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Die Suche nach dem Wind

Die Suche nach dem Wind

Titel: Die Suche nach dem Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Sons
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bewegen?«, beteiligte Erma sich wieder am Gespräch.
    »Ich habe beschlossen, es nicht auszuprobieren. Es interessiert mich einfach nicht genug.« Aeneas blinzelte in die Richtung, in der er seine Begleiterin vermutete. »Haben Sie mich verarztet? Vielen Dank! Und jetzt müssen wir weiter. Lennart, hilf mir hoch!«
    Sie fragte fassungslos: »Sofort? Aber das geht doch nicht! Wollen Sie sich nicht noch etwas ausruhen?«
    »Nein! Lennart, jetzt komm bitte!«
    Das Hochhelfen war gar nicht so schwierig. Schwieriger war es, den Ringlord auf den Beinen zu halten. Minutenlang standen die beiden Männer eng umschlungen, fast wie ein Liebespaar, am Teich. Aeneas hatte offensichtlich schon Mühe, ruhig zu atmen, und schwankte bedrohlich. Erma sammelte derweil wortlos Rucksäcke und Waffen zusammen und dankte den Göttern dafür, dass der Junge annähernd so groß war wie sein Begleiter.
    Der legte sich gerade Aeneas’ rechten Arm um die Schulter und schlug besorgt vor: »Auf ein paar Minuten kann es nicht ankommen. Vielleicht sollten wir wirklich noch ein wenig warten.«
    »Mir ist grässlich schwindelig, meine Schulter brennt wie Feuer, mein Kopf explodiert sicher gleich und ich kann kaum etwas sehen, aber davon einmal abgesehen geht es mir richtig gut. Es wird gehen, und wir haben keine Zeit zu verlieren.«

    Erma stapfte voran, die Männer folgten. Wohl oder übel mussten sie das Schlachtfeld erneut passieren, und ein unwillkürliches Frösteln überlief Lennart, als er die Kadaver sah. Wie waren sie nur lebend aus dieser Sache herausgekommen? Irgendwas war hier sehr merkwürdig.
    »Vorsicht! Stolpert nicht«, warnte Erma.
    Den Jüngeren überfiel gerade ein spontaner Brechreiz. Im Moment hätte er liebend gern mit dem fast blinden Aeneas getauscht, obwohl der süßlich faulige Gestank eigentlich schon ausreichte, um Übelkeit hervorzurufen. Ungeziefer umschwirrte die toten Körper, und Tiere, die aussahen wie warzige Ratten, knabberten an ihnen. Lennart warf einen Blick auf den Riesen, der seinen Begleiter gefällt hatte. Irgendjemand hatte ihm den Kopf abgetrennt und mitgenommen. Er schüttelte sich und war einen Moment abgelenkt. Der Ringlord stolperte, stöhnte laut auf, und Lennart konnte ihn gerade noch davor bewahren zu stürzen.
    »Wie sieht´s aus?«, fragte Aeneas atemlos.
    »Das willst du gar nicht wissen«, war die knappe Antwort.
    »Ich meine, sind noch irgendwo Wölfe? Lebende?«, beharrte sein Begleiter.
    »Das hättest du schon mitbekommen.«
    »Also nicht! Wir haben gar nicht so viel Zeit verloren und können es theoretisch immer noch schaffen.«
    Lennart warf einen trübsinnigen Blick auf seinen Freund. Der Teil des Gesichts, der nicht aufgerissen, blutverkrustet oder blau verfärbt war, war bleich und schweißnass. Aeneas hatte die Lippen zusammengepresst und atmete schwer.
    Sein Adjutant verdrehte die Augen. »Ja, mein Lord, praktisch aber auch nicht! Wenn diese Typen wiederkommen, willst du dann auf Zuruf kämpfen, oder sie bitten, sich nur rechts von dir einzufinden? Ich meine, wenn du dann schon in der Lage sein solltest, wieder allein zu stehen. Ich muss dir leider sagen, dass noch ziemlich viele von den Dingern lebten, als der Kampf - für uns alle plötzlich und unerwartet - abgebrochen wurde.«
    »Sie werden uns nicht töten«, erklärte Aeneas.
    Der jüngere Mann überlegte eine Weile. »Komisch, aber ich glaube, du könntest recht haben. Verrätst du mir, wie du zu dieser Ansicht gekommen bist?« Gespannt wartete er auf eine Antwort.
    »Vertrau mir einfach!«
    Lennart nickte. »Genau mit dieser Antwort habe ich gerechnet. Es wäre nett, wenn du auch mal jemandem vertrauen würdest. Bin ich nicht dein Freund?«
    »Ich vertrau dir doch gerade mein Leben an. Reicht dir das nicht als Freundschaftsbeweis?« Aeneas’ Stimme war kaum zu hören.
    »Im Moment bin ich dein Blindenhund. Aber ich will dich um Himmels willen nicht drängen, mir zu sagen, was in Zukunft vielleicht auf uns zukommt. Ich lass mich so furchtbar gern überraschen. Weißt du, ich bin nicht blöd und merke schon, dass hier etwas ziemlich Merkwürdiges abgeht. Und ich bin mir sicher, dass du mehr weißt als ich. Ein sehr ungutes Gefühl, kann ich dir sagen, ein sehr, sehr ungutes. Bist du sicher, dass du nicht drüber reden willst?«
    Sein Begleiter schwieg.
    »Wie du willst, aber dann werde ich in Zukunft tun, was ich für richtig halte. Solltest du mit meinen Entscheidungen nicht einverstanden sein, kann ich es nicht ändern«,

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