Die Suche nach dem Wind
packte sie grob und hielt ihr ein Messer an die Kehle.
Wie angewurzelt blieben die Jugendlichen stehen. Hollys Augen waren vor Angst weit aufgerissen. Erik versuchte, möglichst unauffällig sein Armband abzunehmen, aber seine Hände waren viel zu zittrig.
Die Seelenlosen aus dem Dorf hatten sie jetzt ebenfalls eingeholt.
»Ich benötige euch nicht. Geht wieder!«, forderte der Mann, der Holly bedrohte. Wortlos drehten die Dorfbewohner ab.
»Lassen Sie sie los!«, bat Lennart. »Wir tun, was Sie sagen.«
Erik sah, dass auch er schon an seinem Armband nestelte.
Unerwarteterweise ließ der Fremde Holly tatsächlich los. »Folgt mir, ich bring euch in ein Versteck. Beeilt euch, hier wird es gleich von Wölfen nur so wimmeln.« Er machte hektische Zeichen, ihm zu folgen. Wie zur Bestätigung seiner Worte erscholl lautes Heulen.
»Gehören Sie zu den Höhlenmenschen?«, fragte Erik hoffnungsvoll.
»Ich erklär euch später alles. Rasch jetzt!« Er wandte sich schon zum Gehen.
Die Rhan sahen sich ratlos an.
»Ich glaube, er meint es ehrlich. Bleibt aber wachsam«, raunte Lennart.
»Er nun wieder«, nuschelte Adrian.
Sie folgten dem Späher, der sie eilends zwischen den Bäumen hindurchführte. Hinter sich hörten sie Wölfe.
»Schnell, hier entlang«, raunte ihr Führer und deutete auf einen riesigen Baum, entfernte ein Stück der Rinde und machte den Jugendlichen ein Zeichen, hineinzugehen.
»Das kenn ich«, bemerkte Adrian halbwegs erleichtert.
Hinter ihnen rückte der Fremde das Rindenstück wieder vor den Eingang. »Ein Stück weiter unten ist eine Höhle. Geht einfach weiter.«
Sie tasteten sich vorsichtig an den Wänden entlang.
Schon geraume Zeit später hatten sie ein Erdgewölbe erreicht. Der Fremde entzündete eine Fackel. »Hier sind wir erst einmal sicher. Diesen Gang haben vor Jahren die Höhlenmenschen angelegt. Sie haben ihn aber wieder aufgegeben, weil er wohl zu nah am Dorf war. Ich habe ihn durch Zufall entdeckt.«
Lennart sah ihn skeptisch an. »Wer sind Sie und warum helfen Sie uns?«
»Mein Name ist Gamal, ich bin Nachfahre eines Rhan und Späher des Herrn von Loth. Mein Bruder Jofor und ich haben ihm all die Jahre treu gedient. Vor ein paar Tagen schlug Karon Jofor den Kopf ab, weil der ihm mitteilen musste, dass ein Wolf versehentlich seinen Sohn verletzt hatte. Mein Bruder war nicht einmal dabei gewesen und konnte nichts dafür. Er musste lediglich die Botschaft überbringen und wurde dafür getötet. Da habe ich mir geschworen, dass ich ihn rächen werde. All die Jahre treuer Dienerschaft wurden aus einer Laune heraus mit dem Tod belohnt. Ich werde jedem helfen, der Karon vernichten will.«
»Warum töten Sie ihn nicht einfach selbst?«, fragte Adrian irritiert. »Sie kommen doch dicht an ihn heran.«
Gamal sah ihn entsetzt an. »Karon töten? Du kennst ihn nicht. Er ist ein Hüne, stark wie ein Fels und wendig wie eine Schlange. Schon als er noch nicht über seine Magie verfügen konnte, hat er mit Leichtigkeit zehn Wölfe allein besiegt, ohne selbst auch nur einen Kratzer davon zu tragen. Er macht das regelmäßig, um nicht einzurosten. Mit eigenen Augen habe ich gesehen, wie er einen Pfeil, der auf ihn abgeschossen wurde, aus der Luft gefangen hat. Viele haben schon versucht, ihn zu töten. Sie liegen alle im Sumpf begraben. Jetzt kehrt seine Magie wieder und er wird von Tag zu Tag stärker.«
Die Jugendlichen sahen sich betreten an. Das klang nicht vielversprechend.
»Warum hält er sich noch versteckt?«, fragte Gerrit interessiert.
»Er ist nicht dumm. Er weiß, dass er viele Feinde hat. Er wird seinen Palast erst verlassen, wenn er fast im Vollbesitz seiner magischen Kräfte ist«, antwortete Gamal. »Aber jetzt sagt mir, was macht sein Sohn hier? Will er ihn bekämpfen, um selbst Herr der Schlangenburg zu werden, oder will er sich ihm anschließen?«
»Weder noch«, erklärte Erik. »Aeneas ist hier, um Karon gemeinsam mit meinem Vater zu vernichten.«
Der Späher rieb sich freudig die Hände. »Das ist gut. Ein anderer Schwarzmagier kann ihn vielleicht aufhalten. Ist er sehr stark?«
Erik kniff die Augen zusammen und ranzte ärgerlich: »Er ist kein Schwarzmagier, er ist ein großer Ringlord der Rhan.«
Sein Gegenüber sackte merklich zusammen. »Ein Rhan-Magier wird Karon niemals vernichten können, und die Blaumäntel werden kaum die kommende Nacht überleben. Es wird sich also nichts ändern.«
Auf den Gesichtern der Jugendlichen spiegelte sich nun
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