Die Suche
unterbrach er den Kuss und zuckte vor ihr zurück, als hätte eine Schlange ihn gebissen.
„Himmel!“, zischte er, sprang von ihrem Bett und brachte einen großen Schritt zwischen sich und Alexa. Seine Augen brannten.
„Das… das… darf nicht sein. Wir dürfen das nicht tun“, stammelte er, strich sich durch die Haare, rieb sich die Augen, verharrte mit der Hand auf seinen Lippen. Alexa richtete sich auf, völlig vor den Kopf gestoßen.
„Warum nicht? Sam ist mit Anna zusammen und ich…“
„Darum geht es nicht, Alexa. Sam und Anna ..."
"Was? Ist es, weil du ein Wolf bist und ich ein Mensch? Habt ihr da irgendeinen Kodex, oder was? Dann sieh dir mal Anna an. Die schert sich nicht drum."
Oh Gott, wie gerne wäre sie jetzt aus dem Bett gesprungen, hätte ihn umarmt, sich an ihn gepresst und seine Hände weiterhin überall gespürt.
"Nein", sagte Adam, seine Stimme schwankte, aber er wirkte wieder einigermaßen gefasst. "Kein Kodex. Keine Beziehungskiste. Es ist nur ... Ich bin schwul, Alexa. Seit mehr als 400 Jahren."
23. Kapitel
Venatio Landsitz | Herbst 2012
« So unschuldig. So wissbegierig. So gut. Zu gut. »
Er wollte diese Lust nicht empfinden. Was war bloß los mit ihm? Verwirrt rannte er den Flur entlang, die Treppe hinauf und durch die Halle nach draußen. Zum Glück begegnete ihm niemand. Besonders Jo nicht.
Ein klarer Himmel wölbte sich über dem Waldrand. Adam blieb stehen, sog tief die Luft in seine Lungen. Dort hinten hatte er heute Nacht Sex mit Jo gehabt, hatte versucht, dem anderen Mann etwas zu geben, was dieser vielleicht jahrhundertelang vermisst hatte. Jo hatte ihn erregt, so wie die anderen Männer, die er gehabt hatte. Er liebte Männer. Er wollte Männer. Ihre Schwänze, ihre haarige Haut, ihre Bärte.
Und er wollte Alexa. Ihre weiche Haut, ihren Duft, der entstand, wenn ihr warm wurde. Eine Mischung aus Vanille und Kokosnuss. Ihr sanftes Wesen. Die Liebe und Freundlichkeit, die sie ausstrahlte. Ihre Lebenslust.
Waren alle Frauen so? Als schwuler Werwolf hatte er sich sein ganzes Leben mit Männern umgeben. Nicht nur in Raffaelus' Rudel, auch später, hatte er Frauen konsequent gemieden, wo immer er konnte. Sie hatten ihm immer ein unbehagliches Gefühl bereitet.
Er berührte seine Lippen, dort wo ihre gelegen hatten. Weich und warm. So unschuldig. So wissbegierig. So gut. Zu gut. Er ging den Parkplatz auf und ab. Er musste das sofort beenden. Man brauchte ihn hier nicht länger. Er konnte gehen, aber je mehr er darüber nachdachte, sie zu verlassen, desto eher wollte er zu ihr, sie spüren, sie schmecken, mit ihr verschmelzen. Adam presste sein Gesicht in seine Hände. Und Jo? Sollte er ihn mitnehmen, egal wohin, einfach weitermachen, als sei nichts gewesen?
Und es war nichts. Kaum mehr als ein Kuss, eine Berührung. Er kannte Alexa kaum. Jo war ihm ein treuer Gefährte gewesen.
Aber war er ihm nicht gerade deshalb zur Ehrlichkeit verpflichtet?
In seinem Magen wuchs ein Knoten, der ihm bis zur Kehle hinaufreichte, ihm das Schlucken erschwerte. Das Tier in seinem Inneren riss an seinem Gefängnis. Sein Körper schrie nach Erleichterung, nach Kraft, nach Nahrung. Keine Gefühle, keine Entscheidungen. Nur rennen, reißen, schlingen.
Mit einem gewaltigen Satz sprang er über die Parkplatzumrandung und rannte zum Waldrand. Die Wandlung geschah wie von selbst. Er überquerte die Straße und wäre beinahe in ein Auto geraten. In letzter Sekunde wich er aus und schlug sich ins Gebüsch.
24. Kapitel
Venatio Landsitz | Herbst 2012
« Hat er dich angefasst... sexuell meine ich? »
Riley wartete, bis sich das Tor komplett geöffnet hatte, und fuhr langsam auf den Parkplatz. Mittlerweile war es Mittag geworden, aber draußen war es kalt. Ein typischer englischer Herbsttag. Eine rutschige Schicht aus abgeworfenem Laub bedeckte die Straße. Durch die fast kahlen Bäume glitzerte die Sonne hindurch und blendete ihn kurz. Er fummelte mit der Sonnenblende und nahm aus dem Augenwinkel einen dunklen Schatten wahr, der über die Zufahrt huschte. Instinktiv bremste er, aber da war nichts. Musste wohl ein Schatten gewesen sein.
„Wir sind da“, kündigte er an und lächelte über die Schulter seinen Fahrgästen auf der Rückbank zu. Andreas' schien es recht gut zu gehen. Sein Gesicht war übersät mit Hämatomen, die in den nächsten Tagen in allen violetten Schattierungen schimmern würden. Doch seine Augen sahen wach aus, und wenn er Schmerzen hatte, ließ er sich
Weitere Kostenlose Bücher