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Die Suende der Engel

Die Suende der Engel

Titel: Die Suende der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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einzuschenken. Und sie müssen uns helfen, Kontakt zu Mario und Tina herzustellen.
Vielleicht gibt es dort in der Nachbarschaft jemanden, der nach den beiden sehen und ihnen bestellen kann, sie möchten bei uns anrufen.«
    »Ja, dann können wir doch aber gleich zu den Beerbaums...«
    Sie sah ihn mit einem Blick an, als sei er ein bockiges Kind. »Lassen Sie uns telefonieren. Lassen Sie mich telefonieren. Sie würden derzeit nur ein Fiasko inszenieren.«
    Kann sein, daß sie recht hat, dachte er später im Taxi in Hamburg, ich würde die Nerven verlieren, Beerbaum schütteln, ihn...
    Er unterbrach seine Gedanken, spürte, daß ihm der Schweiß ausbrach. Mit der Hand fuhr er sich über die Stirn, starrte zum Fenster hinaus. Ein trüber, verhangener Tag, zu kühl für die Jahreszeit. Ihm fielen glühend heiße, gewitterschwere, blütenduftende Sommertage seiner Kindheit ein. Das alte, unpraktisch und verwinkelt gebaute Pfarrhaus auf dem Land hatte einen herrlichen Garten gehabt, voller Obstbäume, wuchernder Hecken und verschwiegener, verträumter Plätze. Manchmal hatte er darin gespielt, nicht oft. Sein Vater sah es nicht gern, wenn seine Kinder ihrem Vergnügen nachgingen.
    »Tu etwas Nützliches und stiehl dem Herrgott nicht die Zeit!« lautete sein gängiger Ausspruch. Paula, der Tochter, war diese Einstellung in Fleisch und Blut übergegangen. Hatte sie je etwas nicht Nützliches getan? Und er? War er anders als sie?
    Er seufzte tief.
    Karen wandte sich ihm zu. »Wovor haben Sie solche Angst?«
    »Dieser Bruder... er ist psychisch krank. Was, wenn der andere...«
    »... es auch ist? Michael, das ist ja eine Art Sippenhaft, was Sie da veranstalten. Warum sollte das denn so sein?«
    »Es könnte so sein.«
    »Dafür gibt es keinen Anhaltspunkt.«
    »Trotzdem«, sagte er beharrlich. Er fühlte sich sehr elend. Wovor haben Sie solche Angst? hatte Karen gefragt. Guter Gott, beinahe empfand er Ärger. Seine einzige Tochter, sein Kind, alles, was er hatte, schwebte in Lebensgefahr. Zumindest, versuchte er sich rasch zu beruhigen, denke ich, sie schwebt in Lebensgefahr. Aber das ist für mich genauso schlimm. Es ist die Hölle.
    Das Taxi hielt vor dem Haus, in dem Karen wohnte.
    »Sie kommen jetzt zu mir«, befahl Karen. »Sie kriegen erst mal einen Schnaps, und ich rufe die Beerbaums an. Okay?«
    Willenlos folgte er ihr die Treppen zur Wohnung hinauf, registrierte kaum, wie schwer Karens Tasche wog. Er merkte nicht einmal, wie schlecht es in dem Haus roch, daß die Tapete abblätterte, daß Feuchtigkeit die Wände durchzog. Karen schloß umständlich die Wohnungstür auf. »Es ist ein bißchen unordentlich hier. Stören Sie sich nicht daran.«
    Er balancierte über herumliegende Turnschuhe, alte Zeitschriften, leere Teetassen hinweg. Im Wohnzimmer stand ein Bügelbrett aufgebaut, auf dem Sofa stapelten sich zahlreiche zerknitterte Wäschestücke.
    »Tut mir leid«, sagte Karen, »als mir der Einfall kam, nach München zu fliegen, hatte ich mich gerade zum Bügeln aufgerafft.« Sie schnupperte in die Luft. »Riecht ziemlich abgestanden hier, nicht? Ich mach’ mal das Fenster auf. Setzen Sie sich doch!«
    Er stellte die Tasche in eine Ecke und setzte sich in den einzigen Sessel, der nicht mit Pullovern und Hosen belegt war. Karen brachte zwei Gläser und eine Flasche Cognac.
    »Sie werden sehen, das hilft.« Sie schenkte ein, reichte
ihm sein Glas, kippte den Inhalt des ihren in einem Zug hinunter. »Ich werde jetzt Beerbaums anrufen.«
    Michael nippte an seinem Cognac. Er beobachtete, wie Karen ein Branchentelefonbuch unter dem Sofa hervorzog - eigenartiger Aufbewahrungsort, dachte er - und darin blätterte.
    »Steuerberatung...«, murmelte sie, und dann triumphierend: »Beerbaum, Phillip. Das ist er!«
    Rasch wählte sie die Nummer. Während sie wartete, daß jemand abnahm, runzelte sie plötzlich die Stirn. »Eigenartig«, sagte sie, »der alte Mann erwähnte doch, Mario habe Steuerberater werden wollen wie sein Vater. Aber er studiert Jura. Das paßt doch nicht, oder?«
    »Vielleicht hat er es sich anders überlegt«, meinte Michael.
    Karen verzog das Gesicht. »Anrufbeantworter! Mist!«
    Sie legte den Hörer auf und schickte sich an, erneut unter das Sofa zu tauchen. »Jetzt versuch’ ich’s über die Privatnummer.«
    Michael stand auf. »Wir hätten gleich hinfahren sollen!«
    »Ich finde«, begann Karen, aber sie wurde unterbrochen. Es klingelte an der Tür.
    Sie rappelte sich auf und verschwand im Flur. Michael

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