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Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Titel: Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Er?«
    »Siebzehn Jahre, Herr General«, log sie mit klopfendem Herzen.
    »Das mag erklären, warum Er noch so glatte Wangen hat«, der Graf blickte wieder auf das gefälschte Schreiben, das vor ihm auf dem Tisch lag.
    »Bei manchen Männern mag der Bart nicht recht sprießen«, murmelte Gabriela.
    »Er ist nicht der Sohn der Schwester meines Freundes Hyazinth, nicht wahr? Das Schreiben ist, was dies angeht, nicht ganz eindeutig. Es benennt Ihn lediglich als jungen Mann, was man allerdings auch als Zurückhaltung auslegen mag.«
    Gabriela kannte das Schreiben sehr gut. Schließlich hatte sie einen ganzen Tag lang mit Sir darüber beraten, was in dem neuen Brief, den der Schotte verfasst hatte, stehen sollte. Um im Namen ihres Onkels so wenig wie möglich zu lügen, hatte sie darauf bestanden, den Brief recht allgemein zu halten.
    »Nein, Herr General, ich bin der Sohn des Carolus Bretton«, entgegnete sie knapp.
    »Carolus Bretton«, murmelte der General und lächelte plötzlich. »Das hätte ich mir bei diesem Auftritt denken können. Hat sich kaum um einen Platz im Regiment beworben und schon ein Duell am Hals. Ich kannte Seinen Vater. Wir sind zusammen geritten. Er war ein tapferer Mann. Traurig, dass er damals in die Sache um den Obristen Trenk hineingeraten ist … Ich erinnere mich sogar, wie er mir einmal erzählt hat, er habe einen Sohn und ein Töchterchen. Und nun steht ein forscher, junger Mann vor mir … Er mag nun wegtreten, sonst versetzt mich die Erkenntnis, wie alt ich geworden bin, noch in melancholische Stimmungen.«
    Gabriela salutierte und gehorchte. Als sie die Tür fast erreicht hatte, erklang hinter ihr noch einmal die Stimme des Grafen.
    »Kann Er denn mit dem Schießeisen umgehen? Der Graffenstein ist ein recht passabler Schütze.«
    »In letzter Zeit hatte ich leider wenig Gelegenheit, mich zu üben.«
    »Dann melde Er sich beim Oberststückhauptmann Brauning. Er mag Ihm ein paar Pulverhörner aushändigen und einen Platz benennen, an dem Er das Exercitium mit Seinem Schießeisen betreibe. Was den zweiten Sekundanten angeht, empfehle ich Ihm, nach dem Kornett Johann Friedrich zu fragen. Der Friedrich mag den von Graffenstein nicht leiden. Er wird deshalb gewiss mit Begeisterung bei der Sache sein.«
    »Danke, Herr General!«
    Nádasdy nickte und schob den gefälschten Brief zur Seite, um sich nun anderen Papieren zu widmen. Kurz blickte er noch einmal auf. »Viel Glück!«
    Gabriela schluckte. Sie hatte gewonnen! Der Banus stand auf ihrer Seite!
    »Er ist ja immer noch da«, brummte Nádasdy gutmütig. »Weggetreten!«
    »Jawohl, Herr General!«

4. KAPITEL
    In der Nacht hatte es ein wenig geregnet, und grauer Dunst wogte unheimlich zwischen den schwarzen Stämmen des Waldes. Ein keckerndes Eichhörnchen flüchtete quer über einen Waldweg, erschreckt vom Lärm der Hufe. Sir war beeindruckt von ihrer Kaltblütigkeit. Es war noch dunkel gewesen, als sie in ihrem Gasthaus ein karges Frühstück einnahmen. Sie hatte mit großem Appetit gegessen, so als sei dies ein Tag wie jeder andere. Der Tod hatte offenbar keine Schrecken für sie, oder aber sie hielt es für schlechterdings unmöglich, in dem Duell zu unterliegen.
    Den gestrigen Tag über hatte sie sich im Graben vor der Mercy-Bastion im Schießen geübt. Fünf Stunden lang war sie dort unten gewesen und hatte auf verfaulte Äpfel, Flaschen und Steine geschossen. Keines ihrer Ziele war größer als der Unterarm eines Mannes gewesen und zum Schluss schoss sie auf fast vierzig Schritt. Kaum einmal traf sie daneben.
    In der letzten Stunde ihrer Vorstellung hatten wohl an die fünfzig Soldaten und Bürger auf der Bastion gestanden und ihr zugesehen. Seitdem war in der Stadt allgemein bekannt, dass es bald ein Duell geben würde, und obwohl von Graffenstein ebenfalls als guter Schütze bekannt war, standen die Wetten in den Schenken und Kasematten einigermaßen ausgeglichen.
    Mit ihnen ritt der Kornett Johann Friedrich. Ein junger Mann Mitte zwanzig, den man bei seiner Größe wohl besser zu den Grenadieren gesteckt hätte, doch waren seine Gliedmaßen so spindeldürr, dass es aussah, als habe man einen normal großen Menschen einfach in die Länge gezogen. So glich er fast einer lebendig gewordenen Karikatur aus den Zeichnungen der fliegenden Blätter. In den letzten beiden Tagen hatte er sich mit großer Sorgfalt allen Vorbereitungen für das Duell gewidmet. Offenbar war er selbst schon oft zur Zielscheibe für den Spott des Rittmeisters von

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