Die Suche nach den Sternen
über eine Vierteltonne wiegen!«
»Das weiß ich auch nicht, Sine. Aber ich denke das Ding ist wichtig genug, daß wir es uns ansehen. Cherry, brems ab und bring uns in eine Umlaufbahn um das Objekt.«
»Wenn wir jetzt unter Raumreisegeschwindigkeit gehen, Maq, wird das unseren Flug um Tage verlängern«, wandte Cherry ein.
»Ich weiß, aber das können wir nicht ändern. Vor uns schwebt eine Welt, auf der eigentlich keine Menschen leben dürften und von der Funksprüche in einer Sprache ausgehen, die keiner von uns je gehört hat. Wenn das kein unwiderstehliches Geheimnis ist, was dann?«
Sie benötigten drei Tage, um so weit abzubremsen, daß Cherry die Shellback in einen Orbit um das mysteriöse Objekt bringen konnte. Ancor verbrachte fast jede Minute dieser Zeit vor den Orterschirmen, deren Anzeigen seine ursprünglichen Annahmen bestätigten. Allerdings machte die mörderische Schwerkraft eine Landung unmöglich, weshalb sie sich mit Beobachtungen aus der sicheren Umlaufbahn begnügen mußten. Hinzu kam die völlige Dunkelheit auf der Oberfläche des Objekts. Die einzige Möglichkeit der Beobachtung war im Infrarotbereich.
Und was sie sahen, verschlug ihnen die Sprache. In einer Schwerkraft, in der sie nicht einmal in Spezialanzügen für längere Zeit hätten überleben können, gedieh eine großartige Zivilisation. Sie war zugleich fremdartig und anziehend und bezog ihre Energie nicht aus dem Licht von Proto-Sonnen, sondern aus der Erdwärme ihrer kleinen Welt. Unter ihnen erstreckten sich Dörfer und Felder und von Mauern umringte Städte. Große Linienschiffe pflügten durch dunkle Meere.
Ancor taufte die Welt auf den Namen Anura, denn Sine hatte sie entdeckt und danach viele Tage lang erfolglos versucht, Funkkontakt aufzunehmen. Sie führten mehrere riskante Vorstöße in die obere Atmosphäre durch, ohne daß es ihnen gelang, Aufnahmen der Bewohner zu machen. Theoretisch mußten sie kurzgewachsen und kräftig sein. Der einzige Schluß, der ihnen blieb, war, daß es sich bei Anura um eine der Experimentalwelten Zeus’ handelte, die von einer sorgsam herangezüchteten Mutantenrasse bevölkert war. Damit war Anura Teil des großangelegten Versuchs des riesigen Computers, neue Lebensräume für die Menschheit zu erschließen, ganz gleich, in welch bizarrer Weise er dafür die Menschen verändern mußte.
In diesem Fall war das Experiment gelungen. Mitten im lebensfeindlichen Raum zwischen den Schalen war eine blühende Zivilisation entstanden. Für Zeus mußte es ein naheliegender Schritt gewesen sein: Da der Computer nicht ausreichend geeigneten Lebensraum für die Menschheit erschaffen konnte, begnügte er sich damit, die Menschen den vorhandenen Lebensräumen anzupassen. Ancor sperrte sich emotional gegen Zeus’ Programm, aber gleichzeitig wußte er, daß die Logik nicht auf seiner Seite stand. Die Evolution hatte die Menschen ihrer Umwelt angepaßt; Zeus’ Vorgehen war also weder neu noch bahnbrechend. Der Riesencomputer hatte lediglich das Tempo der Anpassung erhöht. Außerdem ließen diese Gedankengänge die Meinung und Gefühle der angepaßten Bewohner Anuras außen vor. Sie hatten mit Sicherheit – genau wie die Bewohner der Boxa-Schale – ihre eigene Vorstellung davon, was einen Menschen ausmachte.
Nachdem sie alle Daten gesammelt hatten, die die Instrumente der Shellback hergaben, bestand Maq darauf, daß sie ihre Reise durch den Saturan-Raum fortsetzten. Cherry richtete die Shellback auf die Innenseite der immer noch mehrere hundert Millionen Kilometer entfernten Uranus-Schale aus und beschleunigte auf Raumreisegeschwindigkeit. Ihr Abstecher hatte ihren Flug um fast acht Tage verlängert, aber sie bereuten keine Minute davon. Sie hatten das Wissen über die genetische Anpassungsfähigkeit der Menschheit erweitert und bewiesen, daß Leben ebensogut zwischen den Schalen wie auf den Schalen existieren konnte.
Mehrere Wochen verstrichen, und langsam lieferten die Orter die ersten Bilder von der Innenseite der Uranus-Schale. Es schien, als ob Zeus geschmolzenen Felsen auf eine Form geschleudert hätte, wo er anschließend erkaltet war. Dabei hatte sich das Felsmaterial ungleichmäßig zusammengezogen und gewaltige, Millionen Kilometer durchmessende Senken und sich schlängelnde Schluchten gebildet. Irgendwo zwischen den Linien dieses riesigen ›Daumenabdrucks‹ verbarg sich eine vergleichsweise winzige Öffnung, die den Zugang zu einer Käfigwelt ermöglichte. Es gab zwar den
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