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Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Titel: Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Generals ist. Solange ich hier der Medicus bin, werde ich ihm nicht gestatten, an das Bett meines Kommandanten zu treten. Und … «
    »Juliette, bitte … vergebt mir. Ich musste … « Von Bretton hatte sich halb aufgerichtet und starrte mit glasigen Augen zur Zimmerdecke. »Bonneval … Herr Feldmarschall-Lieutenant … « Kraftlos sank der Festungskommandant in seine Kissen zurück. Sein Gemurmel war jetzt so undeutlich, dass man nicht mehr verstand, was er sprach.
    »Wer ist dieser Bonneval? Kennt Ihr ihn, Straben?«
    »Ach … « Der Arzt ließ sich auf dem Stuhl neben dem Bett nieder. »Es gibt viele Geschichten über ihn. Das Weibervolk war es, das Claude Alexandre Comte de Bonneval zum Verhängnis geworden ist. Er diente mit Auszeichnung im Heer des Königs von Frankreich. Man sagte, in seiner Zeit gab es keinen Zweiten, der sich so wohl auf die Organisation und den effektiven Einsatz der Artillerie verstand wie der Comte. Doch es war eine Herzogin … Ja, manche munkeln sogar, die Königin selbst, die ihm zum Verhängnis wurde. Gewiss ist, dass er eine ausschweifende Affäre mit einer hochgestellten Persönlichkeit hatte. Als dies ruchbar wurde, musste er aus Frankreich fliehen, und so trat er in die Dienste des Kaisers. Er war umgänglich und begabt, also stieg er erneut schnell auf. Vielen jungen Adeligen war er gar ein Vorbild. Ich selbst habe ihn einmal gesehen, als ich gerade erst in die Armee eingetreten war. Er hatte Charme und war tapfer … Wäre er ein weniger trefflicher Offizier gewesen, manche Schlacht in den Türkenkriegen hätte gewiss ein anderes Ende genommen. Seine Männer ließen sich lieber neben ihren Geschützen in Stücke hauen, als einen Kampf verlorenzugeben. Und er war auch nicht anders. Bei Peterwardein ist er so schwer verwundet worden, dass niemand mehr einen Pfifferling auf sein Leben gegeben hätte… Aber er ist wieder genesen. Ein rechter Kriegsheld war er. Doch als dann der Frieden kam, ging es mit den Frauengeschichten wieder los. Es wurde auch erzählt, er sei ein Spion und habe Pläne unserer Festungen verkauft, um seinen aufwendigen Lebenswandel zu finanzieren. Wie der Sonnenkönig soll er auf seinem Jagdschloss residiert haben … Nun, jedenfalls wurde er verhaftet und zum Tode verurteilt. Der Kaiser hat ihn dann begnadigt, und man steckte ihn in den tiefsten Kerker der Festung auf dem Spielberg. Nachdem er seine Haft dort abgesessen hatte, ging er nach Konstantinopel zu den Türken. Dort hat er den wahren Glauben abgelegt und ist zum Islam übergetreten. Der Sultan hat den Comte angeblich mit offenen Armen empfangen. Bonneval wurde in den Rang eines Paschas von drei Rossschweifen erhoben. Und was hat er dann getan?« Straben lächelte bitter. »Der Mistkerl organisierte die Artillerie der Türken neu, was uns im letzten Krieg auf dem Balkan viel Blut gekostet hat. Wenigstens hatte Bonneval den Anstand, nicht gegen seine früheren Kameraden zu fechten. Man sagt, er habe ein paar erfolgreiche Schlachten gegen Russen und Perser geschlagen. Zuletzt wurde er gar Statthalter auf der Insel Chios.« Die Augen des Chirurgen leuchteten. »Aber wenn man den Mistkerl von seinen Kanonen fortbringt, hat er nur Dummheiten im Kopf. Angeblich hat es wieder Frauengeschichten gegeben, und man munkelt, er sei erneut in Ungnade gefallen.«
    »Aber was hat der Comte mit meinem Onkel zu tun?«
    Straben zuckte mit den Schultern. »Wer weiß? Ihr Onkel muss noch ein junger Kerl gewesen sein, als Bonneval in hohen Ehren stand. Vielleicht hat er kurze Zeit unter ihm gedient?«
    Gabriela betrachtete lange das fiebrige Gesicht des Generals. Was mochte ihn wohl mit diesem französischen Abenteurer verbunden haben? Und welche Rolle hatte diese Juliette dabei gespielt? Dem Namen nach war auch sie eine Französin gewesen … Hing dies alles mit dem Geheimnis, das er auf dem Speicher verbarg, zusammen? Lag dort oben die Lösung?
    Straben hatte sich erhoben und griff nach seiner speckigen Ledertasche. »Ich werde nun gehen, gnädiges Fräulein. Der Winter hat mir noch mehr Patienten gebracht. Wenn etwas sein sollte, findet Ihr mich in meinem Quartier. Schickt mir den Stiefelknecht, wenn sich der Zustand des Kommandanten verschlechtert.«
    Gabriela nickte. »Das werde ich tun.«
    Der Chirurg öffnete die Tür und stieg über den Jungen hinweg, der auf der Schwelle schlief. Seit von Bretton bettlägerig war, hatte Branko sich dort eingerichtet, um sofort bei der Hand zu sein, wenn er dem General oder

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