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Die Sünde der Brüder

Die Sünde der Brüder

Titel: Die Sünde der Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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meinen Vater umgebracht, und ich weiß es.«
    Der Mann riss die Augen weit auf, doch es lag Panik, nicht Überraschung darin.
    »Was? Ihr - aber das ist doch Unsinn!« Adams wich hastig zurück und wehrte die Klinge mit den Händen ab. »Wirklich, Sir, ich muss doch protestieren! Wer erzählt Euch denn solchen - solchen Unfug?«
    »Meine Mutter«, sagte Grey.
    Adams wurde weiß, schob das Schwert beiseite und rannte los. Grey folgte ihm überrumpelt und sah ihn durch den Korridor
laufen, so schnell er konnte - doch am Ende stand Rafe O’Higgins’ kräftige Gestalt mit dem Knüppel in der Hand.
    Grey folgte ihm im Laufschritt, und Adams fuhr herum, um am Türknauf der nächstbesten Tür zu zerren, die jedoch abgeschlossen war. Adams verzog das Gesicht, als Grey näher kam, und er zwängte sich rückwärts in den Türrahmen.
    »Ihr könnt mich nicht umbringen!«, kreischte er mit angsterfüllter Stimme. »Ich bin unbewaffnet.«
    »Das war die Kakerlake, die ich gestern Abend in meinem Quartier zertreten habe, auch.«
    Adams hielt noch einen Moment die Stellung, doch als Grey in Stichweite kam, verlor er die Nerven und schoss davon. Er hastete an Grey vorbei und rannte um sein Leben.
    Doch er konnte nirgendwohin. Vor ihm erstreckte sich der Korridor, ein langer, halbdunkler Tunnel, der nur vom Regenlicht des Fensters am Ende erhellt wurde - ein Fenster, hinter dem es zehn Meter tief ins Leere ging. Adams hämmerte im Vorbeilaufen an die verschlossenen Türen und schrie um Hilfe, doch niemand antwortete ihm; die Türen waren abgeschlossen. Es war der Stoff, aus dem die Alpträume sind, und Grey fragte sich einen Moment lang, ob er den Alptraum hatte oder Adams.
    Ihm selbst fehlte die Kraft zu rennen, doch es war auch nicht notwendig. Seine Brust pulsierte mit jedem Herzschlag, und er konnte jeden seiner Atemzüge als Echo in seinen Ohren hören. Langsam schritt er durch den Flur, setzte einen Fuß vor den anderen. Sein Schwertknauf lag schlüpfrig in seiner Hand. Er bemerkte, dass er von einer Seite zur anderen schwankte und hin und wieder mit der Schulter an der Wand vorbeistreifte.
    Die Tür neben Hals Amtsstube öffnete sich, und ein neugieriger Kopf kam zum Vorschein. Mr. Beasley, Hals Sekretär. Adams sah ihn und hastete auf ihn zu.
    »Hilfe! Helft mir! Er hat den Verstand verloren; er wird mich umbringen!«
    Mr. Beasley schob sich die Brille höher auf die Nase, warf
einen einzigen Blick auf Grey, der mit dem Schwert in der Hand durch den Flur taumelte, und verschwand in Hals Amtsstube wie ein Maulwurf in seinem Loch. Er knallte die Tür zu, doch bevor er sie abschließen konnte, warf sich Adams mit seinem ganzen Gewicht dagegen.
    Beide Männer stürzten ineinander verkeilt in die Amtsstube, und Grey hastete ihnen nach, so schnell er konnte. Er kam gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie Mr. Beasley auf den Schreibtisch zuhechtete, jedoch durch Adams behindert wurde, der sich an sein Bein klammerte. Der Sekretär, der nicht mehr der Jüngste war und inzwischen ohne Brille und Perücke dastand, fischte einen Brieföffner aus dem Durcheinander und stach damit zutiefst indigniert auf Adams’ Hand ein.
    Adams heulte auf vor Schmerz, ließ ihn los und kugelte sich zusammen wie ein Igel. Mr. Beasley, dem jetzt der Kampfgeist aus den Augen leuchtete, ergriff La dernière guerre de la Bohème , Band III, mit beiden Händen und hieb es Adams mit Schwung über den Schädel.
    Grey stützte sich mit einer Hand am Türrahmen ab, und sein Gefühl, unentrinnbar in einem Traum gefangen zu sein, wurde noch stärker.
    »Überlasst ihn mir, Mr. Beasley«, sagte er sanft, als er sah, wie sich der ältere Herr keuchend nach einer neuen Waffe umschaute. Mr. Beasley blinzelte ihm blind zu, nickte dann aber und wich ohne ein weiteres Wort in den Flur zurück, verschwand in seiner Schreibstube und schloss die Tür.
    »Aufstehen«, sagte Grey zu Adams, der jetzt versuchte, unter Hals Schreibtisch zu kriechen. »Aufstehen, habe ich gesagt! Oder ich ramme Euch mein Schwert geradewegs in Euren feigen Hintern, das schwöre ich Euch.« Er stieß Adams zur Demonstration die Schwertspitze in die Pobacke, sodass dieser erschrocken aufschrie und sich an der Unterseite des Schreibtischs den Kopf stieß.
    Stöhnend und murrend kam Adams zum Vorschein. Auf Greys unsanfte Geste hin erhob er sich.
    »Bitte nicht.« Er schluckte sichtlich und wischte sich mit der
Hand über den Mund. »Ich flehe Euch an, Sir. Bitte nehmt mir nicht das Leben. Es wäre ein

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