Die Sünde aber gebiert den Tod
Ritter dort unterschieben wollen und ist anschließend wieder gegangen. Allein, durch die einsamen, finsteren Gassen...«
»Schon gut, schon gut. Ihr seid mir zu erfindungsreich, Franziska. Ich kann Euch heute Nacht nicht mehr folgen. Muss an diesem Wein liegen. Der ist ganz schön stark!«
»Auch nicht viel stärker als das fantastische Bier, das ich da gebraut habe!«
Almut begann zu kichern, und Franziska stimmte mit ein. Schließlich nahm sie einen letzten Schluck und meinte: »Zeit zu schlafen. Wir denken morgen weiter darüber nach!«
Trotz der nächtlichen Aufregungen war Almut am nächsten Morgen eine der Ersten, die auf den Beinen war. Das lag daran, dass es ihr beim Aufwachen plötzlichüberaus dringlich erschien, sich um das Findelkind zu kümmern. Vor allem aber wollte sie wissen, wer diesen Überfall in der Nacht begangen hatte. Das Glück war ihr hold, es hatte in den vergangenen Stunden nicht weiter geschneit, und so ließen sich die Spuren über den Innenhof gut verfolgen. Auch hinter der Umfriedung konnte man noch sehen, was sich abgespielt hatte. Die Fußabdrücke zeigten, dass sich die Eindringlinge von der Straße aus dicht an der Mauer entlangbewegt hatten, um hinter dem Hof, dort wo die Felder begannen, den alten Apfelbaum zu erklimmen. Vor der Pforte, auf der Eigelsteinstraße, verloren sich allerdings die Abdrücke in den Spuren von Karren und Schlitten, Maultieren und Menschen, die zu noch früherer Stunde in die Stadt gezogen waren, um ihren Geschäften nachzugehen. Almut folgte also den Fußstapfen außen an der Mauer entlang. Und hier wurde sie belohnt. Erst erregte ein unförmiger Gegenstand ihre Aufmerksamkeit, der dunkel am Fuß der Wand ruhte. Sie hob ihn mit spitzen Fingern auf und erkannte einen leeren Weinschlauch. Ein zweiter, sehr dunkler Hinweis hing in dem Brombeerbusch, dessen zähe, dornige Ranken für den Schmerzensschrei des Einbrechers verantwortlich waren. Ein handtellergroßer Fetzen Stoff hatte sich darin verfangen. Beides nahm Almut an sich, suchte dann weiter, fand aber keine Spuren mehr.
»Was hast du denn da?«, fragte Magda, als Almut mit ihren Fundsachen zu ihrem Häuschen ging.
»Hinterlassenschaften unserer ungebetenen Besucher.«
Natürlich hatte die Meisterin von dem nächtlichen Eindringen gehört und bat Almut zu sich in ihr Zimmer.
»Was hat das zu bedeuten, Almut? Ich könnte fast glauben, du hast deine Nase wieder in eine Angelegenheit gesteckt, die uns nur Verdruss bringt!«
»Das wird es sein, Magda. Ich hätte Pater Ivo in der Christnacht mit dem Kind auf dem Arm vor der Tür stehen lassen sollen.«
»Almut!«
»Verzeih, ich habe wenig geschlafen und mich auch ziemlich geärgert. Die Männer wollten in die Küche, und ich bin sicher, auf unseren Eintopf hatten sie es bestimmt nicht abgesehen. Gertrud hatte das Kind oben bei sich, und das ist der einzige Grund, warum sie dort eingebrochen sind.«
»Was können sie mit dem Kind wollen? Abgesehen davon – woher sollten sie denn von dem Findling wissen, den wir bei uns aufgenommen haben? Ist das nicht etwas weit hergeholt? Wahrscheinlich waren sie nur auf der Suche nach Wertsachen.«
»Nein, Magda, das kann ich mir nicht vorstellen. Wenn eines bekannt ist, dann die Tatsache, dass wir Beginen keine wertvollen Besitztümer horten.«
»Könnte die Köchin...?«
»Die ist arm wie eine Kirchenmaus. Zumindest hat sie außer ihrem Bündel Kleider nichts mitgebracht. Zudem wohnt sie in der Kammer neben mir, nicht in der Küche.«
»Dennoch – woher wussten sie von dem Kind? Und woher konnten sie wissen, dass es bei Gertrud schläft?« Almut schüttelte ungeduldig den Kopf.
»Nein, Magda, so unwahrscheinlich ist das nicht. Es ist doch kein Geheimnis. Die Mönche wissen es, die Novizen haben es in der Mette mitbekommen und sicher erfahren, wohin es gebracht wurde. Franziskaweiß es, und sie geht oft über den Markt... Zudem kann man das Kleine laut und deutlich hören, es hat eine gesunde, kräftige Stimme. Ich selbst zumindest habe in Melaten der Frau Gerlis davon berichtet.« Almut hielt einen Moment inne und schlug dann mit der Hand auf den Tisch. »Ah, Magda, das ist es! Diese Magd von Melaten, die Evvi, war gestern hier und hat Elsas Arzneien abgeholt. Elsa meinte, sie habe ziemlich viel geschwätzt und dumme Fragen gestellt. Ich glaube, ich muss mal mit unserer Apothekerin reden und horchen, was sie ihr alles erzählt hat.«
»Aber heilige Mutter Gottes, was wollen die Aussätzigen
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