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Die Sünde der Brüder

Die Sünde der Brüder

Titel: Die Sünde der Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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oder?«
    Danach schien es nichts mehr zu sagen zu geben. Er nickte, dachte kurz daran, Bates zum Abschied die Hand zu reichen, überlegte es sich dann aber anders. Dann kam ihm noch ein anderer Gedanke.
    »Eine letzte Frage, Hauptmann - wenn Ihr gestattet?«
    Bates machte eine ausladende Handbewegung.
    »Ich habe alle Zeit der Welt, Major. Bis Mittwoch, heißt das.«
    »Ich respektiere Eure Entschlossenheit, die Namen Eurer Mitverschwörer zu schützen, sofern sie noch frei sind. Doch vielleicht könnt Ihr mir eines sagen: Sind unter ihnen auch Jakobiten?«
    Die verständnislose Überraschung in Bates’ Gesicht war so offensichtlich, dass sie unter anderen Umständen sogar lächerlich gewesen wäre.
    »Jakobiten?«, sagte er. »Gott, nein. Wie kommt Ihr denn darauf?«
    »Es hat schließlich mit Frankreich zu tun«, erklärte Grey. Bates zuckte mit den Achseln.
    »Nun, ja. Aber auch den Froschfressern geht es nicht immer nur um Religion, ganz gleich, was der alte Louis dem Papst erzählt. Und die Sache der Stuarts ist mindestens so tot, wie ich es Mittwoch sein werde. Louis ist im Grunde seines Herzens ein Kaufmann, und er wird sein Geld nicht zum Fenster hinauswerfen. Außerdem wollte er sowieso nie, dass James Stuart den englischen Thron besteigt, und er hat nie damit gerechnet, dass er es tut. Er wollte nur davon ablenken, dass er sich gleichzeitig in aller Stille Brüssel einverleibt hat.«
    »Ihr wisst ja eine ganze Menge darüber, was König Louis will.«
    Bates nickte bedächtig.

    »Und Ihr wisst, was ich will, Major. Unsere Abmachung gilt. Aber wenn Mr. Bowles seinerseits einen Handel zu schließen sucht…« Er zog eine Augenbraue hoch, und Grey sah einen Nerv an seinem Kinn zucken. »Dann bleiben ihm noch vier Tage.« Doch das sagte er ohne jede Hoffnung.
    Grey verneigte sich und setzte seinen Hut auf.
    »Dann sehen wir uns Mittwoch.«
    Er war schon fast an der Tür, als er stehenblieb und sich kurz umwandte.
    »Ich schicke Euch Dienstagabend den Brandy.«
     
    Percy Wainwright sollte am Mittwoch von seiner Reise zurückkehren. Grey dachte daran, ihm eine Note zu senden und ihn zu bitten, ihn zu begleiten, tat es aber nicht. Denn er wusste, wie es sein würde.

14
    Der Ort der Hinrichtung
    Grey war schon immer der Meinung gewesen, dass das Tosen eines Pöbels eines der schlimmsten Geräusche war, die es gab. Schlimmer als das Heulen eines Hurrikans oder ein Donnerschlag in unmittelbarer Folge eines sehr nahen Blitzes. Der Pöbel selbst war nicht weniger wahllos und todbringend als andere Naturgewalten. Der einzige Unterschied, so dachte Grey, war, dass niemand einen Pöbel als höhere Gewalt bezeichnen würde.
    Er spreizte die Füße ein wenig, um im Gewoge der Menschen, die den Tyburn Hill hinaufströmten, nicht den Halt zu verlieren, und hatte die eine Hand auf seinem Schwertknauf liegen, die andere auf seinem Dolch. Er hatte eine Weile darüber nachgedacht, ob er seine Uniform anziehen sollte oder nicht, schließlich aber beschlossen, dass es sein musste. Soldaten erfreuten sich natürlich nicht unbedingt allgemeiner Beliebtheit, und es kam durchaus vor, dass sich eine aufgebrachte Menge gegen sie wandte. Doch wenn es der Sinn seiner Anwesenheit war, Michael Bates Zuversicht einzuflößen, so musste er erkennbar sein. Zu diesem Zweck hatte er seine Uniform angelegt, sich so dicht am Galgen postiert, wie es ihm möglich war, und seinen Posten grimmig verteidigt.
    Er hoffte, dass der Brandy rechtzeitig angekommen war, doch es war nicht zu sagen. Er hatte sich direkt nach Tyburn begeben, statt dem Karren von Newgate aus zu folgen, wie es viele der Schaulustigen taten. Als das Gefährt nun angerumpelt kam, waren die drei Gefangenen derart mit Schlamm und Abfall übersät, dass sie für die Hetzjagd gefesselte Bären hätten sein können.

    Und es war tatsächlich eine Hetzjagd.
    Hungrig erhob sich der Lärm beim Anblick der Gefangenen, und es hagelte Steine und Abfälle aus der Menge - auch wenn das meiste davon wieder in die Menge zurückfiel, da die große Entfernung verhinderte, dass die Wurfgeschosse ihr Ziel erreichten. Schmerzens- und Protestlaute gingen in dem gewaltigen Dröhnen unter, das so bedrohlich klang wie der Lärm eines Hornissennestes.
    Er spürte es bis in die Knochen - und damit ein Echo des Grauens, das diejenigen erfüllen musste, denen dies alles galt.
    Auch der Prediger, der hinter dem Karren mit den Delinquenten herging, war über und über vollgeschmiert, obwohl sein grimmiges

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