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Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Titel: Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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goldbestickte Husarenuniform.
    »Eine Nachricht für den General Bretton. Wo finde ich ihn?«
    »Da haben Sie aber Pech, Herr Oberlieutenant. Er ist gerade mit dem Feldzeugmeister nach Sankt Mauritius in die Stadt hinuntergefahren. Die Herren Offiziere steigen dort jeden Tag bei Morgengrauen auf den Kirchturm, um die feindlichen Stellungen zu observieren und zu sehen, um wie viel Schritt sich die Preußen über Nacht weiter an die Stadt herangegraben haben.«
    Gabriela seufzte. »Ich kenne die Kirche. Ich werde zu Fuß hingehen. Versorgen Sie so lange mein Pferd.«
    »Jawohl, Herr Oberlieutenant. Sofort!«
    Ohne weiter auf den Soldaten zu achten, machte sich Gabriela auf den Weg.
    Die dreischiffige Kirche war gedrängt voll ängstlicher Bürger. Tagelöhner und reiche Geschäftsleute standen in ängstlicher Demut vereint, Seite an Seite und sangen das Te Deum . Vor dem Portal hatte Gabriela die Kutsche ihres Onkels gesehen. So schwer konnte der alte Pfeifenkopf nicht verwundet sein, wenn er noch durch die Stadt fuhr und Kirchtürme erklomm, dachte sie erleichtert.
    Majestätisch brauste die Orgelmusik über den gebeugten Köpfen der Gemeinde. Nur durch den Gebrauch ihrer Ellbogen und um den Preis etlicher böser Blicke erreichte Gabriela schließlich die schmale Tür, hinter der die ausgetretene Wendeltreppe lag, die zum zinnengekrönten Kirchturm führte. Am Fuß der Treppe stand eine Schildwache, die sie jedoch sofort passieren ließ, als sie die lederne Botentasche mit dem eingeprägten Doppeladler unter ihrem Arm bemerkte.
    Gabrielas Atem ging pfeifend, als sie endlich die Plattform des Kirchturms erreichte. Ihr war ein wenig schwindelig.
    Eine ganze Gruppe von Offizieren umringte den Feldzeugmeister und den General. Von Bretton trug seinen Arm in der Schlinge. Also war an den Gerüchten um seine Verwundung doch etwas dran! Hoffentlich hatte er sich nicht wieder in die Hände dieses Metzgers Straben begeben. Dem alten Regimentschirurgen traute sie zu, dass er selbst einem Verblutenden noch einen Aderlass empfehlen würde.
    Pfeifend zog eine verirrte Kanonenkugel ein paar Schritt neben der Turmspitze vorbei.
    »Die Preußen haben bemerkt, dass wir wieder einmal unseren morgendlichen Kirchgang machen«, maulte der Feldzeugmeister mit tiefer Bassstimme. »Ich würde vorschlagen, wir ziehen uns lieber zum Frühstück zurück, als ihnen als Zielscheiben zu dienen.«
    Beifälliges Gemurmel ertönte und in die Gruppe von Offizieren kam Bewegung.
    »Donnerwetter, was macht denn ein Husar auf dem Kirchdach!« Von Marschall trat Gabriela entgegen. »Wusste gar nicht, dass ihr Husaren in der Lage seid, euch mehr als zehn Schritt von euren Gäulen zu entfernen.«
    Gabriela musste sich alle Mühe geben, den Feldzeugmeister nicht unbotmäßig anzustarren. Der Baron von Marschall war von massiger, kleiner Gestalt und stützte sich schwer auf einen schwarz lackierten Gehstock. Das Gesicht des neuen Kommandanten war von Falten und Narben zerfurcht. Ein wenig erinnerte es an die grinsenden Dämonenfratzen der Wasserspeier, die den alten Kirchturm schmückten. Unter seiner Perücke lugte ein Stück einer Silberplatte hervor. Gabriela hatte Geschichten darüber gehört, dass dem Feldzeugmeister in der Schlacht bei Soor angeblich der halbe Schädel weggeschossen worden war, und dass ein italienischer Goldschmied eine Silberplatte geschaffen hatte, die so kunstvoll gearbeitet war, dass sie das fehlende Stück des Schädelknochens zu ersetzen vermochte.
    »Ich habe Nachricht für den General von Bretton.«
    »Würde vorschlagen, das erledigen Sie lieber unten. Ich für meinen Teil habe jedenfalls keine Lust, meinen Dickkopf noch mal in den Weg einer Kanonenkugel zu stellen.« Der Feldzeugmeister schob sie zur Seite und stieg durch die Bodenluke zur Wendeltreppe hinab.
    Inzwischen war auch ihr Onkel auf sie aufmerksam geworden. Einen Herzschlag lang sah sie seine Augen aufleuchten. Ansonsten verriet der General nicht durch die kleinste Geste, dass er sie kannte.
    »Bleiben wir doch noch ein wenig hier auf dem Turm, Herr Oberlieutenant. Sobald die Preußen hier nicht mehr einen ganzen Pulk von Offizieren stehen sehen, suchen sie sich in der Regel ein lohnenderes Ziel für ihre Kugeln.«
    »Wie Sie meinen, Herr General«, entgegnete Gabriela förmlich.
    Als der letzte Offizier auf der Wendeltreppe verschwunden war, versetzte von Bretton der Bodenluke einen Tritt, sodass sie zuklappte. Dann schloss er Gabriela in die Arme und drückte sie

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