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Die Suche nach dem Regenbogen

Titel: Die Suche nach dem Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle-Riley
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glaubt Ihr wohl, habe ich gelernt? Aus heiterem Himmel? Master Dallet hat mich doch nur geheiratet, weil er hinter den Geheimnissen meines Vaters her war, die der ihm nicht verkaufen wollte. Hinterlistig, wie? Dann hat er meine Mitgift durchgebracht und meine Aussteuer verkauft. Und Ihr wagt es noch, mich zu fragen, ob ich traurig war? Ich hatte mir die Ehe anders vorgestellt, aber eins ist sonnenklar, als Witwe bin ich besser dran.«
    »Geirrt. Ich habe mich in jeder Hinsicht geirrt«, konnte ich ihn kopfschüttelnd in seinen Bart brummein hören.
    »Und was habt Ihr von mir gedacht, daß Ihr es wagt, mir mit ›Oh, ich habe mich geirrt, und jetzt geruhe ich, Euch den Hof zu machen‹ zu kommen? Angenommen, ich will mir von Euch nicht den Hof machen lassen, jetzt, da ich weiß, daß Ihr den bösen Klatsch über mich geglaubt habt, und der stammte auch noch von dem schlechtesten Menschen auf Gottes weiter Welt, und erst höhere Gewalt konnte Euch zur Einsicht bringen.«
    »Könnt… könnt Ihr denn nicht glauben, daß die höhere Gewalt einen Zweck verfolgte?« fragte er. Ich musterte sein Gesicht eingehender. Es war spitz und blaß. Seine neue Nase hatte zwar sein Profil zerstört, ihm jedoch mehr Charakter verliehen. Eindeutig eine Wendung zum Besseren. Die haselnußbraunen Augen blickten niedergeschmettert. Mein Gott, warum hatte ich das nicht gleich gesehen? Es war unverkennbar, daß er genauso verliebt war wie Tom, dieser Grünschnabel. Er hatte nur nicht soviel Anstand, es ehrlich zuzugeben. Da hatte er nun in der ganzen Stadt herumgestöbert und Erkundigungen über mich eingezogen und, aus welchem albernen Grund auch immer, das Schlechteste angenommen. Und jetzt tat es ihm leid. Wie dumm Männer doch waren. Er konnte einem wirklich leid tun. Und Mitgefühl macht Frauen dumm, dachte ich, aber ich wußte, ich war ohnedies dumm.
    »Was habt Ihr gehört? Wer hat Euch das erzählt?«
    Er zögerte lange, ehe er antwortete. »Sir Septimus Crouch. Er… er hat gesagt… daß Ihr den gewissen Brief geschickt habt.«
    Mir wurde ganz kalt vor Entsetzen. Wie konnte er nur diese furchtbare Lüge über mich glauben? Bei meinem Charakter hätte er doch merken müssen, daß ich zu derlei nie imstande wäre! Was mußte das für ein Mensch sein, der das auch nur einen Augenblick lang glauben konnte? Und als ich beim Erzbischof war und das heimliche Porträt malte, da hatte er mich praktisch beschuldigt, eine Liebschaft zu haben, und dabei ging ihn das nun wirklich nichts an. Mir fiel wieder ein, wie er dabei ausgesehen hatte, ganz aufgelöst und außer sich. Er mußte schon damals verliebt gewesen sein, sonst wäre er in jener Nacht nicht losgezogen und hätte sich betrunken. Und jetzt tat er mir auch nicht mehr leid. Was für eine Liebe ist denn das, die sofort das Schlimmste annimmt? Eine schlechte Liebe.
    Er blickte mir ins Gesicht. »Es tut mir leid«, sagte er. »Ich gehe jetzt. Ich werde Wolsey über Euch schreiben. Er hat mich ohnedies mit einer anderen Aufgabe betraut…« Steif und blaß drehte er sich um und humpelte davon.
    »Master Ashford, stillgestanden!« sagte Nan und vertrat ihm den Weg. »Ihr solltet Euch schämen.«
    »Ja«, konnte ich ihn antworten hören, wenn auch leise.
    »Und stolz seid Ihr auch. Zu stolz, als daß Ihr merktet, was Ihr meinem Schatz angetan habt. Dreht Euch um und seht sie Euch an.«
    Er warf einen Blick über die Schulter, doch ich konnte ihn nicht richtig sehen, weil mir wegen der Tränen alles vor den Augen verschwamm. Und auch dabei stellen sich Frauen dumm an. Immer müssen wir weinen, auch wenn wir gar nicht wollen. Und ich wollte nicht weinen. Nicht um den da. Und wenn sich andere falsche Vorstellungen von einem machen, so weint man deswegen noch lange nicht, da sie ohnedies falsch sind. Das war gleich zweifach dumm, und draußen weinte der Regen aus dem kalten, grauen Himmel, und mein Gesicht war ganz naß und mein Herz genauso kalt und grau. Alles paßte zusammen, ich und die Natur, was nicht gerade originell ist. Als Kunstwerk hätte die Komposition nichts getaugt.
    »Nachdem Ihr soviel angerichtet habt, könnt Ihr Euch nicht einfach wortlos davonmachen. Das ist unrecht«, sagte Nan fest. Er blieb stehen. »Ihr geht schön zurück. Ihr geht zurück und bringt das ins reine, sonst verfolgt Euch mein Geist bis ans Ende Eurer Tage, mein Wort darauf.«
    »Ich kann nicht«, sagte er.
    »Ihr meint, Ihr kommt nicht mit Euch ins reine«, sagte Nan.
    »Aber eins seid Ihr Susanna

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