Die Suche nach dem Drachenring (German Edition)
nachdem. Ist 'ne reine Schutzmaßnahme." Schnell klappte er das Türchen zu. Das Metall wies zahlreiche Kratzspuren auf.
Leos Blick blieb daran kleben. „Ich finde das ziemlich beunruhigend", warf er zaghaft ein.
„Ist es auch. Nach allem, was ich gehört habe, sollen da echt gruselige Tiere leben." Paul zwirbelte eine Lockensträhne.
Phil war in Gedanken bereits bei den senkrecht abfallenden, glatten Felsen auf der gegenüberliegenden Seite. „Wie kommen wir da hoch?"
„Ihr müsst in Richtung Sprungschanze laufen. Kurz vor dem Wasserfall soll es einen Weg nach oben geben. Wollt ihr euch das wirklich antun?"
Phil nickte entschlossen. Leo zögerte einen Moment, dann nickte auch er. „Wie ihr meint. Wir sehen uns heute Abend – hoffentlich." Paul streckte ihnen den Arm mit dem Proviantbeutel entgegen. „Nehmt ihr den lieber."
Leo hängte sich den Beutel um den Hals. Lukas drängelte: „Komm, lass uns verschwinden!" Bevor sie beinahe im Laufschritt den Rückweg antraten, gab Paul Phil sein Taschenmesser. „Für alle Fälle, aber pass auf, dass du es nicht verlierst."
Nachdenklich schaute Leo ihnen hinterher. „Warum beeilen die sich so?"
Phil antwortete nicht. Er stand am Abgrund und lauschte dem Tosen des Wassers. „Sieh nicht hinunter", riet er Leo, doch es war schon zu spät.
Mit vor Entsetzen geweiteten Augen starrte Leo auf den schäumenden Fluss. „Keine zehn Pferde bringen mich da rüber!", rief er.
Phil packte seinen Arm. „Konzentrier dich auf meinen Rücken, auf nichts anderes!"
Der Steg hatte etwa die Breite eines Bürgersteigs. Zum Glück schwankte er nicht, als sie sich Schritt für Schritt darauf vorwärts bewegten. Ohne jeden Widerstand ließ Leo sich ziehen. Auf der anderen Seite der Schlucht knickten ihm die Beine weg. Während Phil das Einfahren des Stegs überwachte, durchwühlte Leo den Proviantbeutel. „Willst du auch eine?" Leo warf Phil eine weiche, dunkelrote Frucht zu, die wie überreife Pflaumen schmeckte. Dann probierte er einen Vollkornkeks. Nach einem Hustenanfall schleuderte er den Rest weit weg. Ein großer Vogel, der wegen seines nackten, rosafarbenen Halses an einen Aasgeier erinnerte, fiel darüber her. Wenig später stürzte er sich in eine Pfütze, die sich auf dem felsigen Boden gebildet hatte.
„Ob dieser komische Aasvogel in dem Verrückten Wald wohnt und wenn ja – aus welchem Grund? Ich meine, von irgendwas muss er ja schließlich leben, oder?" Leo klang besorgt.
„Auf jeden Fall scheint er ausgehungert zu sein."
„Na, dann wird er ja froh sein, dass wir mal vorbeischauen."
In der Nähe des Wasserfalls fanden sie einen steilen Pfad, der auf das Felsplateau führte. Jemand hatte aus dicken Ästen ein Geländer gebaut.
Phil begann mit dem Aufstieg, hinter sich hörte er Leo schnaufen. Oben gönnten sie sich eine kurze Pause.
Ein leuchtender Teppich aus roten Glockenblumen umrandete den Wald vollständig. Der Weg war unter den Blüten kaum noch zu erkennen, auch im Wald hatten sie sich ausgebreitet. Ein einzelner Baum wuchs am Rand des Felsplateaus, ein Teil seiner Zweige ragte über den Abgrund.
„Wirkt eigentlich ganz harmlos", stellte Phil fest. Nach dem ersten Schritt begannen die Blumen sich sanft zu wiegen. Dabei erklang ein zartes Glockengeläut, doch mit jedem weiteren Schritt schwoll das Geräusch an und der rote Teppich geriet mehr und mehr in Wallung. Als der Lärm unerträglich wurde, steckten sich Phil und Leo die Finger in die Ohren und flohen in den Wald. Die Blumen, auf die sie bei ihrer Flucht traten, richteten sich sofort wieder auf und läuteten ihnen wütend hinterher.
Erst zwischen silbrig glänzenden Tannenbäumen wagten Phil und Leo, die Finger aus den Ohren zu nehmen. „Für meinen Geschmack war der Empfang ein bisschen zu laut", brüllte Leo, obwohl die Glockenblumen kaum noch zu hören waren.
„Wahrscheinlich haben wir Alarm ausgelöst. Oder wir sollten vom Weg weggelockt werden." Aufmerksam schaute sich Phil nach allen Seiten um. „Hier machen die Silbertannen ihrem Namen alle Ehre. Ob das echtes Silber ist?" Phil streckte die Hand nach einem Zweig aus und zuckte sofort zurück. Erstaunt zog er eine kleine, silberne Stecknadel aus seinem Handrücken. Die nächste traf ihn am Ellenbogen, dann bohrten sich gleich mehrere in seinen Unterarm.
„Weg hier!" Mit einem Sprint brachte sich Phil vor den Nadeln in Sicherheit. Leo humpelte mit schmerzverzerrtem Gesicht hinterher.
„Haben sie dich erwischt?"
Wortlos zeigte
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