Die Suche nach dem Drachenring (German Edition)
dich gar nicht."
„Ich mich auch nicht", erwiderte Leo verunsichert. „Muss wohl an der Suppe liegen."
Daraufhin stellte er seinen Stuhl auf die andere Seite der Hecke. Ein Pferdeschwanz kam zum Vorschein. „Hat man denn nirgends Ruhe?" Schimpfend zog das Mädchen den Freund in den Speisesaal.
„Das ist schon das zweite Pärchen innerhalb einer Woche, das du vertreibst", stellte Phil fest. Leo tat ungerührt und widmete sich den Brombeeren.
„Isst du kein Obst?", fragte er kauend.
„Doch, am liebsten Schokorosinen und Bananensplit." Phil trat an die Balkonbrüstung. In einiger Entfernung erhob sich eine düstere Burg. Zwischen der Burg und dem Schulgelände glitzerte ein türkisfarbener See. Er wünschte sich, jetzt dort unten zu sein. „Ob man in dem See baden kann?"
„Da muschdu Frau Schwan fragen – schteht beschtimmt in der Hausordnung", nuschelte Leo mit vollem Mund.
„Wer weiß, wo die Schwan steckt, wo sie doch immer so beschäftigt ist."
„Frau Schwan steht genau hinter Ihnen."
Erschrocken wirbelte Phil herum. Leo hustete und würgte. Er hatte eine Handvoll Früchte auf einmal in seinen Mund gepresst. Drei oder vier zerquetschte Beeren hinterließen rings um seine blau gefärbten Lippen dunkle Flecken.
„Was machen Sie noch hier? An den Wochenenden haben sich sämtliche Schüler vom Schulgelände fernzuhalten. Ich habe alles ausführlich in der Hausordnung erläutert", stieß Frau Schwan hervor.
„Leider hatten wir noch keine Zeit, die Hausordnung zu lesen", sagte Phil kühl.
„W...wir w...wollten gerade gehen", stammelte Leo und lief an ihr vorbei. Im Speisesaal holte Phil Leo ein.
„Warum hetzt du so? Ich glaube kaum, dass Frau Schwan uns hinterherrennen kann."
Leo verlangsamte seinen Schritt. „Vielleicht kennt sie irgendwelche Geheimgänge. Sie hat gar nicht so geschnauft wie heute früh. Wo steckt sie denn, kannst du sie noch sehen?"
Phil kehrte noch einmal um und beobachtete, wie Frau Schwan sich mit zitternden Händen eine krautige Zigarre in den Mund steckte und anzündete.
„Sie sitzt auf dem Balkon und raucht vor Zorn", beruhigte er Leo.
Leo konnte es trotzdem kaum erwarten, die Schule zu verlassen. Erst auf Fridas Terrasse entspannte er sich.
Frida kam gegen Abend. Sie wollte alles haargenau über ihren ersten Schultag wissen.
„Die Fahrsimulatoren halten zu wenig aus. Andauernd ist die Schaltung im Eimer", beschwerte sich Leo. „Und Frau Schwan nervt. Wir müssen jeder zwanzig Seiten Hausordnung abschreiben, nur weil ihr unsere Unterschrift nicht passt." Leo stöhnte auf und griff sich an die Stirn.
„Was ist denn?", fragte Frida besorgt.
„Wir haben die Hausordnung im Zimmer liegen lassen, wir können sie gar nicht abschreiben. Das gibt mächtigen Ärger." Leos Finger zappelten.
„Seid deswegen unbesorgt. Irgendwo kann ich sicher einen Vordruck auftreiben. Mit Frau Schwan ist nicht zu spaßen, sie kann extrem unangenehm werden."
„Wieso kann ? Sie ist extrem unangenehm!"
„Beatrix war schon immer sehr ehrgeizig. Mit albernen Vorschriften wollte sie das Leben im Dorf unter ihre Kontrolle bringen. Aber die Leute haben sich gewehrt und sie dazu gebracht, das Dorf zu verlassen. Seitdem lebt sie in der Schule."
„Und schikaniert die Schüler", ergänzte Leo grimmig. „Warum schmeißt der Direktor sie nicht einfach raus?"
„Er hat seine Gründe dafür, Leo", antwortete Frida. Phil überkam der Verdacht, dass sie ihnen etwas verschwieg.
Ein sprechender Wolf
Am Samstag fuhren Frida, Phil und Leo mit einem Pferdewagen auf die Weide. Frida hatte einen Apparat aufgeladen, mit dem die Schafe geschoren werden sollten. Angesichts des Wagens suchten die Tiere allerdings das Weite.
Während Frida vom Kutschbock kletterte, sang sie mit einschmeichelnder Stimme:
Träum, Schäfchen, träum.
Der Mond guckt durch die Bäum',
bewacht die lieben Schäfchen,
die machen nun ein Schläfchen.
Träum, Schäfchen, träum.
Als Phil die Melodie erkannte, gab es ihm einen Stich. Seine Mutter hatte ihm das Lied früher oft vorgesungen, wenn er nicht schlafen konnte, jedoch mit einem anderen Text.
Grüppchenweise kamen die Schafe zurück und ließen sich widerstandslos ihre ungewöhnlich weiche Wolle abnehmen.
Nach einiger Zeit bat Frida Leo, das Singen zu übernehmen. Leo begann mit einer bekannten Arie der Königin der Nacht aus der Zauberflöte v on Mozart. Die Schafe hoben den Kopf und lauschten. Dann stoben sie laut blökend auseinander.
„Ich habe das
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