Die Sünde aber gebiert den Tod
schnell die unpassendsten Dinge zu äußern? Wie tröstlich!«
»Eine feine Ausrede, nicht wahr!«
»Nein, aber ich verstehe nun, was ihr meintet, als Ihr davon spracht, die Sterne machten geneigt. Mercurio bringt mich häufig dazu, seinem Einfluss nachzugeben, und es kostet Kraft, dieser Neigung zu widerstehen. Aber es kann gelingen... manchmal!«
»Genau so! Auch der Mars, der sich in Taurus befindet, mag zwar Euren Jähzorn herausfordern, doch auch er schenkt Euch Geduld und die Fähigkeit abzuwarten.«
»Ein Widerspruch, meint Ihr nicht?«
»Jähzorn und Geduld – o nein. Gerade geduldige Menschen brauchen oft lange, bis ihr Zorn explodiert. Dann aber gerät er manchmal aus der Kontrolle!«
Almut bekam rote Ohren, als sie sich an die eine oder andere Gelegenheit erinnerte, bei der sie äußerst heftig geworden war. Noch vor ganz kurzer Zeit etwa diesem miesen Benediktiner gegenüber.
»Der Jupiter, der sich zusammen mit Mercurio in den Zwillingen aufhält, nun, der schenkt Euch ein freundliches und liebevolles Naturell, aber auch einen großen Drang zu Freiheit und Unabhängigkeit. Doch dann haben wir noch zwei Kandidaten im Zeichen des feurigen Aries. Hier sind es Eigensinn und Durchsetzungskraft, die Euch Saturn beschert, und die Dame Venus, die Göttin der Liebe, die Euch mit stürmischer Leidenschaft segnet und Euch die Lust an Abenteuern verleiht.«
»Von ihr habe ich noch nicht viel bemerkt!«, murmelte Almut.
»Nein, noch nicht, Frau Almut, noch nicht!« Mit ungewöhnlich sanften Augen sah der Apotheker sie an, und sie erkannte, dass sie von Liebe und Leidenschaft, nicht von der Lust an Abenteuern gesprochen hatte. Sehr leise fuhr er fort: »Doch wenn die Zeit reif ist, wird Frau Venus Euch mit zärtlicher Hand geneigt machen. Ich lese es nicht in den Sternen, sondern in Eurem Herzen – Ihr seid zu tiefer, geduldiger Liebe fähig, und Ihr werdet mit großer Leidenschaft um sie kämpfen.«
Almut biss sich auf die Lippen, dann aber entzog sie sich den wissenden Blicken des Apothekers und drehte sich resolut um. Trine und Franziska bemerkten es, unterbrachen ihre eingehende Unterhaltung und näherten sich jetzt dem Tisch.
»Nun ja, Meister Krudener, wir sind natürlich nicht nur zu müßigem Geschwätz zu Euch gekommen. Unsere Köchin möchte auch noch einige Dinge aus Eurer Apotheke erwerben. Vor allem dieses köstliche Süßmittel aus dem Orient solltet Ihr ihr zu kosten geben. Sie kennt es noch nicht, aber ich denke, sie wird eine Verwendung dafür finden!«
»Ach ja«, krähte Krudener mit plötzlicher Heiterkeit. »Und dann stand noch in den Sternen, Euer Leben sei bestimmt durch eine unstillbare und äußerst heftige Neigung zu süßen Wecken!«
»Dann können sie nicht lügen!«
Lachend folgte Almut den anderen in die Apotheke und sah zu, wie Franziska sorgfältig Gewürze, Salz und getrocknete Früchte erstand, und als Krudener ihr das Kästchen mit dem staubfeinen Pulver hinhielt, beobachtete sie, wie sich Franziska weit vorbeugte und misstrauisch daran roch.
»Nur zu, bedient Euch.«
Sorgsam tauchte Franziska den Finger hinein und ließ etwas davon in ihre Handfläche fallen. Dann stippte sie mit der Zungenspitze den Zucker auf. Genießerisch schloss sie die Augen und meinte nach einer Weile verträumt: »Das Backwerk, das ich damit herstellen kann, das würde dem Jesuskind die Gaben der Heiligen Drei Könige wie Almosen erscheinen lassen. Oh, Entschuldigung, Frau Almut.«
Sie bezahlten ihre Waren und verstauten sie in den mitgebrachten Körben. Es war Zeit, heimzukehren, doch Mercurio in Gemini gewann noch einmal Macht über Almut, und sie fragte, als sie beinahe aus der Tür war: »Habt Ihr Pater Ivos Sterne auch schon einmal gedeutet, Meister Krudener?«
»Ich tat es, Kind. Und es setzte mich in Bestürzung, was ich dort las.«
»Warum?«
»Weil er ein unablässiger Kämpfer gegen sein Schicksal ist, Frau Sophia! Und nun geht endlich!«
9. Kapitel
D ie Christnacht war bewölkt, und ein feuchtkalter Wind ließ die eifrigen Gottes dienstbesucher frösteln, die andächtig die frohe Botschaft vernahmen. Schnee lag in der Luft, mehr, als in den vergangenen Tagen gefallen war.
Kühl war es auch in der Klosterkirche von Groß Sankt Martin, obwohl Dutzende von Wachskerzen ihr warmes Licht verbreiteten. Die Mönche hatten sich ohne Ausnahme zu dieser mitternächtlichen Stunde eingefunden, um die Geburt des Herrn zu feiern. Der Abt selbst hielt die Messe, doch obwohl seine Stimme
Weitere Kostenlose Bücher