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Die Sünde

Die Sünde

Titel: Die Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Toni Feller
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gibt es nicht viel Spielraum, sich pfändbare Gegenstände anzuschaffen.«
    »Wie viele Zimmer hat seine Wohnung?«, fragte Yalcin.
    »Die Wohnung ist nicht besonders groß. Sie hat zwei Zimmer, eine kleine Küche und ein ebenso kleines Bad.«
    »Hat Ihr Ex-Mann studiert?«
    »Falls er mich nicht angelogen hat, hat er ein oder zwei Semester Medizin studiert, bis er auf Journalismus umschwenkte.« Tina Haider schüttelte wieder den Kopf. »Er hätte es echt drauf gehabt. Spricht fließend englisch und französisch. Was hätte der aus sich machen können!«
    »Und Latein? Kann er auch Latein?« Yalcin konnte ihre Erregung nicht verbergen.
    Nawrod zog sie kurz am Ärmel und wandte sich mit einem charmanten Lächeln sofort Tina Haider zu: »Ist nicht so wichtig, Frau Haider. Manchmal fragen wir Dinge, die wirklich nichts mit der Sache zu tun haben. Entschuldigen Sie bitte.«
    »Macht doch nichts, Herr Nawrod. Kann ich verstehen. Ist wohl Routine, oder? Aber Ansgar hat tatsächlich auch Latein gelernt. Sprachbegabt wie er ist, nehme ich an, dass er diese Sprache ebenso beherrscht wie die anderen.«
    Nawrod erhob sich. »Das wär’s dann schon. Ich hoffe, wir haben Sie nicht allzu sehr belästigt.«
    »Keineswegs, Herr Nawrod. Wenn es der Sache dient, jederzeit wieder. Ich würde Sie aber bitten, vorher anzurufen und auf keinen Fall im Lido zu erscheinen. Mein Chef ist ein Bullenhasser und würde mir Ihren Besuch sicher übel nehmen.« Frau Haider kramte aus dem Durcheinander des Wohnzimmertisches einen Kugelschreiber und einen Fetzen Papier hervor, auf den sie ihre Telefonnummer schrieb.
    An der Tür drehte sich Nawrod noch einmal um. »Ach, das hätte ich fast vergessen. Würden Sie mir bitte Bescheid geben, wenn Sie von Ihrem Ex-Mann wider Erwarten Geld erhalten?« Er zog eine Visitenkarte aus der Tasche und übergab sie Tina Haider.
    »Klar doch«, erwiderte sie und zwinkerte Nawrod zu.
    »Und, was meinst du? Traust du Haider den Mord zu?«, fragte Nawrod, nachdem Yalcin den Motor gestartet und den ersten Gang eingelegt hatte. Er hoffte, die Frage könnte sie daran hindern, wieder mit quietschenden Reifen loszufahren. Doch das war ein frommer Wunsch. Erst als Yalcin mit Vollgas auf etwa 80   Stundenkilometer beschleunigt hatte, antwortete sie: »Ich denke, der Tatverdacht hat sich durch die Aussage seiner Ex erhärtet. Haider hat Medizin studiert, kennt sich durch seine Recherchen bezüglich Herzoperationen gut aus, ist gewalttätig, knapp bei Kasse und der lateinischen Sprache mächtig. Das Wichtigste aber: Er hat an Pfaff E-Mails versandt, deren Inhalt nur vom Täter stammen konnte.«
    »Hm«, brummte Nawrod. »Was mich stört, sind seine Wohnverhältnisse. Kann er in seiner kleinen Wohnung wirklich einen Mann längere Zeit gefangen halten, ohne dass die anderen Hausbewohner etwas bemerken? Er müsste ihn mit Medikamenten dauerhaft ruhiggestellt haben, und dafür gibt es laut Obduktionsbericht keine Anzeichen. Und wie hat er ihn in die Wohnung gebracht?«
    Yalcin dachte nach. »Er könnte ihn in eine Falle gelockt haben. Das Opfer könnte schwul gewesen sein. Vielleicht hat Tina Haider mit ihrer Vermutung recht, dass ihr Ex das Ufer gewechselt hat.«
    »Wir schauen uns Haiders Hütte mal an. Dann wissen wir mehr«, sagte Nawrod entschlossen.
    Fünfzehn Minuten später parkten sie den silbergrauen Passat in der Poststraße, etwa 200   Meter von Haiders Wohnung entfernt, und stiegen aus. Nawrod hatte seine Hände in den Hosentaschen vergraben, als sie mit langsamen Schritten in die Sophienstraße einbogen. Er sah sofort das Wohnmobil. Der Sven Hedin stand schräg versetzt auf der gegenüberliegenden Straßenseite des Mehrfamilienhauses, in dem Haider wohnte.
    »Gib mir sofort deine Hand, Nesrin!« Nawrod griff hastig nach Yalcins Hand.
    »Heh, was soll das, Jürgen? Sticht dich der Hafer, oder was?« Yalcin zog ihre Hand zurück und nahm etwas Abstand.
    »In dem Wohnmobil da vorn sitzen die Kollegen vom MEK und observieren Haiders Haus. Die haben mit Sicherheit Kameras und Richtmikrofone eingesetzt«, zischte Nawrod. »Wir haben den Vorteil, dass sie uns beide wahrscheinlich noch nicht kennen. Du bist noch neu in dem Laden und ich bin eben erst aus Stuttgart gekommen. Es wäre gut, wenn Wegner von unserem Besuch bei Haider vorerst nichts erfährt. Also, gib mir schon die Hand, wir sind jetzt ein Paar, kapiert!«
    Nur unwillig folgte Yalcin Nawrods Aufforderung. Wie erwartet, war die Haustür verschlossen. Das Haus

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