Die Sünde der Brüder
großer Fehler, das versichere ich Euch.«
»Ich will Euer verdammtes Leben gar nicht. Ich will den guten Namen meines Vaters zurück.«
Adams lief der Schweiß über das Gesicht, und seine Perücke war ihm nach hinten gerutscht, sodass die grauen Stoppelhaare darunter zu sehen waren.
»Und wie gedenkt Ihr, das zu bewerkstelligen?«, sagte er, anscheinend ermutigt durch die Neuigkeit, dass Grey nicht vorhatte, ihn umzubringen.
Grey trat blitzschnell dicht an ihn heran, packte mit der freien Hand sein Halstuch und schnürte es zu. Adams wurde rot im Gesicht und hieb und trat nach ihm. Ein Tritt traf ihn schmerzhaft am Schienbein, aber er achtete nicht darauf. Doch das Halstuch riss, bevor Adams die Augen aus dem Kopf quollen, und Adams ließ sich auf die Knie sinken und fasste sich theatralisch an den Hals.
Grey ließ sein Schwert fallen und zog den Dolch aus seiner Scheide. Er kniete sich ebenfalls hin, sodass er auf Augenhöhe mit Adams war, packte ihn an der Schulter und setzte die Spitze des Messers knapp unterhalb seines Auges an. Er hatte genug von Drohungen; mit einem kurzen Zucken stieß er Adams die Dolchspitze ins Auge und drehte sie.
Er ließ los und hörte den Dolch klappernd auf dem Boden landen. Adams’ Schrei schien von weit her zu kommen, gedämpft, als sei er unter Wasser. Ringsum verschwamm alles, und er schloss die Augen, um den Schwindel zu vertreiben.
Er musste sich anstrengen, um aufzustehen; es fühlte sich an, als lasteten zentnerweise Sandsäcke auf seinen Schultern. Doch schließlich gelang es ihm, und er stand schwankend da, während ihn heiße und kalte Wellen überspülten, seine Brustmuskeln in Flammen standen und sein linker Arm wie tot an seiner Seite hing.
Adams hatte sich zusammengerollt und beide Hände vor das Auge geschlagen. Er stieß ein schrilles Stöhnen aus, das
Grey furchtbar irritierte. Winzige Blutstropfen spritzten auf das Durcheinander der Papiere auf Hals Schreibtisch.
»Mein Auge, mein Auge! Ihr habt mich geblendet!«
»Ihr habt noch ein Auge, um Euer Geständnis zu verfassen«, sagte Grey. Er war furchtbar müde. »Mr. Beasley! Ich brauche Euch!«
36
»Ich widersage«
Reginald Holmes, leitender Steward von White’s Chocolate House, verbrachte den späten Abend friedlich damit, in seinem Büro die Zahlungen der Mitglieder abzurechnen. Er hatte gerade nach einem Kellner geklingelt, um sich noch einen Whisky bringen zu lassen, der ihm diese Aufgabe erleichtern sollte, als aus den Clubräumen unter ihm ein unheiliger Lärm zu ihm drang und er unter den Geräuschen der Beifallsrufe und umstürzenden Möbel seinen Tintenbehälter umkippte.
»Was geht denn jetzt vor sich, zum Kuckuck?«, fragte er gereizt und drückte sein Taschentuch in die Tintenpfütze, als einer der Kellner in seiner Tür erschien. »Schlafen diese Männer denn nie? Bringt mir bitte einen Lappen, Bob, ja?«
»Ja, Sir.« Der Kellner verneigte sich respektvoll. »Der Herzog von Pardloe ist hier, Sir, mit seinem Bruder. Der Herzog lässt Euch seinen Respekt entbieten, Sir, und er hätte gern, dass Ihr kommt und bei der Begleichung einer Wette im Buch als Zeuge zugegen seid.«
»Der Herzog von -« Holmes erhob sich und vergaß die Tinte an seinem Ärmel. »Und er will eine Wette begleichen?«
»Ja, Sir. Seine Durchlaucht ist ziemlich betrunken, Sir«, fügte der Kellner umsichtig hinzu. »Und er hat eine Reihe von Freunden in einem ähnlichen Zustand dabei.«
»Ja, das höre ich.« Holmes blieb einen Moment stehen und überlegte. Durch den Fußboden drangen einzelne Fetzen von For He’s a Jolly Good Fellow an sein Ohr. Er ergriff sein Abrechnungsbuch und schlug die Seite mit der Überschrift ›Graf von Melton‹ auf. Er strich die Überschrift sauber durch, änderte sie in ›Herzog von Pardloe‹ ab und führte mit einer grazilen
Handbewegung den Begriff ›Bruchschäden‹ darunter ein.
Die Sänger hatten jetzt die zweite Strophe - und so etwas wie Einklang - erreicht.
» We won’t go home until morning ,
We won’t go home until morning ,
We won’t go home until morning ,
’Till day-light doth appear !«
»Holt ein Fass einundzwanziger Santo Domingo herauf«, wies Mr. Holmes den Kellner an und schrieb fleißig weiter. »Ich setze es auf die Rechnung des Herzogs.«
Mit dröhnenden Kopfschmerzen und dunklen Ringen unter den Augen, aber makellos mit blau gestreifter Seide und Rüschen angetan, nahm Lord John Grey am folgenden Tag seinen Platz am Taufbecken von St. James ein,
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