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Die Sünde

Die Sünde

Titel: Die Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Toni Feller
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Verein schaden könnten. Vielleicht liegt da was im Salz, von dem wir noch keine Ahnung haben.«
    »Alle Achtung, Jürgen, das ist ja richtig hohe Politik«, staunte Yalcin. »Das macht das Ganze noch spannender, als es schon ist. Was meinst du, wie es ausgeht?«
    »Wenn die hier weiter blockieren, hätte ich gute Lust, den Laden auf der Stelle auseinanderzunehmen. Denn dann stinkt die Sache bis zum Himmel. Es wäre für mich der Beweis, dass sie etwas zu verbergen haben. Das mit dem Datenschutz ist meines Erachtens doch nur eine Ausrede.«
    »Ich bin dabei!«, erwiderte Yalcin voller Eifer. »Wir heizen denen ein. Die werden uns nie mehr vergessen. Nicht auf der Erde und schon gar nicht im Himmel.«
    »So gefällst du mir, Partnerin«, grinste Nawrod. Er erinnerte sich daran, dass er am Anfang ihrer Zusammenarbeit den Verdacht gehabt hatte, Yalcin sei auf ihn angesetzt, um ihm auf die Finger zu schauen. Jetzt schämte er sich für dieses Misstrauen. Er könnte sich keine bessere Mitarbeiterin wünschen. Es war unglaublich, wie viel Energie diese junge, zierliche Frau ausstrahlte.
    Yalcin sah sich um. Das große Büro des Generalvikars erschien ihr mit den dunklen Holzverkleidungen an Wand und Decke düster. Die dazu passenden Möbel verstärkten noch den Eindruck. Als Muslima war sie noch nie so weit in eine Institution der katholischen Kirche vorgedrungen. Einmal hatte sie aus Neugier das bekannteste Gotteshaus in Heidelberg, die Heiliggeistkirche, besucht. Yalcin hatte damals durchaus Gefallen an den Gemälden, den Statuen und dem schlichten Altar gefunden. Überhaupt erschien ihr in dieser Kirche alles irgendwie schlicht und dennoch ansprechend. Doch im Gegensatz zu den ihr bekannten Moscheen wurde sie als Muslima von dem christlichen Bauwerk und seiner Einrichtung in keiner Weise religiös inspiriert, obwohl sie durchaus eine innere Bereitschaft dazu hatte.
    Bevor Yalcin weiter darüber nachdenken konnte, ging die Tür auf. Generalvikar Gehlert trat ein, blieb aber unmittelbar unter der Tür stehen. »Wenn Sie mir bitte folgen würden«, bat er mit beleidigtem Gesicht. Nawrod und Yalcin erhoben sich. Der Generalvikar führte sie in einen Raum, der viel größer und aufgrund mehrerer Fenster nicht ganz so düster wie Gehlerts Büro war. Wände und Decke waren aber auch hier mit dunklen Paneelen vertäfelt.
    Nawrod sah sofort, dass es der Bischof war, der, ihnen mit dem Rücken zugewandt, an einem der Fenster stand und hinausschaute. Er trug das violette Pileolus auf dem Kopf. Aber noch mehr fiel Nawrod das breite Gürteltuch der gleichen Farbe auf, das die Soutane über der Hüfte zusammenraffte. Nawrod war sich sicher, dass ihr Kommen nicht zu überhören war. Dennoch zeigte der Bischof zunächst keine Reaktion. Erst als sein Stellvertreter unterwürfig den Besuch meldete, drehte er sich um und schritt gemächlich hinter seinen riesigen, aus dunklem Eichenholz bestehenden Schreibtisch, auf dem eine Vielzahl von Büchern und Akten lag.
    Im Gegensatz zu Gehlert war Erzbischof Wieland groß und auffallend schlank. Nawrod hatte ihn anlässlich des Papstbesuches in Freiburg zufällig einmal im Fernsehen gesehen und konnte sich nun wieder an ihn erinnern. Jetzt kam ihm der hohe Würdenträger jedoch viel älter vor. Sein hageres Gesicht war von tiefen Falten durchzogen. Doch seine Augen verrieten äußerste Wachsamkeit. Die Nase sprang deutlich hervor und der schmallippige Mund konnte sicher strenge Befehle erteilen, wenn die Notwendigkeit hierfür gegeben war.
    Erzbischof Wieland schaute Nawrod und Yalcin einen Augenblick abschätzend an. Er hatte beide Hände tief in den weiten Ärmeln seiner Soutane vergraben.
    »Grüß Gott, nehmen Sie bitte Platz!«, sagte er freundlich. Offenbar ging man hier davon aus, dass jeder Besucher die Namen des Erzbischofs und dessen Stellvertreters kannte. Anders konnte es sich Yalcin nicht erklären, dass es die beiden bei Begrüßungen nicht für nötig hielten, sich vorzustellen, geschweige denn, den Besuchern die Hand zu geben.
    »Grüß Gott, Exzellenz«, antwortete Yalcin laut und deutlich. »Mein Name ist Yalcin und das ist mein Kollege Nawrod.«
    »Ihre Namen kenne ich bereits. Sind Sie Muslima, Frau Yalcin?«, fragte der Erzbischof argwöhnisch.
    »Wenn Ihre Exzellenz gestatten, ja. Ich hoffe, das tut der Sache keinen Abbruch«, antwortete Yalcin trocken.
    Erzbischof Wieland runzelte die Stirn. »Sie sind die erste Muslima, die je diesen Raum betreten hat, und bestimmt auch

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