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Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Titel: Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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brummte Gabriela.
    Eine Weile saßen die beiden schweigend in der dunklen Dachkammer. Schließlich klopfte die Dirne ihre Pfeife am Bein des Holzschemels aus und erhob sich. »Das war jetzt lange genug für einen Anfänger in den Venuskünsten.«
    »Du wirst auch nichts verraten?«
    Sie bedachte Gabriela mit einem fast mitleidigen Blick. »Das war doch gar nichts. Wenn du wüsstest, was ich über einige hohe Herren zu erzählen wüsste … Aber Schweigen gehört zum Geschäft. Viel Glück, mein kleiner Husar. Auf dass die Preußen noch keine Kugel für dich gegossen haben, und du glücklich im Bett deiner Braut landest.«
    Am 8. Mai erreichte das Armeekorps Nádasdy die Nachricht von der Niederlage bei Prag. Der Prinz war geschlagen worden und hatte sich mit dem größten Teil seiner Truppen hinter die Schanzen der Stadt zurückgezogen. Feldmarschall Daun versuchte, die versprengten Truppen an sich zu binden, und zog sich dabei langsam zurück. Ihm folgte der preußische Herzog von Bevern.
    Bis Mitte Mai hatten der Banus und Daun ihre Truppen vereinigt. Doch zogen sie sich weiter zurück, um die Feinde im Unklaren darüber zu halten, wie stark die neue Armee war. Nádasdy wollte das Armeekorps der Preußen so weit wie möglich von Prag weglocken und ihm eine Falle stellen.
    Immer wieder kam es in diesen Wochen zu Scharmützeln zwischen den Husaren der verfeindeten Armeen, doch Gabriela hatte daran keinen Anteil. Zweimal bat sie den General, sie der kämpfenden Truppe zuzuteilen, doch Nádasdy wollte davon nichts hören. Stattdessen schickte er sie nach Prag, um den Prinzen über seine Pläne zu unterrichten. Da er fürchtete, dass sie abgefangen werden könnte, musste Gabriela ihre Nachricht auswendig lernen. In dem Brief, den sie mitnahm, standen nur Informationen, die die Preußen ohnehin schon besaßen.
    Gabriela war überrascht, wie leicht es war, die preußischen Linien zu durchbrechen. Die Truppen Friedrichs reichten nicht aus, um einen geschlossenen Ring um die Stadt zu legen. Das hügelige Gelände an beiden Seiten der Moldau bot reichlich Verstecke. Sie war abseits der Wege querfeldein geritten und hatte das Glück, keiner Husarenpatrouille zu begegnen. Bis zum Morgen des 30. Mai war sie bis auf wenige Meilen an die belagerte Stadt herangekommen.
    Den Tag über verbarg sie sich in dichtem Buschwerk und beobachtete die preußischen Streifen, die ab und an über einen nahe gelegenen Feldweg zogen. Obwohl Gabriela Prag selbst nicht sehen konnte, verriet ihr eine schwarze Rauchwolke, in welche Richtung sie sich bei Einbruch der Finsternis wenden musste. Bis in ihr Versteck konnte sie das Donnern der fernen Geschützbatterien hören. Keine Stunde setzte das Bombardement aus. Der Preußenkönig war offenbar zu allem entschlossen, um den Willen der Verteidiger zu brechen. Obwohl sie todmüde war, hatte sie nicht den Mut zu schlafen. Ihre Feldflasche war fast leer und ihre Vorräte aufgebraucht. Erschöpft beobachtete sie, wie die Sonne quälend langsam über den Horizont wanderte.
    Am späten Nachmittag begann es zu regnen. Erst mit Einbruch der Dämmerung zogen die dunklen Wolken weiter. Gabriela wagte es nicht, ein Feuer anzuzünden. Sie war bis auf die Knochen durchnässt und fror jämmerlich. Erst als es ganz dunkel geworden war, trat sie zu Nazli, zog den Sattelgurt nach und pirschte sich vorsichtig aus dem Dickicht hinaus. Der Mond war eine schmale Sichel in dieser Nacht und verschwand immer wieder hinter ziehenden Wolken. Weniger als eine Meile entfernt konnte sie auf einem Hügel deutlich eine preußische Geschützstellung erkennen. Ein mattes, rötliches Leuchten lag um die Bastion, so als stünden dort große, glühende Öfen. Ein einzelnes Geschütz wurde abgefeuert. Eine helle Stichflamme leckte in die Finsternis und ließ einen Augenblick lang die Stellung mit ihren aufgeworfenen Erdwällen und den aus Weidenruten geflochtenen Schanzkörben deutlicher erkennen. Dann verschwand alles wieder in der Dunkelheit, und es blieb allein der bedrohliche rote Schimmer um den Hügel. Sicher gab es dort Füsiliere zur Bedeckung der Artilleriestellung. Es wäre klüger, einen weiten Bogen um den Hügel zu schlagen. Für einen Augenblick musste sie an das Feuerwerk in Olmütz denken. Auf unheimliche Art und Weise erinnerte sie das Bild der brennenden Stadt an das große Floß auf der March. Was wohl aus Meister Gregorius geworden war? Als erfahrenem Feuerwerker würde man ihm sicher einen guten Lohn bieten, wenn er

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