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Die Sünde des Abbé Mouret

Die Sünde des Abbé Mouret

Titel: Die Sünde des Abbé Mouret Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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entschied sich für große Sträuße.
    »Immerzu, rührt euch,« schnob die Alte wieder los, neuerdings
auf dem Schemel. »Hier soll nicht geschlafen werden … Willst
du wohl den Altar küssen, Mette! Du glaubst wohl, du bist in eurem
Stall? Herr Pfarrer, sehen Sie doch, was
die da hinten treiben. Sie lachen wie die Blöden.«
    Eine der zwei Lampen wurde in die Höhe gehoben, der dunkle
Kirchenwinkel aufgehellt. Unter der Galerie belustigten sich drei
große Mädchen damit, einander herumzustoßen; eine war mit dem Kopf
in das Weihwasserbecken gefallen, was die anderen derart zum Lachen
brachte, daß sie sich auf die Erde fallen ließen, um sich nach
Herzenslust auszulachen. Sie kamen hervor, sahen den Pfarrer
verstohlen an, ließen sich beglückt ausschelten, standen mit
hängenden Armen, die ihnen an die Schenkel schlugen.
    Dies aber brachte die Teusin gründlich auf, sie gewahrte
plötzlich Rosalie, die wie die anderen zum Altar heraufstieg mit
ihren Ästen.
    »Hinunter mit dir,« schrie sie, »an Frechheit mangelt es dir
nicht, mein Töchterchen! … Nur zu, etwas eilig, mach', daß
dein Gemüse verschwindet.«
    »Nun, warum nicht gar!« meinte Rosalie unverschämt. »Man wird
mich doch vielleicht nicht im Verdacht haben, es gestohlen zu
haben.«
    Die großen Mädchen drängten herzu, stellten sich dumm und
tauschten glänzende Blicke.
    »Mach', daß du fortkommst,« wiederholte die Teusin, »du gehörst
nicht her, verstehst du mich!«
    Dann verlor sie ihr weniges an Geduld und sagte ein sehr starkes
Wort, das zufriedenes Gelächter unter den Bauernmädchen
entfesselte.
    »Nun, und?« sagte Rosalie. »Wissen Sie etwa, was die anderen
tun? Sie sind nicht nachsehen gegangen, nicht wahr?«
    Und sie glaubte in Tränen ausbrechen zu
müssen, warf die Zweige hin und ließ sich einige Schritte vom Abbé
Mouret beiseite führen, der sehr streng mit ihr sprach. Er hatte
den Versuch gemacht, die Teusin zum Schweigen zu bringen; es begann
ihm ungemütlich zu werden inmitten der kecken Schar großer Mädchen,
die sich in die Kirche drängten mit ihren grünen Wedeln. Bis vorne
zum Altar hin standen sie, umgaben ihn als lebendiger Wald, der den
kräftigen Hauch duftender Hölzer ihm zutrug wie ein Wehen von dem
Gliedergefüge stark arbeitender Frauen.
    »Beeilen wir uns, beeilen wir uns,« sagte er und klatschte
leicht in die Hände.
    »Tausend! Ich wär' auch lieber in meinem Bett,« murrte die
Teusin, »Sie glauben wohl, daß es bequem ist, all dies Gestänge
festzubinden!«
    Indessen wurde sie damit fertig, zwischen den Leuchtern hohe
Sträuße aus Grün festzuknüpfen. Dann klappte sie den Schemel
zusammen, den Katharina hinter den Hochaltar trug. Jetzt galt es
nur noch dichte Gebüsche zu beiden Seiten des Altartisches
aufzurichten. Die letzten grünen Garben genügten für diesen kleinen
Pflanzenstand; es blieben sogar Zweige übrig, mit denen die Mädchen
den Boden bestreuten bis vor die hölzerne Balustrade. Der Altar der
Jungfrau war anzusehen wie ein froher Hain, eine grün umbuschte
Waldnische mit grünendem Rasen davor.
    Die Teusin war jetzt bereit, dem Abbé Mouret ihren Platz
einzuräumen. Dieser stieg zum Altar empor und klatschte nochmals
leicht in die Hände.
    »Meine Damen,« sagte er, »wir fahren morgen fort mit den
Exerzitien des Marienmonats. Die am Kommen verhindert sind, müssen wenigstens für sich den
Rosenkranz beten.«
    Er kniete nieder, die Bauernmädchen sanken mit viel
Röckerauschen auf die Erde, setzten sich auf ihre Hacken und
begleiteten sein Gebet mit unbestimmtem Geplapper, aus dem
Gelächter brach. Ein Gequiek ließ sich vernehmen, das durch einen
Hustenanfall verdeckt werden sollte; dies gab Anlaß zu derartiger
Heiterkeit, daß alle sich nach dem Amen vor Lachen wanden, mit den
Nasen fast auf den Fliesen, ohne die Kraft aufzustehen.
    Die Teusin entließ die Schlimmen, während der Priester sich
bekreuzte und vertieft vor dem Altar stand, als höre er nicht mehr,
was sich hinter ihm zutrug.
    »Vorwärts, macht jetzt, daß ihr fortkommt,« knurrte sie. »Eine
nichtsnutzige Bande seid ihr, die nicht einmal vor dem lieben Gott
Respekt hat. Eine Schande ist es, noch nicht dagewesen, Mädchen,
die sich in der Kirche auf der Erde wälzen wie unvernünftige Tiere
auf der Weide. Was treibst du da hinten, Fuchsige? Wenn ich sehe,
daß du eine kneifst, bekommst du's mit mir zu tun! Ja, ja, streck'
mir nur die Zunge heraus; ich sage alles dem Herrn Pfarrer. Fort,
weg mit euch liederliches

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