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Die Sünde

Die Sünde

Titel: Die Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Toni Feller
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brauchten wir Sie, um den Weg weiterzuverfolgen. Wir waren uns sicher, dass der Polizist, der den unglaublichen Selbstmord Kapps aufgeklärt hatte, das beste Zugpferd in den Reihen der Polizei sein würde. Deswegen wählten wir Sie als unseren Verbündeten.«
    Nawrod protestierte. »Verbündeten? Ich war nie Ihr Verbündeter. Ich war und bin Ihr Gegner und nichts anderes.«
    »Doch, Sie waren unser Verbündeter in diesem Spiel und jetzt sind Sie es mehr denn je. Ihr und Radeckes Tod wird für die Presse ein gefundenes Fressen sein. Der Druck auf den Papst und die Kurie wird ins Unermessliche steigen.« Doktor Dreyer lächelte freundlich. »Und, lieber Herr Nawrod, von Gegner kann in Ihrer Situation ja keine Rede sein.«
    »Sie bezeichneten Haider und Pfaff auch als Ihre Verbündeten. Heißt das, dass Sie die ebenso nur benutzt haben und die beiden nicht ahnten, welche Rolle sie in Ihrem grausamen Spiel einnahmen?«
    »Sie sind ein kluger Mann, Herr Hauptkommissar. Ich wusste es schon immer. Markus war der Meinung, Sie könnten uns irgendwann einmal gefährlich werden, aber ich konnte ihn beruhigen. Ich sagte ihm, wir bräuchten Sie zumindest eine Zeit lang als Spielfigur. Früher oder später würden Sie wegen Erfolglosigkeit von Ihren eigenen Leuten aus dem Verkehr gezogen. Aber ich muss sagen, bis jetzt haben Sie uns wertvolle Dienste geleistet. Sie haben Ihre von uns zugedachte Rolle vorzüglich gespielt. Eigentlich schade, dass ich dem Spiel nun ein Ende setzen muss. Ich hätte Sie gerne noch ein Weilchen beschäftigt.« Dreyers Blick streifte den kleinen Tisch, der neben ihm stand. Etwas verschwommen sah Nawrod aus den Augenwinkeln einige chirurgische Instrumente und eine Spritze.
    »Wie haben Sie mich überhaupt gefunden?«
    »Sie stehen im Schwarzbuch der katholischen Kirche.«
    »Das hört sich nicht besonders gut an. Wie kommt mein Name da rein?«
    »In diesem Buch, das eigentlich eine riesige, schon seit Jahrhunderten geführte Sammlung von Akten ist, stehen alle Geistlichen, die Verfehlungen begangen haben. Aber nicht nur die, sondern auch deren Opfer. Wir verschafften uns Zugang zu den Akten, und als ich Ihren Namen las, konnte ich zunächst nichts damit anfangen. Er war einer von vielen. Wir wussten nur, dass Sie in Heidelberg und ganz in der Nähe von Philipp Otte wohnten. Mehr Verknüpfungspunkte gab es nicht. Irgendwann schwante mir, dass ich Ihren Namen schon gehört oder gelesen hatte. Und plötzlich machte es ‚Klick’. Ganz klein geschrieben hatte ich Ihren Namen auf einem Arztkittel gesehen, den Sie an die Garderobe gehängt hatten, nachdem Sie bei der Obduktion von Jochen Kapp umgekippt waren. Jetzt ist mir auch klar, weshalb Sie ohnmächtig geworden sind, denn Jochen Kapp stand ebenfalls auf der Liste missbrauchter Ministranten. Sie kannten ihn und hatten deshalb Schwierigkeiten, die Obduktion durchzustehen.«
    »Dafür könnte ich mich jetzt noch selbst ohrfeigen.«
    »Sie erwähnten eben einen Markus. Handelt es sich hierbei um Markus Schaller? Er steht auch auf der Liste, wohnt aber in Frankfurt.«
    Dreyer nickte. »Markus hatte Angst vor Ihnen.« Dreyers Mund umspielte ein mokantes Lächeln. »Er merkte nicht, dass er selbst die größte Gefahr in dem Unternehmen darstellte.«
    »Wo ist er? Ist er auch hier?«
    »Ja, er ist hier. Sie haben ihn vorhin gesehen.«
    »Da täuschen Sie sich. Ich habe außer Ihnen niemanden gesehen.«
    »Ich täusche mich nie, Herr Nawrod.« Dreyer griff hinter sich, nahm eine kleine Ampulle vom Tisch und brach den Entnahmezapfen ab. Mit der anderen Hand griff er nach einer Einwegspritze. Gekonnt zog er den Inhalt der Ampulle in die Spritze. »Markus hat uns das hier besorgt.« Dreyer deutete auf die Spritze.
    Nawrods Puls fing an zu rasen. Keuchend stieß er hervor: »Etorphin! Bei Menschen wirkt es tödlich.«
    »Das stimmt nicht ganz. Ich habe es so berechnet, dass Sie die Betäubung vorhin überlebten. Da das Mittel in der Humanmedizin keine Verwendung findet und es keine entsprechenden Versuchsreihen gibt, habe ich es bei Philipp Otte getestet. Bei Radecke klappte es dann schon wie am Schnürchen.«
    »Warum haben Sie mich nicht gleich umgebracht?«
    »Sie stellen schon wieder die nächste Frage, ohne die Antwort auf die vorhergehende abzuwarten. Ich sagte, ich sei sicher, Sie haben Markus gesehen, weil ich Sie beobachtet habe, wie Sie ins Badezimmer geschaut und dabei das Licht angemacht haben.«
    Nawrod konnte ein lautes Stöhnen nicht unterdrücken.

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