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Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Titel: Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Aber warum? War diese Halime die Frau aus der Hofburg? Die Orientalin hatte sie zwar geküsst, aber ihr nicht einmal ihren Namen genannt. Auch den Grund der Verzögerung wollte diese Halime in dem Schreiben nicht benennen! Und warum waren im vorletzten Satz der Nachricht alle Wörter mit großen Anfangsbuchstaben versehen? So Vermag Ich Nur Unvollkommen Mein Bedauern Über Diese Verzögerung In Worte Zu Fassen. War das eine Warnung? Wollte Halime andeuten, dass sie den wahren Grund für diesen eigenartigen Empfang nicht nennen durfte?
    Gabriela leckte sich nervös über die Lippen. Sie trug noch immer ihren Reitmantel und inzwischen war ihr unerträglich heiß geworden. Selbst der Boden unter ihren Füßen schien zu glühen.
    Ob sie es wagen konnte, einfach zu gehen? Würde Schnitter Verständnis dafür haben? Und würde man sie überhaupt gehen lassen?
    Während sie gelesen hatte, hatte sich die Tür hinter ihr genauso lautlos geschlossen, wie sie aufgeschwungen war. Die beiden Dienerinnen sahen sie unverwandt an. Sie lächelten, sprachen aber kein Wort.
    »Versteht ihr mich?«
    Gabriela erhielt keine Antwort. Noch einmal sah sie sich in der Kammer um. Abgesehen von der Tür, durch die sie gekommen war, gab es nur einen weiteren Ausgang. Ein schmaler Durchgang. Feuchtwarme Dunstschwaden zogen von dort heran. Offenbar stand in dieser Kammer der Badezuber.
    »Ist hier irgendjemand, der mich versteht?«, fragte Gabriela nun lauter. Schweigen …
    Nun gut! Dann würde sie also gehen! Sie drehte sich auf dem Absatz um und wollte den Raum auf demselben Wege verlassen, auf dem sie gekommen war, doch fand sie die Tür verschlossen. In Panik griff sie nach dem Säbel an ihrer Seite. Jetzt war das Lächeln von den Gesichtern der beiden Dienerinnen gewichen.
    Was sollte sie tun? Wenn sie die beiden Frauen mit der Waffe bedrohte, würde sie sich nur lächerlich machen. Offenbar war es beabsichtigt, sie zu beunruhigen. Wenn sie sich den Respekt desjenigen, der hinter dieser Farce steckte, verdienen wollte, dann sollte sie von nun an die größtmögliche Gelassenheit zur Schau tragen!
    Sie nahm den Kolpak, ihre schwere Pelzmütze, vom Kopf und warf sie der nicht geschmückten Dienerin zu. Das Mädchen war so überrascht, dass sie bei dem Versuch, die Mütze zu fangen, fast stürzte. Erst jetzt sah Gabriela, was für merkwürdige Schuhe die beiden trugen. Es waren hölzerne Pantoffeln, die auf zwei fast dreieckigen Stelzen standen. Wenn sie gingen, hatte man beinahe den Eindruck, dass sie eine Handbreit über dem Boden schwebten. Wahrscheinlich war es nicht leicht, auf diesen Dingern die Balance zu halten.
    Gabriela schnallte den Säbel ab und ließ ihn zu Boden gleiten. Die Dienerin mit dem Silberkettchen wies auf die lederbezogene Bank. Die Husarin nickte. Sie ging zu den beiden herüber und ließ sich nieder. Wortlos entkleideten die zwei Mädchen sie. Als sie ihr die enge Hose von den Beinen zogen, wirkte die Silbergeschmückte einen Herzschlag lang verwundert. Hatte sie einen Mann erwartet? Gabriela lächelte zufrieden. Offenbar vermochte nicht jede Orientalin auf den ersten Blick die Verkleidung zu durchschauen! Doch das Lächeln verflog sofort wieder. Nun gab es also noch zwei Zeuginnen, die ihr Geheimnis kannten. Ihre Lage wurde damit immer bedrückender! Sollte sich die Dame des Hauses nicht ehrenhaft gegen sie verhalten und versuchen sie zu erpressen, so blieb keine Möglichkeit mehr, als zum Schein auf dieses böse Spiel einzugehen. Sobald sie dem Palais der Türken entkommen wäre, würde sie den letzten ehrenhaften Weg gehen, der ihr noch verblieben war. In Nazlis Sattelholstern steckten zwei geladene Pistolen …
    Gabriela wies in Richtung der schmalen Tür. Sollte sie nun ins Bad gehen?
    Das Mädchen ohne Schmuck schüttelte energisch den Kopf und zeigte auf das Mosaik am Boden. Die Husarin verstand nicht, was das zu bedeuten hatte. Das andere Mädchen bückte sich indessen und holte noch ein weiteres Paar der merkwürdigen Holzsandalen unter der Bank hervor.
    Gabriela schüttelte den Kopf. Diese Dinger würde sie nicht tragen!
    Einen Augenblick sahen die Dienerinnen einander unschlüssig an. Dann ging die Ungeschmückte in die Hocke, berührte mit der flachen Hand den Boden und zog sie sofort wieder zurück, wobei sie eine übertrieben schmerzverzerrte Grimasse schnitt.
    Vorsichtig berührte nun auch Gabriela mit einem nackten Fuß den Boden. Er war unangenehm warm. Wenn man länger an einer Stelle stehen musste,

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