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Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Titel: Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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gehört! Zehn Boten habe ich dem Prinzen geschickt! Soll ich jetzt etwa gehen, weil er nicht in der Lage war, seine Armee zu führen?«
    Daun räusperte sich leise. »Vergessen Sie nicht, er ist der Bruder des Kaisers!«
    »Und er wird der Untergang des Reiches sein, wenn er auch im nächsten Jahr das Oberkommando im Feld führt!«
    Der Feldmarschall schüttelte den Kopf. »Als junger Mann habe ich Ihre Husarenstücke bewundert, General, und ich weiß, dass wir in Kolin nicht so gut dagestanden hätten, wenn Sie mir nicht den Flügel gehalten hätten. Verstehen Sie deshalb meine Offenheit nicht falsch. Ich will Ihnen nicht schaden, sondern mir ist vielmehr an Ihnen gelegen … Doch hier in Wien stehen wir nicht auf dem Schlachtfeld. Sie bewegen sich auf dem Parkett der Diplomatie, und wenn Sie es nicht schaffen, Ihrem Temperament Zügel anzulegen, dann wird die ganze Angelegenheit für Sie vielleicht noch ein schlimmes Ende nehmen. Ich weiß, dass es nicht Ihre Schuld war, dass die Schlacht bei Leuthen verlorenging. Ich stand selbst daneben, als Prinz Karl Ihrem Ersuchen um Verstärkungen nicht nachgekommen ist. Und wissen Sie, warum er es getan hat? Er wusste, wie Sie auch vor der Schlacht schon über ihn geredet haben. Er wollte, dass Sie auf dem Flügel versagen! Ich vermute, sein Plan war es, am Ende als Retter der Schlacht dazustehen. Wir waren den Preußen um das Doppelte überlegen. Er konnte sich nicht vorstellen, dass es möglich sei, unter diesen Bedingungen den Kampf zu verlieren!«
    Nádasdy setzte sich wieder. Er drehte an seinem Schnurrbart und versuchte gelassen zu wirken, obwohl ihn die Worte des Feldmarschalls tief erschüttert hatten. Bisher war der Husarengeneral der Meinung gewesen, dass Prinz Karl ihm in völliger Verkennung der Lage die nötigen Verstärkungen verweigert habe. Dass der Prinz es getan hatte, um am Ende selbst als Sieger dazustehen, darauf wäre er nicht gekommen.
    »Und was denken Sie, soll ich tun?«
    »Verhalten Sie sich ruhig, Nádasdy. Noch ist keine Entscheidung gefallen, und selbst wenn sein Bruder, der Kaiser, den Prinzen Karl in Schutz nimmt, so ist sich die Kaiserin sehr wohl bewusst, wer die Niederlage bei Leuthen verschuldet hat. Ich fürchte allerdings, dass der Prinz, falls er sein Kommando verliert, versuchen wird, Sie mit in den Abgrund zu reißen, Nádasdy. Deshalb seien Sie klug und bieten Sie ihm keine Angriffsfläche. Hier bei Hof hat er alle Vorteile auf seiner Seite.«
    Der Husarengeneral war ganz still geworden. Nádasdy spürte, dass Daun im Recht war. Intrigen! Das war nicht seine Welt. Vielleicht war es das Klügste, von sich aus darum zu bitten, das Kommando im Felde abgeben zu dürfen. Das wäre immer noch ehrenvoller, als aus dem Amt gejagt zu werden.
    Als die Prozedur des Bades endlich vorüber war, geleiteten die Sklavinnen Gabriela hinter den Wandschirm, wo eine Tür verborgen war. Im benachbarten Raum hatte man ein Lager aus Kissen und Decken für sie vorbereitet. Auf niedrigen Tischen standen Honiggebäck, Fleischpasteten und Reisgerichte. Doch Gabriela war nicht nach Essen zumute. Der Schatten, den sie hinter dem Wandschirm beobachtet hatte, war verschwunden.
    In einen seidenen Kaftan gehüllt, lag sie auf den kostbaren Brokatkissen zusammengerollt und betete, nur endlich allein gelassen zu werden. Tatsächlich zogen sich die Sklavinnen bald zurück. Unsicher blickte Gabriela sich um. Der Raum wurde von gläsernen Ampeln in rotes Licht getaucht. Die Wände waren mit Seidenteppichen geschmückt, die wohl Szenen aus dem alltäglichen Leben eines orientalischen Tyrannen zeigten. Man sah den Herrscher auf der Jagd, bei Hof, wie er Gericht hielt, und in seinem Harem umringt von halbnackten Frauen. Rastlos wanderte Gabrielas Blick über die Wände. Irgendetwas stimmte hier nicht! Unruhig richtete sie sich auf den Kissen auf. Es gab keine Türen in diesem Raum! Was für eine Teufelei hatten der Pascha und seine Gespielin nun wieder ersonnen?
    Auf dem Teller mit den Fleischgerichten lag ein kleines Messer. Die Husarin beugte sich vor und ließ die Klinge in einem der weiten Ärmel ihres Kaftans verschwinden. Nun wäre sie wenigstens nicht mehr völlig wehrlos!
    Unentschlossen, was sie tun sollte, ließ sie sich auf den Kissen nieder und wartete. Die leise Musik, die im Bad zu hören gewesen war, war nun verstummt. Es kam ihr vor, als sei eine Stunde oder noch mehr Zeit vergangen, bis plötzlich einer der Seidenteppiche zur Seite klappte und eine Frau in

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