Die Suche nach dem Drachenring (German Edition)
Ich werde einfach etwas mehr Teig machen, damit alle satt werden. Ich freue mich schon auf morgen."
„Die Freude ist ganz unsererseits. Vielen Dank für die Einladung." Nachdem Frau Kissing aufgelegt hatte, fragte Arne: „Was sind das für Leute, woher kennst du sie?"
„Frau Kissing singt in der Oper, Herr Kissing vertreibt Computerspiele für Sanders' Playworld und Leo geht in meine Klasse", klärte Phil ihn auf.
Arne strich über eine besonders abgewetzte Stelle seiner Jeans. „Auf den Besuch bei einer Opernsängerin bin ich leider nicht eingestellt", seufzte er. „Dann holen Sie doch was Passendes von zu Hause", schlug Phil vor.
Arne winkte ab. „Da würde ich auch nichts finden, das euer Spiegel kommentarlos durchgehen lassen würde." Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: „Du darfst wirklich sehr gerne du zu mir sagen. Ich würde mich freuen."
Nächstes Mal, dachte Phil und nickte. Er musste sich erst daran gewöhnen.
Beim Kartenspiel, für das Lu inzwischen andere Karten geholt hatte, dachte niemand mehr an die Einladung.
Selbst Lu war so vertieft, dass er beinahe das Abendessen vergessen hätte. Erst als Arne den dritten Streichholzstapel gewonnen hatte und meinte, er könne damit ein Freudenfeuer entfachen, sprang Lu auf, entschuldigte sich und heizte den Grill an. Er hatte Fleisch und Würstchen eingelegt. Dazu gab es Käsebaguettes von Frau Lohmann. Phil und Arne aßen, bis sie sich kaum noch rühren konnten.
Nach dem Essen legte Lu dicke Holzscheite auf. Beim Schein des Feuers hing jeder seinen Gedanken nach.
Phil dachte an seine Eltern. Seltsamerweise war er dieses Mal viel entspannter. Er konnte es sich nicht erklären, aber er hatte das unbestimmte Gefühl, dass alles gut werden würde. Vielleicht lag das an Arne Skibinski. Er hatte eine besondere Art, Mut zu machen.
Leo Kissing
In dieser Nacht schlief Phil fest und traumlos. Erst am späten Vormittag wachte er auf. Die Zeit verging ungewöhnlich schnell. Ehe Phil es sich versah, war es nach vierzehn Uhr und er musste sich umziehen. Den Vorschlag seines Schrankes – dunkler Anzug und weißes Hemd mit Fliege – beachtete Phil nicht. Stattdessen entschied er sich für eine neue Jeans und ein gelbes T-Shirt. Unten kämpfte Arne mit seinen Locken, begleitet von den lauten Kommentaren des Spiegels. Über seiner Jeans trug er ein helles Leinenhemd. Schließlich gab er es auf, die Haare bändigen zu wollen.
Im Auto fiel Phil etwas ein. „Was ist mit dem Telefon? Wer bewacht das jetzt?" Im Stillen hoffte er, dass der Besuch doch noch ausfallen würde.
„Ich habe auch ein bisschen gebastelt. Die Anrufe werden jetzt automatisch auf mein Handy umgeleitet. Ich trage es immer bei mir, sobald ich das Haus verlasse."
„Ach so", sagte Phil enttäuscht.
Vor einem Blumenstand stoppte Arne. Während er ausstieg und am Stand Blumen aussuchte, beobachtete Phil gelangweilt, wie ein Stückchen entfernt ein alter Opel hielt. Der Fahrer hatte eine Kapuze auf und trommelte mit seinen langen, dünnen Fingern auf dem Lenkrad.
Als Arne später seinen Wagen am Theaterplatz parkte, verschwand der Opel in einer Seitenstraße.
Herr Kissing und sein Sohn Leo begrüßten sie in der großen Eingangshalle ihrer Villa. „Ich hoffe, der Parkplatz vor dem Haus war noch frei. Ich habe meinen Wagen – übrigens der zweite in diesem Jahr – extra in meiner Tiefgarage geparkt."
Leo hatte das weißblonde, gewellte Haar seines Vaters geerbt, ebenso die himmelblauen Augen. Nur war an ihm alles rund, vor allem das Gesicht.
Während er Phil schüchtern die Hand gab und „Hallo, Phil" murmelte, öffnete sich eine der breiten Flügeltüren und Frau Kissing trat heraus.
Sie war eine imposante Erscheinung, bestimmt fast zwei Meter groß, wenn man die Turmfrisur dazurechnete, und alles andere als zierlich. Das eng anliegende, türkisfarbene Kleid mit dem tiefen Ausschnitt reichte ihr bis zum Knöchel. Passend zu einem glitzernden Collier trug sie lange Ohrhänger. Trotz ihrer Körperfülle lief sie graziös, ihre goldenen, mit Strasssteinchen verzierten Pantoffeln klapperten auf dem Marmorboden. Auf halbem Weg breitete sie die Arme aus, ein schwerer, süßlicher Duft eilte ihr voraus.
„Phil, mein Lieber, lass dich umarmen", rief sie theatralisch.
Ehe Phil wusste, wie ihm geschah, hatte Frau Kissing seinen Kopf an ihre Brust gedrückt, sodass Phil erschrocken die Augen schloss und die Luft anhielt. Zum Glück ließ sie ihn los, bevor ihm schwindelig wurde. Dann
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