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Die Sünde

Die Sünde

Titel: Die Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Toni Feller
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begleiten sollte? Aber Engel haben doch weiße Gewänder und Flügel?
    »Hey, Alter, ich habe dich was gefragt!«
    Er sah Yalcins Gesicht. Sie hatte sich über ihn gebeugt und sah ihn besorgt an. Er atmete heftig. Nach zwei, drei tiefen Atemzügen hatte er sich gefasst. »Du … du hast ihn doch nicht etwa umgenietet?«, stieß er hervor.
    »Ich hatte keine andere Wahl.«
    Nawrod war erleichtert und zwar so sehr, dass ihm sogar zum Scherzen zumute war. »Wie konntest du das tun? Er wollte mir doch nur eine Aufbauspritze geben.«
    »Oh mein Gott, ich habe einen Unschuldigen auf dem Gewissen. Es … es tut mir furchtbar leid. Das konnte ich nicht ahnen«, konterte Yalcin.
    Langsam legte sie die Pistole auf den Tisch. »Aber die Spritze kann ich dir auch verabreichen. Sie steckt ja noch in der Vene.« Ohne zu zögern, griff Yalcin nach der Spritze.
    »Nesrin, nein!«, schrie Nawrod in panischer Angst. Doch es war zu spät. Er spürte abermals einen kleinen Stich am Arm, schloss die Augen und schwebte sanft davon.
    Dieses Mal fühlten sich die Ohrfeigen anders an. Nicht so dumpf und weit entfernt. Eher grob und deftig. »Hey, Mister, du wirst mir doch nicht abschwächeln, oder?«
    Nawrod öffnete langsam die Augen. »Du sollst mich verdammt noch mal nicht Mister nennen! Das habe ich dir schon hundertmal gesagt!«
    »Entschuldige, wollte nur testen, ob der Herr Witzbold noch alle Tassen im Schrank hat.«
    »Wenn hier jemand verrückt ist, bist du es. Wie kannst du, ohne mich zu fragen, die Spritze in mich reinjagen? Ich dachte, da ist Etorphin drin.«
    »Du meinst die hier?« Yalcin zeigte Nawrod die Spritze, deren Kolben noch bis oben hin gefüllt war. Sie lächelte breit. »Es stimmt, Männer sind Mimosen. Ich habe dir die Spritze nicht reingejagt, sondern mit einem Ruck herausgezogen.«
    »Aber … aber sie hat doch gepiekst?«
    »Tatsächlich, hat sie das?«
    »Wie konntest du wissen, was Doktor Dreyer mit mir vorhatte?«
    »Ich habe euch eine Weile zugehört. Musste ja sichergehen, dass ich den Richtigen erwische.«
    »Ist er tot?« Nawrods Stimme klang belegt.
    »Sieht so aus.«
    »Auf was wartest du? Binde mich endlich los!«
    »Erst wenn du mir versprichst, dass du in Zukunft keine Alleingänge mehr machst.«
    »Was blieb mir anderes übrig. Du hast dich ja gedrückt.«
    Yalcin löste mit ein paar Handgriffen die breiten Lederriemen. Als Nawrod sich aufrichten wollte, stöhnte er laut. Sein Körper war steif wie ein Brett und die Wunde am Bein schmerzte.
    »Hilf mir! Ich muss irgendwie hochkommen.« Er streckte Yalcin eine Hand entgegen. Vorsichtig setzte er sich auf die Tischkante.
    Yalcin sah die zerrissene Hose und den großen Blutfleck. »Was ist mit deinem Bein passiert?«
    Nawrod verzog das Gesicht. »Nicht weiter schlimm.« Er tastete nach der Wunde. Sie hatte offensichtlich aufgehört zu bluten, denn der Stoff der Hose fühlte sich nicht feucht an.
    »Mir geht es schon wieder besser. Wo hast du denn die Knarre her?«
    »Das ist eine Beretta. Ich habe sie Mehmet geklaut, weil er sie mir nicht freiwillig geben wollte. Und seinen Wagen habe ich auch geklaut.«
    »Welchem Mehmet?«
    »Mehmet Yalcin.«
    »Deinem Bruder?«
    »Nein, meinem Vater, der nicht mehr mein Vater sein wird, wenn er merkt, was seine Tochter getan hat.«
    »Wie hast du mich gefunden?«
    »Ich musste warten, bis ich an den PC meiner Eltern konnte. Dann war es ein Kinderspiel, dein Handy zu orten. In Google Earth sah ich, dass es hier draußen nur dieses eine Gebäude gibt. Mithilfe der Adresse fand ich heraus, dass es ein ehemaliges Forsthaus ist, das bis vor zwei Monaten von einem Immobilienmakler zur Vermietung angeboten wurde. Ich war mir ziemlich sicher, dass du hier in eine Falle getappt bist, da du auf meine Anrufe nicht reagiert hast. Mehr noch als zuvor war mir klar, dass ich eine Knarre brauchte. Wo er die Beretta versteckt hatte und die Wagenschlüssel hingen, wusste ich. Mindestens eine Stunde musste ich so tun, als ob ich auf dem Sofa eingeschlafen wäre. Dann gingen meine Eltern endlich zu Bett.«
    »Ist die Pistole legal?«
    »Ja, mein Papa wurde vor über 20   Jahren von Schutzgelderpressern bedroht. Bei ihrem zweiten Besuch hatten sie ihn lebensgefährlich verletzt. Das überzeugte die Behörden. Er bekam einen Waffenerwerbsschein ausgestellt und kaufte sich anschließend die Beretta.«
    Nawrod runzelte die Stirn. »Und du klaust ihm das Ding?«
    »Was hätte ich denn tun sollen? Ich wusste, dass wir auf einer heißen

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