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Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Titel: Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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den Menschen, die mir etwas bedeuten.«
    Gabriela richtete sich auf und klopfte den Schnee von ihrem Mantel. »Und wir? Sind wir keine Freunde?«
    »Ich … Ach, zum Henker! Was hätte es dir denn genutzt, wenn ich es dir gesagt hätte?«
    »Ich wäre weniger überrascht gewesen, als ich ihm vor Prag begegnete. Hast du nicht das Gefühl, dass du mir die Wahrheit schuldig gewesen wärst?«
    Das war nicht zu fassen! Sie standen dicht vor den Linien des Feindes, Gott allein wusste, ob in ihrem Rücken nicht schon eine Abteilung preußischer Jäger durch den Wald pirschte, und sie fing einen Streit wegen einer solchen Bagatelle an! Doch er würde ihr nichts schuldig bleiben. Es war an der Zeit, den Spieß umzudrehen! »Du denkst noch sehr oft an ihn, nicht wahr!« Sir lächelte grimmig.
    Einige Herzschläge lang starrten sie einander stumm an. Gabrielas linker Mundwinkel zuckte nervös. Schließlich war sie es, die zur Seite sah. »Ja, du hast recht. Ich denke zu oft an ihn. Ich wünschte, ich könnte die Erinnerung an ihn für immer aus meinem Gedächtnis tilgen. Doch jedes Mal, wenn ich glaube, ich hätte ihn überwunden, schleicht er sich erneut in meine Gedanken. Erinnerst du dich noch, wie er mit der Kapelle unter dem Fenster meines Onkels gespielt hat? Vielleicht hat er dem Festungskommandanten damals das Leben gerettet. Und dann der Abend nach dem Feuerwerk! Ich weiß nicht, was ich von ihm halten soll!«
    Sir legte ihr tröstend die Hand auf die Schulter und zog sie dann sanft zu sich heran. Sollte ein Mensch die Weiber verstehen! So wie sie sich aufführte, konnte man fast glauben, sie hätte sich in den Nürnberger verliebt. »Vertrau mir! Auch ich kann Gregorius nicht hinter die Stirn blicken, doch ich war lange Zeit mit ihm unterwegs, und eines weiß ich ganz gewiss: Ein Schurke ist er nicht! Er hat es aufrichtig bereut, wie er dich in der Nacht des Feuerwerks behandelt hat, und wenn er einen Weg wüsste, dies wieder ungeschehen zu machen, so würde er … « Sir verstummte. Hufgetrappel näherte sich auf der Straße. Eine Eskadron Husaren preschte vorüber. Preußen!
    »Das reicht«, flüsterte der Schotte leise. »Wir wissen jetzt, dass sie kommen. Lass uns verschwinden!«
    »Geh nur! Ich werde meine Aufgabe erfüllen und erst weichen, wenn ich weiß, dass das Heer der Preußen über diese Straße kommt und nicht allein ein Spähtrupp.«
    »Verflucht, du willst wohl unbedingt … « Wieder erklang Hufschlag. Ein Teil der Reiter kam zurück.
    »Du wirst noch die Schlacht verpassen, wenn wir länger bleiben«, stichelte Sir, doch Gabriela blieb stur auf ihrem Posten. Für einen Augenblick überlegte er, ob er nicht ohne sie reiten sollte. Doch das wäre ehrlos!
    Die Nebelschleier wurden dünner. Gleich riesigen, bleichen Fahnen zogen sie zwischen den schwarzen Stämmen zur Straße hinab. In der Ferne erklang ein Geräusch wie Hagelschlag auf einem Schieferdach. Langsam wurde es lauter. Pferdehufe. Hunderte!
    »Verdammt!«, flüsterte der Schotte heiser. »Da kommt eine ganze Armee auf uns zu. Lass uns endlich verschwinden!«
    »Ich weiche erst, wenn ich die Armee auch gesehen habe.«
    Sir nahm seinen kurzen Karabiner, der gegen einen Baumstamm lehnte, und drehte sich um. »Dann bleib doch alleine!«
    »Warst du bei Culloden auch so zaghaft?«
    Er zuckte zusammen, als habe ihn ein Säbel durchbohrt. »Willst du mich etwa einen Feigling nennen?«
    »Den rechten Namen für dich zu finden, ist deine Sache, Sir!«
    Im Nebel trabte ein Trupp Reiter vorbei. Die beiden verstummten. Plötzlich zerriss der Morgendunst. Deutlich war ein gebeugter Mann mit ausgezehrtem Gesicht zu sehen. Silbern funkelte der Kranz des schwarzen Adlerordens auf seiner Brust. Quer über dem Sattel lag ein schwarzer Gehstock. Direkt neben ihm ritt ein kleiner, alter Husarenoffizier, der ein Leopardenfell um die Schultern geschlungen trug.
    »Der König«, flüsterte Sir.
    »Und Zieten, sein Husarengeneral.«
    Einen Lidschlag lang waren die beiden in aller Deutlichkeit zu sehen. Sir umklammerte seinen Karabiner fester. Wenn er jetzt schoss, dann würden er und Gabriela zwar mit Gewissheit sterben, doch der Krieg könnte mit einer einzigen Kugel beendet werden. Ohne Friedrich würden die Preußen nicht mehr weiterkämpfen! Als er die Waffe hob, verschwanden die beiden Reiter in einer Nebelbank. Weitere Husarenoffiziere folgten ihnen. Der Nebel wurde wieder dichter. Von weiter oben auf der Straße erklang Gesang. »Gib, dass ich tu’ mit

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