Die Sünde der Brüder
Karten wären das Spielzeug des Teufels und sie würden mich direkt in die Hölle führen. Ich frage mich, ob ich ihr wohl begegnen werde und ihr sagen kann, dass sie Recht hatte? Obwohl das natürlich bedeuten würde, dass sie auch in der Hölle gelandet wäre, nicht wahr? Das geschähe ihr ganz recht mit ihrem ewigen Schandmaul.«
Grey ging nicht auf seinen Ablenkungsversuch ein.
»Und Richard Caswell hat Euch meinen Namen genannt? In welcher Verbindung, wenn ich fragen darf?« Er war mehr als überrascht zu hören, dass Caswell von ihm gesprochen hatte - eigentlich bezweifelte er es ernsthaft. Dickie Caswell wäre schon lange tot, wenn er so sorglos mit den ihm anvertrauten Geheimnissen umgehen würde.
Bates warf ihm einen langen, verschlagenen Blick zu, dann schüttelte er den Kopf und lachte.
»Spielt Ihr Karten Major?«
»Nicht oft.«
»Das solltet Ihr aber. Wie ich sehe, fallt Ihr nicht so schnell auf einen Bluff herein.« Er bewegte die Füße, und seine Eisen klirrten.
»Nein, Caswell hat Euren Namen nicht erwähnt. Er hatte wieder einmal einen dieser bösen Hustenanfälle und musste sich seine Medizin besorgen. Ich habe die Gelegenheit genutzt, in seinem Schreibtisch zu kramen. Er hat sein Tagebuch in einem Code verfasst, der alte Schlaumeier, aber er hatte ›Lord John Grey‹ auf seinem Löschpapier stehen. Ich wusste zwar nicht, wer Ihr seid, aber wie es der Zufall wollte, habe ich am selben Abend mit Melton gespielt, und er hat von seinem Bruder John gesprochen. Susannah kannte die Frau Eures Bruders
und hatte die Geschichte mit Eurem Titel gehört, und … voilà.« Er lächelte Grey kameradschaftlich zu.
Grey spürte, wie sich die Faust in seiner Magengegend allmählich lockerte. Doch bei den nächsten Worten des Hauptmanns ballte sie sich wieder.
»Und dann habe ich natürlich etwas später mitbekommen, wie Euch Mr. Bowles’ Sekretär erwähnt hat.«
Der Name »Bowles« durchfuhr ihn wie ein Blitzschlag, gefolgt von einem etwas schwächeren Schock bei dem Wort»Sekretär«.
»Neil Stapleton?«, fragte er, überrascht über den ruhigen Klang seiner eigenen Stimme.
»Seinen Namen kenne ich nicht. Ein blonder Kerl mit einem hübschen Mädchengesicht und mürrischer Miene?«
Es gelang Grey zu nicken. »Mit Mr. Bowles habt Ihr Euch auch getroffen?«, fragte er. Dickie Caswell handelte mit Geheimnissen. Hubert Bowles handelte mit Menschenleben. Vermutlich im Auftrag der Regierung.
»Wenn ich Euch das sage, würde ich ihn doch verpfeifen, oder?« Bates legte den Kopf zurück und trank den Rest des Brandys. »Gott, ist der gut!«
»Ich weiß nichts über die konkreten Vorwürfe gegen Euch«, sagte Grey vorsichtig. »Das Material, das Ihr an Melchior Ffoulkes weitergegeben habt - kam das von Mr. Bowles?« Und wenn ja, was für ein Spiel spielte Bowles eigentlich?
Bates hielt sich die Faust vor den Mund, um einen Rülpser zu unterdrücken, und warf ihm einen Blick zu.
»Ich mag ja ein Spieler, ein Verräter und ganz allgemein ein Gauner sein, Grey. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass ich keine Ehre im Leib habe. Ich verrate meine Mitstreiter nicht. Glaubt mir, das haben schon andere versucht. Niemand wird baumeln, weil ich geplaudert habe.«
Er stellte die leere Flasche auf den Kopf. Ein einzelner Tropfen fiel auf den Tisch, und sein warmes Aroma brachte willkommene Erleichterung vom kalten Geruch des Terpentins.
Bates berührte den Tropfen mit dem Finger und leckte ihn nachdenklich ab.
»Wie heißt es so schön - ›Wer durch das Schwert lebt, soll auch durch das Schwert umkommen‹? Ich nehme an, damit seid Ihr vertraut, oder?«
»Ich habe es schon einmal gehört, ja.« Greys Verstand arbeitete wie ein Kohlengräber in Wales, und rings um seine Füße häuften sich die Vermutungen wie große schwarze Brocken. Er versuchte es mit ein oder zwei weiteren Fragen in Bezug auf Bowles und Stapleton, doch diese wurden nur mit einem Achselzucken beantwortet. Bates hatte ihm zwar Bowles’ Namen genannt, war aber nicht bereit, weiter zu gehen. War dies seine alleinige Absicht gewesen?, fragte sich Grey.
»Ihr habt mich rufen lassen«, betonte er. »Ich nehme an, dass Ihr mir irgendetwas sagen wollt.«
»Nein, ich möchte Euch um etwas bitten. Einen Gefallen. Eigentlich sogar zwei.« Der Hauptmann betrachtete ihn mit ernstem Blick, als versuchte er einzuschätzen, ob sich ein fragwürdiges Blatt nicht doch noch vorteilhaft ausspielen ließ.
»Was denn?«
»Susannah«, sagte der Hauptmann
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