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Die Suche nach dem Drachenring (German Edition)

Die Suche nach dem Drachenring (German Edition)

Titel: Die Suche nach dem Drachenring (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylke Scheufler
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Leo seinen Rücken. Die Nadeln hatten seinen gestrickten Pullover und sogar das T-Shirt durchbohrt. Acht Nadeln musste Phil ihm aus dem Hintern und den Oberschenkeln entfernen, Leo entschuldigte sich mehrmals dafür. „So ungefähr muss sich ein Fakir auf seinem Nadelkissen fühlen", bemerkte er säuerlich. „Zum Glück wachsen hier richtige Tannen."
    „Vorsicht!", warnte Phil. „Komm ihnen nicht zu nah!"
    „Aber die sehen doch ganz normal aus", widersprach Leo.
    „Wir befinden uns im Verrückten Wald, der sicher nicht ohne Grund so heißt. Außerdem hat Manne vor diesen Tannen gewarnt, ihre Nadeln sind giftig. Lass uns lieber abhauen!"
    Zwischen den grünen Nadelbäumen und dem Weg wuchsen meterhohe Farne. „Hoffentlich gibt es hier keine Zecken", sagte Phil. Er drehte sich um, doch hinter ihm war nicht mehr Leo, sondern eine Riesenzecke, die fast so groß wie er selbst war. Ihr brauner, glänzender Körper vibrierte. Einen Moment war Phil von dem Anblick ihrer gewaltigen Beißwerkzeuge wie gebannt, dann ergriff er die Flucht. Dabei stolperte er beinahe über Leos Füße. Mehr war von ihm nicht zu sehen, eine Zecke hatte ihn unter sich begraben. Phil packte das Tier an seinem Rückenpanzer und riss es von Leo weg. Die Zecke fiel auf den Rücken und versuchte, sich schaukelnd und zappelnd wieder aufzurichten.
    Hastig griff Phil Leo unter die Arme und zerrte ihn von den Farnen weg. Auf einer Lichtung verließen ihn die Kräfte und er fiel neben Leo auf die Knie.
    Leo war kreidebleich, seine Augen waren geschlossen. „Sag doch was!" Phil rüttelte Leo so lange an den Schultern, bis er blinzelte.
    Erleichtert wischte sich Phil mit dem Ärmel den Schweiß aus dem Gesicht. „Mensch, hast du mir 'n Schrecken eingejagt."
    Leo wollte sich aufrichten, aber Phil drückte ihn zurück auf den Boden. „Ich muss erst deine Wunde untersuchen." Er befreite Leo von dem blutrot gefärbten Stoffbeutel, den er noch immer um den Hals trug, und streifte Leos Pullover und T-Shirt hoch. Die Flecken waren auf der Brust viel blasser als auf der Kleidung, außerdem rochen sie stark nach Pflaumen. „Tut auch überhaupt nicht weh", versicherte Leo. „Ich glaube, sie hat nur das Obst ausgesaugt."
    Phil schwenkte den Leinenbeutel, aus dem klebriger Saft tropfte. „Anscheinend sind Vitamine doch manchmal ganz nützlich." Er half Leo auf die Beine. „Wir müssen weiter. Wer weiß, was als Nächstes auftaucht."
    Leo nahm Phil den triefenden Beutel ab. „Was ist das da neben dir?"
    Phil schaute an sich herunter. Eine metergroße Tellerpflanze mit gezacktem Rand schnupperte an seinem Hosenbein. Vorsichtshalber machte er einen Schritt rückwärts. Das Blatt, das sekundenschnell zu einem breiten Maul zusammengeklappt war, schnappte ins Leere. Sofort entfaltete die Pflanze ihr Blatt wieder und hetzte Phil und Leo über die Lichtung. Dabei wand sich ihr Stiel wie eine grüne Schlange. Phil schleuderte ihr die Tüte mit dem Bonbonklumpen entgegen. Das gezackte Maul fing sie im Flug auf.
    „Wirf ihr den Beutel hin", schrie Phil. Leo ließ den Beutel fallen, augenblicklich setzte ein Schlürfen und Schmatzen ein.
    „Ichkannnichmehr", japste Leo. Phil suchte nach einem Stock, aber die Pflanze hatte die Verfolgung aufgegeben. Leo presste beide Hände auf den Bauch und krümmte sich. Beim Schleifen über das Gras hatte seine Jeans grüne Flecken bekommen, durch eine Tasche bohrte sich eine silberne Spitze. „Fass mal vorsichtig in deine rechte Hosentasche. Ich glaube, da ist noch eine Nadel drin", sagte Phil.
    Leo betastete den Stoff. „Nee, das ist was anderes."
    „Sag bloß, du hast die Stricknadeln mitgenommen!"
    „Und wenn schon! Dafür hast du ein Messer."
    Sie waren von grünen Tannen umgeben. Allerdings standen die so weit auseinander, dass sie durch die Lücken schlüpfen konnten, ohne die giftigen Nadeln zu berühren. Hinter einer Gruppe Trauerweiden, deren schwarze Zweige eigenartige Bewegungen vollführten, entdeckte Phil den Weg. „Leo, was hältst du davon, wenn wir auf dem Weg weiterlaufen und das bisschen Lärm ertragen?"
    „Nur ganz schnell raus aus diesem Irrenwald."
    „Gut. Und wen möchtest du gerne noch kennen lernen – die Trauerweiden oder die Palmen dort drüben?"
    „Das sind Stechpalmen. Guck mal, was da für Dolche an den Blätterenden hängen, die hinterlassen bestimmt hässliche Schrammen", belehrte ihn Leo. Er erzählte noch irgendwas von einem Palmengarten, aber Phil hörte kaum zu. Er spürte, dass sie

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