütz abkommandiert und gab ihm kein Kommando im Feld mehr? War es sein Charakter, immer gleich in die Defensive zu gehen? War er deshalb schon als junger Mann zur Artillerie gegangen und nicht zur Kavallerie, wie es sein Bruder Carolus getan hatte?
    »Onkel?« Gabriela zog einen versiegelten Brief aus ihrer Säbeltasche und legte ihn auf den Tisch. »Dies ist ein Geständnis, das dich von aller Schuld reinwäscht. Ich bekenne darin, dass ich dein Schreiben an den General Nádasdy gefälscht habe. Dich kann man nicht mehr zur Verantwortung ziehen. Nur eine Bitte habe ich an dich. Verrate mich nicht! Ich werde versuchen, von Stund an nicht mehr in deine Nähe zu kommen. Wenn du mich nicht zu sehen bekommst, ist das wahrscheinlich besser für uns beide. Du bist dann nicht gezwungen, vor anderen für mich zu lügen.«
    »Glaubst du, dass ich das täte?«, fragte der General ruhig. Er nahm den Brief und hielt ihn gegen das Licht der Kerzen auf seinem Schreibtisch. Undeutlich konnte er Schriftzüge durch das gefaltete Papier erkennen.
    »Würdest du mich denn ausliefern?«
    Von Bretton blickte zu Gabriela. Seit dem Tod Juliettes hatte ihm keine Frau mehr etwas bedeutet, bis unerwartet die Tochter seines Bruders in sein Leben getreten war. Und auch sie machte ihn wieder zum Verräter! Wenn er sie nicht meldete, dann billigte er damit, dass sie die Ehre der österreichischen Kavallerie besudelte. Keine Frau sollte in eine Schlacht reiten oder, schlimmer noch, das Kommando über aufrechte Mannsbilder führen, wenn es auf Leben und Tod ging. Wissentlich würde ihr kein Soldat der Armee folgen. Doch wenn er sie meldete, dann bedeutete das den Galgen für sie. Nachdem sie den Grafen Nádasdy dergestalt getäuscht hatte, durfte sie keine Hoffnung mehr auf dessen Gnade haben. Das Urteil gegen sie würde vollstreckt werden! »Ich werde versuchen, dir aus dem Weg zu gehen. Nádasdy ist ein alter Freund von mir … Ich möchte ihn nicht belügen.«
    Sie musterte ihn kalt. Offenbar hatte sie eine andere Antwort erwartet. »Damit wäre dann wohl alles gesagt!«
    »Ist es das?«, entgegnete er ruhig. Er wünschte sich, sie könnte ihn verstehen. Was sollte er denn tun? So vieles gab es, worüber er gerne noch mit ihr gesprochen hätte. Seine Freude, dass sie noch lebte … auch wenn er den Weg, den sie gewählt hatte, wieder einmal nicht billigen konnte. Doch ihr Trotz versiegelte seine Lippen. Er war zu stolz, den ersten Schritt zu tun … Oder war er einfach nur zu dickköpfig? Der General spürte, dass es einen Augenblick wie diesen, wo sie beide allein waren und über alles reden konnten, vielleicht nie wieder geben würde. Dennoch war er nicht in der Lage, ihn zu nutzen.
    »Gibt es eine Nachricht, die ich dem General Nádasdy überbringen soll?«
    Von Bretton schüttelte stumm den Kopf. Sie sah wirklich aus wie ein Mann. Die Husarenuniform stand ihr gut, und die blasse Narbe auf der Wange gab ihr etwas Verwegenes. Nur ein Schnurrbart fehlte ihr. Sie war der einzige Husar ohne Bart, den er jemals gesehen hatte.
    Gabriela salutierte. »Ich bitte um Erlaubnis, mich zurückziehen zu dürfen.«
    Sie behandelte ihn, als sei er irgendein vorgesetzter Offizier. Er richtete sich auf und nickte dann. Zackig wandte sie sich um und eilte mit langen Schritten zur Tür, so als sei sie froh, ihn endlich zu verlassen.
    »Du wirst General Nádasdy in Sternberg finden. Er mustert dort Rekruten.« Der Klang seiner Stimme überraschte von Bretton. Sie war seltsam rau. Er schluckte, doch das Kratzen in seiner Kehle ließ nicht nach. Gabriela könnte diesen Tonfall als Schwäche deuten. Es hörte sich fast so an, als habe er

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