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Die Sünde der Brüder

Die Sünde der Brüder

Titel: Die Sünde der Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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verbrannt.«
    »Warum denn das?« Fast hätte er sie angekläfft, und sie war so verschreckt, dass sie erneut die Augen zukniff. Dann betrachtete sie ihn, während sie sich offensichtlich ihre Worte zurechtlegte.
    »Weil«, sagte sie gleichmütig, »ich sie nicht behalten wollte. Hast du schon einmal den Ausdruck gehört, ›Lasst die Toten die Toten begraben‹, John? Was vorbei ist, ist vorbei, und ich werde mich nicht an die Überbleibsel klammern.«
    Einen Moment lang kämpfte er gegen den Impuls an, etwas zu sagen, das er später bedauern würde - doch dann fiel sein Blick auf die Miniatur auf ihrer Ankleidekommode. Sie stand dort seit dem Tag, an dem Gerard Grey sie ihr gegeben hatte. Grey hatte seit Jahren keinerlei Notiz mehr davon genommen.
Jetzt nahm er Notiz davon, und es verblüffte ihn zu sehen, wie sehr das Porträt dem Bild ähnelte, das er in seinem Rasierspiegel sah. Sein Vater war zwar dunkelhaarig gewesen, und er war blond, aber ansonsten… So viel zu den Chancen seiner Mutter, die Vergangenheit zu vergessen, selbst wenn sie es gewollt hätte.
    »Also wirklich, Mutter«, sagte er nachsichtig, »du bist eine lausige Lügnerin. Wovor hast du Angst?«
    »Was? Was zum Teufel meinst du damit?«, rief sie entrüstet aus. Es kam nicht oft vor, dass sie fluchte, und er fand es amüsant, wenn sie es tat, doch er verkniff sich das Lächeln.
    »Ich meine«, sagte er geduldig und wies auf die Miniatur, »dass du, wenn du der Welt einreden willst, dass du keinen Gedanken mehr an meinen Vater verschwendest, dieses Bild wegräumen solltest. Und wenn du jemandem sagst, dass du etwas vernichtet hast«, fügte er hinzu und wies kopfnickend auf ihren Sekretär, »solltest du nicht auf die Stelle blicken, wo du es versteckt hast.«
    Sie öffnete den Mund, stellte aber fest, dass sie nichts zu sagen hatte, und schloss ihn wieder. Sie funkelte ihn mit zusammengekniffenen Augen an.
    »Wenn du diese Tagebuchseite nicht haben möchtest«, sagte er, »hätte ich sie gern.«
    »Nein«, sagte sie prompt.
    »Ist ihr Inhalt denn so gefährlich? Hast du sie Hal gezeigt?« Er konnte nicht verhindern, dass sich ein Hauch von Verärgerung in seinen Tonfall schlich. »Ich bin doch keine zwölf mehr, Mutter.«
    Da sah sie ihn lange an, und ein seltsamer Ausdruck des Bedauerns huschte über ihr Gesicht.
    »Leider«, sagte sie. Dann sackten ihre Schultern zusammen, und sie senkte den Kopf und wandte sich ab, während sie sich mit zwei Fingern zwischen den Augenbrauen rieb.
    »Ich überlege es mir, John«, sagte sie. »Mehr kann ich dir nicht versprechen. Jetzt lass mich bitte; ich habe furchtbare Kopfschmerzen.«

    »Lügnerin«, wiederholte er, aber ohne Wut. »Soll ich dir deine Zofe schicken?«
    »Bitte.«
    Dann ging er hinaus, machte jedoch an der Tür kehrt und steckte den Kopf noch einmal ins Zimmer.
    »Mutter?«
    »Ja?«
    »Wenn du jemandem einreden willst, dass du keine Angst hast - musst du ihm ins Auge sehen. Gute Nacht.«
     
    Wie sich herausstellte, hatte Percy Wainwright noch nie ein Schwert angefasst, ganz zu schweigen davon, es in kämpferischer Absicht zu benutzen. Um diesen schockierenden Mangel zu beheben, erklärte er sich bereit, Grey und Melton zu ihrer wöchentlichen Übungsstunde zu begleiten, um eine Einführung zu erhalten.
    Der Fechtsaal, der von den Greys bevorzugt wurde, befand sich an der Monmouth Street in einem kleinen, heruntergekommenen Gebäude, das in Sichtweite von St. Giles zwischen einem Pfandleiher und einem Stoffhändler eingezwängt war und von einem kleinen Sizilianer betrieben wurde, dessen Fechtkunst nur von seiner Ausdrucksweise an Einzigartigkeit übertroffen wurde.
    »Werdete fett«, sagte Signor Berculi ohne Umschweife und stieß Hal unsanft vor den ausgesprochen flachen Bauch. »Keine Übung, zwei Wochen! Macht Euch eine Pidocchio Ende, schiebte Euch Schwert in fetten Hintern.«
    Hal, der Signor Berculis Benehmen gewohnt war, ignorierte diese Höflichkeit und stellte ihm Mr. Wainwright als neues Mitglied der Familie und des Regiments vor.
    Der Signor umkreiste Percy kopfschüttelnd und biss sich bestürzt auf den Finger. Percy machte einen etwas angespannten Eindruck, doch der Blick, den er Grey zuwarf, war belustigt.
    »So alt, so alt!«, jammerte Signor Berculi. Er blieb vor Percy stehen und piekste ihn kritisch in den Oberarm. Er wies mit seiner kleinen, schwieligen Hand auf Grey. »Dieser da, Schwert
in Wiege. Ihr? Pah!« Er spuckte aus, schüttelte sich heftig und bekreuzigte

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