Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Suche nach dem Wind

Die Suche nach dem Wind

Titel: Die Suche nach dem Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Sons
Vom Netzwerk:
Plötzlich blieb er stehen, sah an die Decke und lachte schallend. »Ich habe einen Sohn. Ich habe tatsächlich einen Sohn. Die Hexe hat mich betrogen. Ich habe einen Sohn, und der ist jetzt hier.« Er zog den Späher an der Hemdbrust zu sich heran und funkelte ihn aus kalten Augen an. »Ich habe einen Sohn, und du wirst ihn mir bringen. Er ist ein Ringlord, sagtest du? Dann ist er ein guter Kämpfer. Schick die Wölfe! Aber trichtere ihnen ein: Meinem Sohn darf kein Härchen gekrümmt werden. Seine Begleiter sind mir gleichgültig. Die können getötet werden. Wird er aber verletzt, auch nur angeritzt, sind sie des Todes. Jeder, der dabei war, wird unweigerlich sterben. Geh jetzt, rasch!« Er schubste den Späher von sich.
    Der konnte gerade noch einen Sturz vermeiden und stolperte aus dem Raum.
    Karon ließ sich wieder auf seinen Sessel fallen. »Joanna, meine kleine, süße und doch so willensstarke und widerspenstige Joanna, du hast mir also einen Sohn geschenkt, und der ist jetzt ein Ringlord.« Er spuckte das letzte Wort fast aus und seine Augen wurden schmal. »Was hast du vor, Hexe? Willst du mir meinen eigenen Sohn auf den Hals hetzen? Glaubst du wirklich, er könnte ohne meine Unterweisung gegen mich bestehen, oder gar gewinnen? Du konntest ihn mir vielleicht vorenthalten und ihm den Namen seines Großvaters geben, aber jetzt ist er hier bei mir und er wird neben mir herrschen oder von meiner Hand sterben.«
    Erneut lachte er auf. »Du hast schon deine heißgeliebte Tochter an mich verloren, obwohl du mit allen Mitteln dagegen angekämpft hast. Was glaubst du, wie es da erst meinem Sohn ergehen wird? Er ist mein Fleisch und Blut, und niemals wird er sich der Macht Loths entziehen können und schnell auch nicht mehr wollen.«

7. Kapitel
    Beklommen gingen die Jugendlichen zwischen ihren stummen Begleitern tiefer in den Wald. Erik versuchte, das Gesicht eines der Fremden zu erspähen, aber die großen Kapuzen ließen keinen Blick zu.
    »Ich finde das ziemlich unheimlich«, murmelte Gerrit neben ihm leise.
    »Besser doch als die Wölfe!«
    »Das muss sich noch zeigen«, orakelte Adrian düster. »Hast du hier, von Wölfen oder kleinen Stechern einmal abgesehen, irgendwelche Tiere gesehen? Entweder gibt es hier so wenig Gras, weil diese Kuttenmänner das anstelle der sechsbeinigen Schweine wegmampfen oder die sind Kannibalen?«
    »Du meinst, die könnten uns essen wollen?«, stieß Gerrit hervor.
    »Quatsch! So sehen die nicht aus«, erklärte Anna mit schwacher Stimme.
    Adrian sah sich kurz zu ihr um. »Wie sehen denn Kannibalen deiner Meinung nach aus? Ein paar Rippen ins Haar geflochten, Ketten aus Fingern um den Hals und in jeder Hand ein Schienbeinknochen?«
    »Du bist immer so eklig«, schimpfte sie.
    »Ich? Warte mal ab, was die sind. Vielleicht ...«
    »Halt die Klappe!«, fluchte Erik unterdrückt dazwischen. »Auch ohne dein blödes Gerede ist uns mulmig genug.«
    »Ja, das stimmt«, hauchte Gerrit. »Mir ist jetzt noch unheimlicher.«
    »Wie, du findest Rippen ...«
    Erik wurde blass vor Wut. »Adrian, hör sofort auf, oder ich knall dir eine.«
    »Das würdest du vielleicht gern können.«
    »Das werde ich gleich versuchen.«
    »Sei lieber still, Adrian! Er hat noch die Keule«, warnte Gerrit. »Und er schlägt ziemlich wüst und unplatziert. Ich hätte an deiner Stelle keine Angst vor dem, was er will, aber vor dem, was er daraus macht.«
    »Hä?«, entfuhr es Adrian und Erik gleichzeitig.
    »Das gibt es nicht«, hauchte Holly im selben Moment und riss die Augen auf.
    Die Kuttenmänner entfernten gerade die Rinde von einem der Riesenbäume und verschwanden im Bauminneren. Die verblüfften Freunde wurden von ihren Führern in den hohlen Baum geschoben. Zwischen dicken Wurzeln führte ein schmaler, wenig Vertrauen erweckender Gang weiter in das Erdinnere. Im Schein einiger Fackeln war darüber hinaus kaum etwas zu erkennen.
    Schon bald wurden sie in ein Gewölbe geschickt, das vielleicht zehn Menschen Platz bot. Einer ihrer Führer steckte noch eine Fackel in eine Wandhalterung und schloss die primitive Holztür. Überlaut hörten sie das Einrasten eines Riegels. Das düstere Erdloch verfügte über keinerlei Einrichtung. Verkrüppelte Wurzeln ragten aus Wänden und Decke.
    Holly räusperte sich unbehaglich.
    Gerrit sah sich mit kugelrunden Augen um. »Ob die den schönen, alten Brauch kennen, Leute erst zu begraben, wenn die schon tot sind?«, fragte er leise.
    Anna schluckte heftig. »Wenn das

Weitere Kostenlose Bücher