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Die Sünde der Brüder

Die Sünde der Brüder

Titel: Die Sünde der Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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engen Treppe ab und schwang sich über sie hinweg. Er landete mit einem dumpfen Geräusch am Fuß der Treppe und riss die
Tür gerade noch rechtzeitig auf, um Percy mit verblüffter Miene an der Außenseite vorzufinden.
    Er lehnte sich hinaus, packte Percy am Ärmel und zerrte ihn in die winzige Kammer.
    »Hilf mir, sie hier fortzuschaffen!«
    »Was? Mein Gott! Natürlich. Wohin sollen wir sie bringen?« Percy umrundete Olivias Füße, während er anscheinend überlegte, wo er anfassen sollte. Ein merkwürdiges Rauschen ließ ihn zurückfahren.
    »Oh, Himmel!«, sagte Grey und blickte entsetzt auf die Pfütze, die sich zu seinen Füßen ausbreitete. »Olivia, geht es dir gut?«
    »Es ist kein Blut«, sagte Percy skeptisch, während er erfolglos versuchte, nicht in die Pfütze zu treten.
    »Mein neues Kleid!«, klagte Olivia.
    »Ich kaufe dir ein neues«, versprach Grey. »Zwei. Olivia, du musst aufstehen. Kannst du aufstehen?«
    »Soll ich jemanden holen? Einen Arzt?« Percy bewegte sich zögernd auf die Tür zu, doch Olivia hielt ihn an den Rockschößen fest.
    »Bitte … wartet«, sagte sie und setzte sich keuchend auf. Ihr Gesicht verlor zuerst jeden Ausdruck, dann nahm es eine Miene äußerster Konzentration an. Ihre Hand ließ Percys Rock los und fuhr an ihren Bauch. Ihre Augen wurden rund, genauso wie ihr Mund.
    Wenn sie schrie, ging es im Dröhnen der Orgel unter.
    »Oh, Gott.« Grey war auf den Knien und wühlte sich durch eine endlose Masse aus gelber Seide. Jetzt sah er Blut, aber nicht sehr viel. »Oh, Gott, geht es dir gut, Olivia?«
    »Das glaube ich wirklich nicht, John.« Percy musste schreien, um die Musik zu übertönen. Er zwängte sich neben ihr auf die Treppe und versuchte hektisch, ihr gleichzeitig die Haare zu streicheln und ihr mit dem Taschentuch das Gesicht abzuwischen. »Sollte sie jetzt schon -« Seine Worte gingen unter, als der Organist auf die Pedale trat, sich die großen Prinzipale über ihnen öffneten und ihr Klang die Treppe erbeben ließ.

    Grey hatte unter der Seide ein Bein aufgespürt, das sich vor Anstrengung verkrampft hatte. Das Gegenstück dazu musste irgendwo… Da! Er umfasste Olivias Knie und hoffte, dass die Geste sie beruhigte, während er versuchte, den Blick nicht auf das zu lenken, was sich womöglich zwischen ihren Beinen abspielte.
    Plötzlich glitt Olivia zu Boden und presste sich so fest gegen Percy, dass Grey ihn trotz der Musik grunzen hörte. Percy fasste sie an den Schultern und legte ihren zerzausten Kopf an seine Brust. Grey spürte, wie ihr ganzer Körper von einem Schauer durchlaufen wurde, der ihn sehr an die Klangwellen erinnerte, die auf sie einschlugen, und er senkte unwillkürlich den Blick.
    Dicht in ihrer Nähe krachte es, als die Außentüren aufgestoßen wurden, und unter dem Klirren der Schwerter und den Beifallsrufen der Soldaten glitt Grey ein länglicher, dunkelroter Gegenstand in die Hände, begleitet von einem Guss von Flüssigkeiten, der seiner cremefarbenen Seidenhose nicht sehr zuträglich war.
     
    »Ihr müsst beide seine Taufpaten werden«, teilte Olivia ihnen mit. Sie lag an der Jermyn Street in ihrem Himmelbett und hatte den Blick liebevoll auf den Säugling gerichtet, der sich an ihrer Brust festgesaugt hatte.
    Grey sah Percy an, der wiederum Mutter und Kind anstrahlte, als wäre er ein Renaissancekünstler, der sich auf Studien zum Thema Madonna e bambino spezialisiert hatte.
    »Es wäre uns eine Ehre«, sagte er lächelnd zu seiner Cousine. »Und jetzt solltest du dich, glaube ich, ausruhen. Und wir beide müssen das türkische Bad besuchen. Ist dir klar, dass dies schon die zweite Kleidergarnitur ist, die ich in diesem Monat verbrenne?«
    Olivia, die den kleinen Jungen in ihren Armen gedankenverloren bewunderte, ignorierte diese Bemerkung.
    »Was meinst du? John Percival Malcolm Stubbs? Oder Malcolm John Percival?«

    »Nennt ihn doch Oliver«, schlug Percy vor, während er sich die Hände mit den Überresten eines sehr fleckigen Taschentuchs säuberte.
    »Oliver?« fragte Olivia erstaunt. »Warum denn Oliver?«
    »Cromwell«, erklärte Grey, der sofort verstanden hatte, was Percy meinte. »Er hat den rundesten Kopf, den ich je gesehen habe.«
    Olivia sah ihn schief an, dann dämmerte es ihr ebenfalls.
    »Oh, Cromwell !«, sagte sie, doch statt zu lachen, blinzelte sie das Kind nachdenklich an. »Cromwell Stubbs? Das gefällt mir!«

18
    Endlich
    Das Zimmer war klein und sauber, bot aber abgesehen von einem Bett, einer

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