Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin
Hauptmann!«
Schritte entfernten sich, die Tür fiel ins Schloss, und endlich war es wieder dunkel in der Zelle. Janosch ließ sich an der Wand niedersinken. Er spürte, wie die Maus aus seiner Tasche kroch und über seinen Rock bis zu seinem Hals hochkrabbelte.
»Ich habe die bösen Männer und das Licht vertrieben, Kamerad. Es wird alles wieder gut.« Er griff in seine Hosentasche, wo er stets ein paar Krumen trockenen Brots aufbewahrte. »Komm, Kamerad. Hier hab ich ein Leckerchen für dich … Sie werden nicht mehr wiederkommen. Wir sind in Sicherheit!«
Sie hatten sie beide aus der Finsternis geholt, und von da an waren sie nur noch herumgetrieben worden. Wasser hatte man über ihnen ausgegossen und sie mit Kameraden zusammengesteckt. Das alles war Janosch unheimlich. So lange hatte er seinen Frieden gehabt, doch jetzt quälten ihn schreckliche Erinnerungen. Er war mit anderen zusammen eingesperrt. Er kannte diesen Kerker! Die anderen hatten ihn hier geschlagen, immer wieder, bis er fast gestorben war. Als er danach erwachte, hatte er in kühler Finsternis gelegen, und Kamerad krabbelte auf seiner Brust herum.
Kamerad war auch jetzt bei ihm! Er hatte ihn vor allen verbergen können. Sie waren gemeinsam mit anderen Männern in eine Kutsche gesetzt worden, die über schlammige Wege nach Süden rollte. Immerzu schien die Sonne durch die Fenster herein. Janosch hatte sich ganz in die Ecke der Kutsche gedrängt. Er wagte es nicht, die Männer anzusprechen, und sie redeten auch nicht von sich aus mit ihm. Die ganze Zeit über hielt er die rechte Hand in der Hosentasche, wo Kamerad verborgen war. Er spürte die Wärme seines Freundes und wie sich ab und an seine spitze Nase in seine Hand drückte. Dann seufzte Janosch vor Erleichterung.
Einer der Männer in der Kutsche machte ihm Angst. Er trug eine Uniform mit vielen goldenen Schnüren über der Brust. Auf den Knien hielt er einen hohen Pelzhut. Da war etwas … Janosch konnte sich nicht mehr genau erinnern … Aber Männer mit Pelzmützen hatten ihm Unglück gebracht. Sie waren …
»Glotz mich nicht immerzu so an, du verdammter Idiot! Hast du denn noch nie in deinem Leben einen Husaren gesehen?«
Janosch zuckte zusammen und versuchte, sich noch mehr in seiner Ecke der Kutsche zu verkriechen. »Verzeihung, Kamerad. Bitte nicht schlagen!«
»Lass ihn doch, Maximilian. Der arme Kerl ist nicht mehr recht beieinander!«, mischte sich ein anderer Mann mit weißem Uniformrock ein.
»Du hast leicht reden! Dich starrt er schließlich nicht die ganze Zeit über an, Gabriel!«
»Gabriel … «, murmelte Janosch leise. »Gabriel.« Das Wort schmeckte nach Angst und Schmerzen. Es war … »Husar … Gabriel … Gabriela!« Er sprang auf. »Muss fort!« Er war in Gefahr. Gabriela! Sie war sein Unglück! Ihretwegen war er geschlagen worden. Er hatte sie gesucht.
»Lass das, du Idiot!« Der Mann in der goldbetressten Uniform hielt ihn fest. »Du kannst nicht aus der fahrenden Kutsche springen. Du wirst dir alle Knochen dabei brechen, blöder Bauerntrampel.«
Janosch versuchte sich loszureißen. Schreckliche Bilder drängten sich in seine Erinnerung. Reiter, die eine Kutsche verfolgten … Eine Frau, die auf ihn schoss … »Gabriela!«
Der Mann in der Husarenuniform schlug ihm mit der flachen Hand ins Gesicht. »Wirst du wohl ruhig sein, Kerl!«
»Die Verräterin … General Nádasdy … die Kaiserin muss es wissen, Kameraden … Verschwörung! Eine Mörderin … «
Der Husar stieß ihn auf den Sitz zurück und wollte ihn erneut schlagen, als ein anderer Mann ihm in den Arm fiel. »Lass ihn! Hörst du nicht, was er sagt! Er weiß etwas über eine Verschwörung. Deshalb hatten die Preußen ihn eingesperrt.«
Der freundlichere Mann beugte sich vor und lächelte Janosch an. »Kamerad, erzähl mir, was für eine Verschwörung das ist. Du brauchst keine Angst mehr zu haben.«
»Nicht schlagen, Kamerad.«
»Keine Sorge, wir tun dir nichts. Haben die Preußen dich geschlagen?«
»Ja, Preußen viel schlagen.« Janosch blickte misstrauisch zu dem Husaren, der sich wieder gesetzt hatte. Die kleine Maus in seiner Tasche fiepte leise. Er strich ihr leicht mit dem Daumen über den Rücken. »Ich werde dich beschützen, Kamerad. Die Großen werden dir nichts tun.«
Der freundliche Mann runzelte die Stirn. »Die Großen? Was ist mit denen? Wissen sie etwas von der Verschwörung?«
»Ja, wissen sie.« Janosch lächelte. »Sie wird den General erschießen. Sie hält sich für
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