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Die Sünde der Brüder

Die Sünde der Brüder

Titel: Die Sünde der Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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»Du solltest ihr nie den Rücken zukehren; sie bringt es fertig, dir einen Hieb über den Schädel brummen und dich in einen Teppich gewickelt verschleppen zu lassen. Und wenn du in Gretna Green aufwachst, bist du frisch verheiratet.«
    Grey lachte, doch er gab Percy Recht.
    »Das würde sie. Was das angeht, bist du allerdings wohl genauso gefährdet wie ich - Lady Joffrey hat acht Cousinen und Nichten zu verheiraten!« Dann fiel ihm der ironische Zug um Percys Mund auf und begriff, was er damit gemeint hatte, dass es einige Dinge vereinfachen würde.
    »Oh, sie hat schon einen Vorstoß unternommen, wie?«, fragte er und verkniff sich das Lächeln. »Wen hat sie denn auf dich losgelassen?«
    »Melisande Roberts«, sagte Percy, und sein Mund verzog sich zu einer Miene schwacher Abneigung.
    »Oh, Melly?« Grey blickte zu Boden, um sein Lächeln zu verbergen. Er kannte Melisande schon sein ganzes Leben lang; sie hatten als Kinder zusammen gespielt. »Nun, sie ist ein lieber, gutmütiger Mensch. Und sie hat ein bescheidenes Einkommen.«
    »Sie hat den Umfang eines Bierfasses und ungefähr die gleiche Figur.«
    »Das stimmt«, räumte Grey ein. »Und doch - wäre es dir doch gewiss auch gleichgültig, wenn sie eine große Schönheit wäre?«
    Percy, der ein mürrisches Gesicht gezogen hatte, lächelte schief.
    »Nun … nein. Nicht, was das … nein. Aber ich möchte nicht mit einer gewöhnlichen Frau am Arm herumlaufen, als könnte ich keine Bessere bekommen!«
    »Darf ich mich dann geschmeichelt fühlen«, erkundigte sich Grey, »dass es dir recht ist, mit mir in der Öffentlichkeit gesehen zu werden?«

    Percy funkelte ihn an und stieß ein kurzes Lachen aus.
    »Oh, du, mein Teuerster, wärst sogar noch ein guter Fang, wenn du bankrott wärst und aus ganz gewöhnlichen Kreisen stammen würdest - etwa so wie ich.«
    »Danke für das Kompliment«, sagte Grey. Er ergriff Percys Arm und drückte zu, bis seine Finger durch die Schichten aus Stoff und Haut auf den Knochen drangen. »Wollen wir?«
    Percy hielt die Luft an, nickte rasch, und sie gingen ins Freie und spazierten schweigend die High Holborn Street entlang, ein jeder allein mit seinen Gedanken. Sie hatten vorgehabt, sich Macklin als Shylock im »Kaufmann von Venedig« anzusehen und im Beefsteak zu dinieren; Grey freute sich auf den Abend - und auf die folgende Nacht. Doch Percy war in Gedanken offenbar immer noch bei ihrer Unterhaltung.
    »Glaubst du, es ist wahr«, sagte er plötzlich leise, »dass wir verdammt sind?«
    Grey war kein großer Theosoph, und er machte sich auch keine besonderen Gedanken über die offizielle Lehrmeinung der Religion. Zu oft hatte er die unzensierte Meinung seines Vaters über den verblichenen Herrscher Henry und die Wirkung gehört, die dessen sexueller Juckreiz - und seine dynastischen Ambitionen - auf die Römische Kirche ausgeübt hatte.
    Dennoch waren Percys Augen dunkel und voller Sorge, und er hätte ihm gern etwas Erleichterndes gesagt.
    »Nein«, sagte er so unbeschwert wie möglich. »Der Mensch wurde als Ebenbild Gottes erschaffen, so heißt es zumindest. Außerdem heißt es, dass wir uns von den Tieren unterscheiden, weil wir vernunftbegabt sind. Also muss auch der Allmächtige über diese Vernunft verfügen, quod erat demonstrandum . Und ist es etwa vernünftig, Menschen zu erschaffen, deren innerste Natur - die man selbst festgelegt hat - dem eigenen Gesetz widerspricht und unvermeidlich zu ihrer Vernichtung führt? Wozu sollte denn das gut sein? Scheint dir das nicht eine höchst kapriziöse Vorstellung zu sein - ganz zu schweigen davon, welche Verschwendung es wäre?«
    Die Idee eines vernunftbegabten - und noch dazu sparsamen
- Gottes war Percy eindeutig noch nicht gekommen. Er lachte; sein Gesicht erhellte sich, und sie sprachen nicht weiter über dieses Thema.
     
    Dennoch kam Percy einige Tage später noch einmal darauf zurück. Es lag zweifellos daran, dass Percy seine Kindheit in einem religiösen Milieu verbracht hatte, dachte Grey. Oder Percy war schlicht noch nie mit einem Mann zusammen gewesen, der bereit war, im Bett über Philosophie zu diskutieren. Grey selbst zwar genauso wenig, doch er empfand es als unterhaltsame Abwechslung.
    Sie hatten die Kaserne getrennt verlassen und sich für einige gestohlene Stunden in Percys Unterkunft getroffen - wo sich Grey nun, nachdem sie zunächst die fleischlichen Freuden ausgekostet hatten, mit dem Kopf auf Percys Bauch wiederfand, der ihm als Kissen diente, während

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