Die Suche nach dem Drachenring (German Edition)
hing Leos Jeans tiefer als sonst. Auch der Strickpullover schien weiter geworden zu sein.
Nachdem sie bezahlt hatten, wickelte der Mann die Sachen in vergilbtes Papier und legte sie jedem in seinen Korb. Anschließend durften sie sich aus einer Schachtel etwas aussuchen. Zwischen einzelnen Socken, verstaubten Nähgarnrollen und Knöpfen entdeckte Leo ein Paar dicker Stricknadeln. „Die Stärke fehlt mir noch", freute er sich. Phil fand nichts Interessantes. Aus Höflichkeit nahm er eine Tüte mit Bonbons, die zu einem Klumpen zusammengeschmolzen waren.
Während Leo an den Regalen entlangschlenderte, trat eine Frau ein. Sie fragte nach einem braunen Samtkleid. Phil hörte, wie der Mann ihr erklärte, dass er das Kleid gestern an Horst verkauft hätte. Daraufhin wunderte sich die Frau. „Meinen Sie den Horst aus dem Verrückten Wald? Der hat doch gar keine Frau."
„Entweder ist er jetzt total verrückt geworden oder ihm ist eine Frau zugelaufen. Neulich hatte er einen kaputten Damenschuh dabei. Er fragte mich, ob ich die Schnalle wieder annähen könne. Ich habe ihn zum Schuhmacher geschickt. Darf ich Ihnen im Übrigen ein anderes Kleid zeigen, meine Dame?"
Obwohl Leo protestierte, zog Phil ihn aus dem Laden. Draußen stießen sie beinahe mit Paul zusammen, der einen Eimer voller Schnecken trug. Einige Tiere waren über den Rand gekrochen und klebten nun an der Außenseite und an Pauls Hosenbeinen. „Wartet auf mich", rief er auf dem Weg zur Tür.
Phil suchte nach dem Geschäft mit dem Holzschuh über der Eingangstür. Er erinnerte sich, dass er von Herrn Bertolis Stand aus beobachtet hatte, wie der merkwürdig gekleidete Mann mit dem Päckchen darin verschwunden war. „Bin gleich wieder da." Eilig drückte er Leo seinen Korb in die Hand und rannte über den Platz.
Im Verkaufsraum des Schuhmachers war niemand, aber im Hintergrund ratterte eine Nähmaschine. Als Phil die Tür schloss, hörte das Rattern auf. Ein Mann mit einer Lederschürze kam hinter einem Schuhregal hervor. „Guten Tag", grüßte er und stützte sich mit seinen schwieligen Händen auf dem Ladentisch ab.
„Guten Tag", antwortete Phil. „Ähm, ich soll für Horst einen Schnallenschuh abholen."
„Für Horst?" Der Mann kratzte sich an der Nase. „Der hat den Schuh gestern selbst abgeholt."
„Ach so. Ähm, können Sie mir sagen, welche Farbe der Schuh hatte?"
„Braun war er, ohne Absatz. Stammte nicht aus meiner Werkstatt."
„Wissen Sie, wer solche Schuhe herstellt?"
„Nein, aber wenn du's für mich rausfindest, gebe ich dir einen Taler."
„Ich kümmere mich drum." Phil stürmte hinaus. Vor Sauerbiers Geschäft rutschte er beinahe auf einer Schnecke aus. „Leo, ich muss unbedingt in diesen Wald. Erinnerst du dich an den Mann mit dem Fellumhang? Herr Bertoli hatte erzählt, dass er Horst heißt und im Verrückten Wald wohnt."
„Ja und?"
„Ich glaube, dass Horst meine Mutter hat."
Leo starrte Phil an, als hätte er ihn soeben gebeten, ihm das Stricken beizubringen. „Wie kommst du darauf?"
„Er hat gestern ein Kleid gekauft. Und er hat einen Schuh von meiner Mutter reparieren lassen."
„Bist du sicher? Warst du deshalb beim Schuhmacher?"
„Genau. Horst hat einen braunen Schnallenschuh bei ihm abgegeben, solche trägt meine Mutter."
„Du kennst die Schuhe deiner Mutter? Meine Mutter hat ein ganzes Schrankzimmer voll. Ich schätze, sie weiß selbst nicht, wie viele Schuhe sie besitzt."
„Ich war zufällig dabei, als sie die gekauft hat."
„Vielleicht gibt es hier auch solche."
Da Paul herauskam, unterbrachen sie ihr Gespräch. Paul stellte den Eimer ab und zählte sein Geld in die Tasche – vier Taler. „Wieso kriegst du mehr als wir, obwohl unsere schon küchenfertig waren?", ärgerte sich Leo.
Paul zuckte die Achseln. „Meine Mutter hat den Preis ausgehandelt. Was ist, wollen wir uns nachher am See treffen?"
„Keine Zeit. Sag mal, kennst du dich im Verrückten Wald aus? Ich möchte diesen Horst besuchen", antwortete Phil.
„Bist du verrückt? Das ist lebensgefährlich. Mein Vater behauptet, dass da drin schon Leute gestorben sind."
„Es ist sehr wichtig."
„Ich bringe dich bis zur Brücke, keinen Schritt weiter."
„Jetzt gleich?"
„Ja, aber ich muss mich erst zu Hause abmelden. Das liegt auf dem Weg."
„Leo, kannst du meinen Korb mit zu Frida nehmen?", fragte Phil.
Leo sah ihn beleidigt an. „Wieso? Ich komme doch mit."
Paul bot ihnen an, die Sachen bei ihm abzustellen. Er wohnte in einem
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