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Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Titel: Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Hauptmann Birtok darüber gestritten, wie groß der Harem des Sultans an der goldenen Pforte ist und auf welche Weise die Ungläubigen am liebsten ihre Weiber besteigen.« Gregorius prostete in Richtung des zukünftigen Herrschers und kippte anschließend das ganze Glas auf einmal hinunter. »Nur diesem schwarz gewandeten Herrn dort am Tisch schien das Thema keine Freude gemacht zu haben. Er blickte die ganze Zeit über drein, als habe man ihm in die Suppe gepinkelt, und machte sich Notizen in einem kleinen Büchlein.«
    Der General schnappte keuchend nach Luft. Der Geheime Rat Schnitter! Natürlich hatte er immer dort seine Ohren, wo sie nicht hingehörten. Eilig verabschiedete sich der Kommandant und wollte zum Tisch der Ehrengäste treten, als ihm der Offizier, der eigentlich die Wache am Haupttor der Festung befehligen sollte, in den Weg trat. »Herr General! Entschuldigt, wenn ich Ihnen hier auflauere, doch wir haben am Tor einen Zivilisten, der Sie dringend zu sprechen wünscht! Er sagt, es ginge bei seinen Angelegenheiten um Leben und Tod!«
    »Potzteufel, Kerl, sehe ich vielleicht so aus, als hätte ich gerade die Muße, mich um die Sorgen irgendeines dahergelaufenen Fremden zu kümmern? Ein Unwetter hat den Festplatz unter Wasser gesetzt, ich fühle mich hier wie Noah auf seiner Arche, und er kommt mir mit irgendeinem dahergelaufenen Tunichtgut, der mir meine Zeit stehlen will. Hat der Mann denn wenigstens seinen Namen genannt?«
    »Nein, Herr General. Er sagte, den wolle er nur Ihnen nennen, um den Skandal so klein wie möglich zu halten. Er machte Andeutungen, dass es sich um etwas in Bezug auf Ihre Nichte handele.«
    Von Bretton stieß einen langen Seufzer aus. Das hatte ihm gerade noch gefehlt! Was mochte Gabriela wohl diesmal wieder angestellt haben? »Nimm Er den Kerl in die Wachstube und hole Er sich drei Flaschen Wein bei den Köchen. Sobald ich Zeit habe, schicke ich Ihm einen Boten, damit Er ihn mir vorführen lasse. Und jetzt weggetreten!«
    Der Offizier salutierte und zog sich zurück. In der großen Flügeltür zur Empfangshalle stieß er beinahe mit zwei Soldaten zusammen, die ein Spanferkel auf einer Holzplatte hereintrugen. Rund um das knusprig gebratene Ferkel waren grüne Gemüse arrangiert, sodass es fast so aussah, als läge das Tier in einem Kleefeld. Im Maul des Ferkels steckte ein kleiner roter Apfel, und um seinen Hals hatte man eine Schleife aus rotem Leinen gebunden. Von Bretton musste wieder an den toten Hund denken. Ihm war übel. Plötzlich hatte er das Gefühl, er müsse sich erbrechen. Die stickige Luft, der Geruch von Schweiß und Bratenfleisch … Das alles war zu viel. Er trat aus der Türe auf die Freitreppe vor der Kommandantur. Es hatte inzwischen aufgehört zu regnen. Die Luft war angenehm kühl.
    Auf dem Platz waren einige der Soldaten, die die Speisen ins Haupthaus tragen sollten, stehen geblieben. Es schien, als starrten sie auf die Pfütze, die sich mitten auf dem Platz gesammelt hatte. Der General lehnte sich ein wenig vor, und dann sah auch er, was die Männer hatte erstarren lassen. Die Pfütze war rot von Blut. Ein leichter Luftzug trieb die zertretenen, weißen Apfelblüten von Tischdekoration und die Schildchen mit den ausgelöschten Namen der Gäste über den Blutsee.
    Der Regen hatte das Blut von den Pflastersteinen der offenen Kochstelle gespült, wo am Morgen die vierhundert Wachteln geschlachtet worden waren. Der Exerzierplatz lag ein wenig tiefer und so war es kein Wunder, dass sich das Wasser dort sammelte. Doch auch wenn der Verstand des Generals diese Zusammenhänge klar erfasste, erschauerte er vor dem unheimlichen Omen. Einen langen Augenblick stand er auf der Treppe und sah auf den Hof hinab. Schließlich fand er wieder zu sich selbst und gab einigen Soldaten den Befehl, mit Reisigbesen das Wasser vom Exerzierplatz zu fegen, bis jegliche Spur von dem unheimlichen Blutsee getilgt war.

1 5. KAPITEL
    Der heftige Regen am Nachmittag hatte die Wiesen entlang der March aufgeweicht, sodass die Schaulustigen, die sich dort mit Einbruch der Dämmerung versammelten, bald bis zu den Knöcheln im Schlamm standen. Gabriela war deshalb froh, dass ihr als Nichte des Generals einer der Plätze auf der Ehrentribüne zustand, welche die Zimmerleute der Garnison in der vergangenen Woche auf der Schanze am Wenzelstor errichtet hatten. Dort, schräg gegenüber dem kleinen Pavillon, in dem das Orchester gerade seine Instrumente stimmte, waren die Würdenträger Mährens

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