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Die Sünde des Abbé Mouret

Die Sünde des Abbé Mouret

Titel: Die Sünde des Abbé Mouret Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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so
etwas kümmerte. »Gewiß, doch,« murmelte er. »Sie wollte es ja gern.
Gezwungen habe ich sie zu nichts. Um so schlimmer, wenn der Vater
Bambousse sie mir nicht geben will. Sie haben selbst gesehen, wie
sein Hund mich eben beißen wollte, er hetzt ihn auf mich.«
    Der Abbé Mouret wollte weiterreden, als der alte Artaud, Brichet
genannt, dessen er erst jetzt ansichtig wurde, aus dem Schatten
eines Busches auftauchte, hinter dem er mit seiner Frau beim Essen
saß. Er war klein, altersdürr und von bescheidenem Gebaren. »Sicher
hat man Ihnen Lügengeschichten erzählt, Herr Pfarrer,« rief er.
»Der Junge will ja gern die Rosalie heiraten. Die Kinder sind
miteinander gegangen. Niemand kann dafür. Andere haben's ebenso wie
sie gemacht und lebten darum später nicht weniger ehrbar zusammen.
Die Angelegenheit hängt von uns nicht ab. Mit Bambousse müssen sie
sprechen. Er will nichts von uns wissen, weil er Geld hat.«
    »Gewiß, zu arm sind wir,« jammerte die
Mutter, eine große, weinerliche Frau, die nun ihrerseits erschien.
»Wir besitzen nichts als dieses Stückchen Land, auf das der Teufel
Steine hageln läßt, so wahr ich hier stehe; davon leben können wir
nicht. Ohne Sie, Herr Pfarrer, wäre das Dasein nicht
auszuhalten.«
    Mutter Brichet war die einzige Betschwester des Dorfes. Nach der
Kommunion strich sie um die Pfarrei, weil sie wußte, daß die Teusin
ihr immer ein paar Brote aufhob vom letzten Backtag. Manchmal sogar
zog sie mit einem von Desiderata geschenkten Huhn oder Kaninchen
ab.
    »Ärgernisse ohne Ende,« nahm der Priester den Faden wieder auf.
»Die Hochzeit muß so schnell als möglich stattfinden.«
    »Aber sofort, wenn's den anderen recht ist,« sagte die Alte,
sehr beunruhigt, der Geschenke wegen. »Nicht wahr, Brichet, wir
sind keine so schlechten Christen, daß wir dem Herrn Pfarrer
zuwider sein wollen.« Fortunat grinste. »Ich will gleich,« erklärte
er, »und die Rosalie auch… Ich habe sie gestern getroffen, hinter
der Mühle. Wir sind gar nicht böse miteinander, im Gegenteil. Wir
sind stehengeblieben und haben Spaß gemacht… « Der Abbé Mouret fiel
ihm in die Rede:
    »Es ist gut, ich will mit dem Vater reden. Er ist da drüben bei
den Oliven, glaube ich.« Der Priester entfernte sich, da fragte ihn
die Mutter Brichet nach dem Verbleib ihres jüngeren Sohnes Vinzenz,
der seit früh unterwegs sei, um die Messe zu bedienen. Der Bengel
habe die Ermahnungen des Herrn Pfarrers arg nötig. Und sie
begleitete den Priester einige hundert Schritt, klagte über ihr
Elend, den Mangel an Kartoffeln, über den Frost, der die Oliven zugrunde richtete, über die Hitze, die die
spärliche Ernte versengte. Sie verließ ihn mit der Versicherung,
ihr Sohn Fortunat spreche morgens und abends seine Gebete.
    Packan überholte jetzt den Abbé Mouret. Plötzlich, an einer
Straßenbiegung, lief er querfeldein. Der Abbé mußte einen schmalen
Weg einschlagen, der einen Hügel hinauf führte. Er war bei den
Olivettes, dem fruchtbarsten Gebiet der Gegend, wo Artaud,
Bambousse genannt, Bürgermeister der Gemeinde, mehrere Kornfelder,
Oliven und Weinberge besaß. Der Hund sprang an einem großen braunen
Mädchen empor, die beim Anblick des Priesters breit lächelte.
    »Ist Ihr Vater hier in der Nähe, Rosalie?« sprach der Priester
sie an.
    »Da, gleich nebenan,« sagte sie, die Hand ausstreckend und
lächelte immerfort.
    Dann trat sie vom Feldstreifen, den sie jätete und ging vor ihm
her. Ihre noch wenig vorgeschrittene Schwangerschaft machte sich
nur in einer stärkeren Rundung der Hüften bemerkbar. Sie hatte den
stark wiegenden Gang hart arbeitender Frauen, ihr Nacken war
gerötet und die schwarzen Haare wuchsen mähnendicht. Sie trug keine
Kopfbedeckung in der Sonne. Ihre grün angelaufenen Hände rochen
nach den Kräutern, die sie ausgerissen hatte.
    »Vater,« rief sie, »der Herr Pfarrer will mit dir reden.« Und
frech, kaum nach ihm sich umwendend, hielt ihr dreistes Lächeln
voll Schamlosigkeit und Verstocktheit stand. Bambousse, rundköpfig,
fett und schwitzend, ließ seine Arbeit im Stich und ging fröhlich
auf den Abbé zu.
    »Wetten könnte ich, Sie wollen mit mir von der
Ausbesserung der Kirche sprechen,« sagte
er, sich die Erde von den Händen klopfend. »Unmöglich, Herr
Pfarrer, da ist nichts zu machen. Die Gemeinde hat keinen
Pfennig … Wenn der liebe Gott Mörtel und Dachziegeln liefert,
stellen wir die Maurer.«
    Diese Witzelei eines ungläubigen Bauern brachte ihn unbändig

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