Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Sünde

Die Sünde

Titel: Die Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Toni Feller
Vom Netzwerk:
Deutlichkeit vorgelesen.
    Die Augen des Bischofs verengten sich. Nawrod sah ein leichtes Zucken um seinen Mund, als er Generalvikar Gehlert einen vielsagenden Blick zuwarf.
    »Das ist wohl ein interner, unwichtiger Vermerk, der nichts zur Sache tut«, antwortete der Erzbischof. »Wenn Sie mich bitte entschuldigen, ich habe noch zu tun. Sie haben ja nun, was Sie wollten. Ich wünsche Ihnen viel Glück bei Ihren Ermittlungen!« Erzbischof Wieland machte mit seinen langen, dürren Händen eine Geste, die nicht anders zu deuten war, als dass das Gespräch für ihn beendet war. Er nahm eines der dicken Bücher, die vor ihm lagen, schlug es auf und vertiefte sich demonstrativ darin.
    »Ich führe Sie hinaus«, sagte Gehlert zu Nawrod. »Folgen Sie mir bitte!«
    Nawrod überlegte, ob er jetzt klein beigeben oder die beiden zwingen sollte, mit ihm zusammen die Akten von Radecke und Otte durchzugehen. Ihm war klar, dass hier etwas vertuscht werden sollte. Doch er hatte gesehen, dass die paar Schriftstücke nicht allzu viel hergaben und mit Ausnahme dieser sechs lateinischen Worte leicht zu verstehen waren. Man soll den Bogen nicht überspannen, dachte er. Sabine wird mit der Übersetzung keine Schwierigkeiten haben. Sollte es notwendig sein, würde er schneller, als den beiden lieb sein konnte, mit einem Durchsuchungsbeschluss wieder hier erscheinen »Wir finden schon allein hinaus«, entgegnete Nawrod freundlich und erhob sich. »Vielen Dank für Ihr Verständnis, Exzellenz.« Mit diesen Worten verließen er und Yalcin das Büro des Erzbischofs. Gehlert folgte ihnen, bis sie unten an der Pforte angelangt waren. Dort verabschiedete er sich, wobei ihm deutlich der innige Wunsch anzusehen war, die beiden Ermittler nie mehr zu Gesicht zu bekommen.
    Auf der Treppe vor dem Ausgang hielt Nawrod kurz inne und zupfte Yalcin am Ärmel. »Hey, Nesrin, ich bin ja nicht neugierig, aber woher wusstest du, wie du den Oberhäuptling anzusprechen hast?«
    Yalcin drehte sich zu ihm hin und lächelte überlegen. »Sorry, Partner, hab bislang ganz vergessen, dir beizubringen, was man uns auf der Akademie immer wieder einhämmert: Wenn es deine Zeit erlaubt, bereite dich gründlich auf Vernehmungen vor. Dazu gehört auch, dass du so viel wie nur möglich über die zu vernehmende Person in Erfahrung bringst. Während du in meiner Wohnung damit beschäftigt warst, deinen muskelbepackten Body von unangenehmen Gerüchen zu befreien, habe ich mit meinem iPhone bei Wikipedia das Nötigste über Bischöfe und Bistümer erfahren.«
    »Sehr gut«, sagte Nawrod. »Ich glaube, aus dir könnte mal eine richtig gute Polizistin werden.«
    Als sie den kleinen Vorplatz überquerten und in Richtung ihres Dienstwagens gingen, zischte Nawrod: »Schau bitte nicht zurück! Unser verehrter Herr Generalvikar steht am Fenster und beobachtet uns.«
    »Was soll das deiner Meinung nach bedeuten?«, fragte Yalcin amüsiert.
    »Das bedeutet, dass wir denen ganz schön auf die Füße getreten sind und wir die Situation weiter nutzen sollten. Es schadet nicht, wenn die Augen der Kirche sehen, dass wir fleißig sind«, grinste Nawrod.
    Während er sich zum Dienstwagen begab, zog er, für Gehlert gut sichtbar, sein Handy aus der Tasche und wählte eine Nummer. Danach legte er die erhaltenen Akten auf der Motorhaube ab und blätterte darin. Kurze Zeit später wusste er, was Peccatum contra sextum Decalogi cum minore hieß. Er nickte theatralisch und fuchtelte ein wenig mit den Händen herum. Aus den Augenwinkeln sah er, dass Gehlert immer noch am Fenster stand. »Du bist ein Schatz, Sabine!«, sagte er und beendete das Gespräch. Anschließend rief er Wegner an. Das Telefonat dauerte etwas länger. Wieder blätterte er dabei in den Akten. Er bat Wegner, dass ein Team der Moko sofort Philipp Ottes aktuelle Adresse herausfinden und danach dessen Wohnung in Begleitung einiger MEK -Beamter stürmen sollte. Nawrod verband damit die Hoffnung, dass Radecke bei Otte gefunden und gerettet werden konnte. Wegner versprach, die Aktion gleich in die Wege zu leiten.
    »Sie müssen so schnell wie möglich zurückkommen«, raunzte der Soko-Leiter abschließend ins Telefon. »Es gibt Neuigkeiten, die Ihnen nicht gefallen werden.« Danach legte er auf.

43
    Kaum waren Nawrod und Yalcin außer Sichtweite, begab sich Generalvikar Gehlert eilig zurück zum Büro des Erzbischofs. In kurzen Worten erzählte er, was er beobachtet hatte.
    »Exzellenz, wir müssen sofort seine Heiligkeit warnen!«,

Weitere Kostenlose Bücher