Die Sünde der Brüder
wo man ihm mehrere Meter weißen Satins und belgischer Spitze reichte, die, wie man ihm versicherte, seine Patentochter, Lady Dorothea Jacqueline Benedicta Grey, enthielten. Minnie hatte mit der Idee gespielt, ihre Tochter Prudence oder Chastity zu nennen, doch Grey hatte sie davon abgebracht, mit der Begründung, es sei ungerecht, einem Kind die eigenen Vorstellungen von Tugendhaftigkeit aufzubürden.
Der General, der gerade von den Westindischen Inseln zurückgekehrt war, und Lady Stanley waren ebenfalls dabei. Sie standen dicht beieinander, und sie hatte ihm die Hand auf den Arm gelegt - die verkörperte eheliche Zuneigung. Grey lächelte seiner Mutter zu; sie erwiderte das Lächeln - und trat dann alarmiert vor, weil das Kind in seiner Umhüllung strampelte und Grey zu entgleiten drohte.
Benedicta rettete ihre Enkeltochter mit einem raschen Griff vor dem Untergang, hüllte sie fester in ihr Taufkleid und reichte ihrem Sohn das Kind mit einem skeptischen Blick zurück.
Minnie, die auf der anderen Seite des Taufbeckens stand,
warf ihm einen strengen Blick zu, war aber damit beschäftigt, ihre drei Söhne zu bändigen, die zwar alle ordnungsgemäß schwiegen, aber zappelten wie kleine, in Satin gekleidete Würmer. Hal schien an ihrer Seite im Stehen eingeschlafen zu sein.
Mr. Gainsborough, der Porträtmaler, der den Auftrag hatte, die Taufe im Bild festzuhalten, drückte sich im Hintergrund herum. Er winkte seinem Assistenten und blinzelte zwischen seinem Skizzenblock und der Szene vor ihm hin und her. Er fing Greys Blick auf und wies ihn mit einer Geste an, das Kinn zu heben und sich zum Licht zu drehen.
Grey hustete höflich und wandte sich stattdessen dem Priester zu, der ihn angesprochen hatte.
»Widersagst du dem Bösen und all seinen Werken, den Eitelkeiten der Welt und ihren Begehren und den Begierden des Fleisches, auf dass dich diese nicht beherrschen?«
»Ich widersage.« Minnies Schwester, die Taufpatin des Kindes, stand neben ihm und murmelte die Worte gemeinsam mit ihm.
»Glaubst du an Gott, den allmächtigen Vater, den Schöpfer des Himmels und der Erde? Und an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, unseren Herrn, der empfangen wurde durch den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria, gekreuzigt und begraben unter Pontius Pilatus; dass er ins Reich der Toten fuhr und wieder auferstand …«
Grey blickte in das schlafende Gesicht der Unschuld hinab und gelobte. Er wusste nicht, ob er das glauben konnte. Doch für sie würde er es versuchen.
Im Anschluss an die Taufe ratterte die Familie mit der Kutsche zu ihrem Haus am Rand des Hyde Parks heim. Die Bäume strahlten im herbstlichen Glanz, der Wind nahm ihre fallenden Blätter mit, und die Räder wirbelten im Vorüberfahren rote, goldene und braune Flecken auf.
Minnie und ihre Schwester gingen nach oben, um das Baby wieder der Obhut seines Kindermädchens anzuvertrauen, doch die Jungen verlangten nach Nahrung, und nachdem sie sich
mit Wonne ihrer Lackschuhe, ihrer Satinröcke und ihrer Rüschenkragen entledigt hatten, belagerten sie ihren Vater.
»Ich möchte Mandelplätzchen, Papa!«
»Nein, Apfelkuchen mit Rosinen!«
»Puddingteilchen, Puddingteilchen!«, piepste Henry unter allgemeinem Beifall.
»Ja, ja, ja, ja«, sagte Hal, der vergeblich versuchte, den Aufruhr unter Kontrolle zu bekommen. Er fuhr sich mit der Hand an den Kopf, der einen mitgenommenen Eindruck machte. »Kommt mit, die Köchin hat bestimmt etwas für uns.«
Er schob seine Mannen zielsicher vor sich her, blieb dann aber am Durchgang zur Küche stehen und richtete seine Augen auf Grey.
»Erweist Ihr uns die Ehre, ein Puddingteilchen mit uns zu essen, Mylord?«, fragte er höflich.
»Mit dem größten Vergnügen«, sagte John und grinste breit. »Eure Durchlaucht.«
Er reichte seinen Umhang einem Bediensteten und machte Anstalten, ihnen zu folgen, blieb dann aber stehen, weil sein Blick auf seinen Namen fiel. Jemand hatte die Morgenpost auf ein Silbertablett neben der Tür gelegt, und obenauf lag ein Brief, der an Lord John Grey adressiert war. Stirnrunzelnd griff er danach; wer schickte ihm denn einen Brief hierher?
Er brach das Siegel auf und faltete zwei Blätter auseinander. Das erste war eine Zeichnung, eine Skizze des Forum Romanum. Er erkannte den Blick vom Kapitolshügel. Die Nachricht auf dem zweiten Blatt war kurz und in einer klaren, geschwungenen Handschrift verfasst.
»Die Möwen am Tiber rufen die ganze Nacht, und sie rufen Deinen Namen
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