Die Sünde
nicht verkneifen.
»Der Mann ist die Impotenz in Person. Wir haben uns im Lido kennengelernt. Er schrieb damals an einer Reportage über das Heidelberger Nachtleben und interviewte mich. Dafür gab er mir einen Zwanziger. Ich wollte mehr und bot ihm diverse Dienstleistungen an. Er winkte ab. Ich war das nicht gewohnt und warf mein ganzes Talent in die Waagschale.« Tina Haiders Mund umspielte ein verführerisches Lächeln. Ihre Augen blitzten Nawrod kurz an. Als sie Yalcins erstauntes Gesicht sah, sagte sie entschuldigend: »Ansgar sieht verdammt gut aus und ich stand auf seinen Knackarsch.«
Yalcin nickte betreten. Obwohl sonst nicht auf den Mund gefallen, war ihr das Thema peinlich.
Zu Nawrod gewandt fuhr Tina Haider fort: »Er offenbarte mir, dass er impotent sei, was meinen beruflichen Ehrgeiz noch mehr anstachelte. Mit viel Mühe und Geduld vollbrachte ich tatsächlich das Wunder. Er besuchte mich danach immer wieder. Immer wenn er Geld hatte. Und immer überredete er mich, es ohne Gummi zu machen, sonst ging überhaupt nichts bei ihm. Er ist einfach anders als die anderen. Sehr sensibel. Wenn er beim Bumsen eine Fliege an der Wand sah, war es sofort aus. Er meinte wohl, die würde ihn beobachten.« Tina Haider lachte.
»Erzählen Sie bitte weiter!«, bat Nawrod.
»Bald passierte das, was einer Nutte nie passieren darf. Wir verliebten uns. Und dann war ich plötzlich schwanger. Er versprach, mich aus dem Dreck herauszuholen und mich zu heiraten. Am Anfang ging alles gut. Ich hatte etwas gespart, auf das wir zurückgreifen konnten, wenn es bei ihm nicht so gut lief.«
»Hat er gesagt oder vielleicht angedeutet, um was für eine große Sache es geht?«, fragte Nawrod.
»Nein, er prahlte nur damit, dass er danach den gesamten ausstehenden Unterhalt bezahlen würde und dass wir wieder eine richtige Familie sein könnten. Ich kenne ihn. Er ist ein Fantast und baut Luftschlösser, in die er niemals einziehen kann.«
»Sind Sie ganz sicher, dass es keine andere Frau gibt?« Nawrod ließ nicht locker. Am liebsten hätte er einen Abzug des Phantombildes der hübschen Frau aus der Postfiliale aus seiner Jackentasche gezogen und es Tina Haider vor die Nase gehalten.
»Ja, da bin ich mir absolut sicher, zumal … nein, das geht Sie nun wirklich nichts an.« Frau Haider schüttelte energisch den Kopf und zog an ihrer dritten Zigarette, als ob sie damit das Zusammenfallen ihrer nikotingeschädigten Lunge verhindern wollte.
»Zumal was?«, fragte Nawrod. Wieder schüttelte Tina Haider den Kopf.
Trotz der Unordnung nahm Yalcin nun doch gegenüber der Befragten auf dem Sofa Platz. Sie beugte sich zu Frau Haider, legte ihre Hand auf deren Unterarm und sah ihr geradewegs in die Augen. »Wenn wir Ihnen helfen sollen, müssen Sie uns alles sagen. Zur Beurteilung des Falles kann jede Kleinigkeit wichtig sein. Schließlich ist es für Sie und Ihre Tochter von Bedeutung, dass Ihr Ex-Mann per Gerichtsentscheid zu einem angemessenen Unterhalt verpflichtet wird.«
Tina Haider rang mit sich. Schließlich sagte sie: »Ich weiß zwar nicht, was das mit der Sache zu tun hat. Aber meinetwegen: Ich denke, oder besser gesagt, es könnte sein, dass Ansgar bisexuell veranlagt ist.«
»Wie kommen Sie darauf?«
»Eine Kollegin hat ihn im Fresh Gay gesehen. Er soll sich in der versifften Schwulenbar mit einem Typen prächtig amüsiert haben.«
»Haben Sie ihn darauf angesprochen?«, fragte Nawrod.
»Nein, das war doch erst vor Kurzem. Ich habe seitdem nicht mehr mit ihm telefoniert.«
»Können Sie uns noch etwas über Ihren Ex-Mann sagen? Leben seine Eltern noch, hat er Geschwister? Wir fragen das nur, falls er sich vorm Unterhalt drücken und untertauchen will.« Mit dieser Erklärung wollte Yalcin etwaiges Misstrauen sofort im Keim ersticken.
»Seine Mutter lebt noch irgendwo in Heidelberg. Ansgar sagte, sie sei kränklich. Um unliebsamen Fragen meiner Schwiegermutter aus dem Weg zu gehen, legte ich keinen Wert darauf, sie kennenzulernen. Sein Vater ist schon früh gestorben. Ich habe es nicht verstanden, aber um ihn hat er immer ein Geheimnis gemacht. Soviel ich weiß, hat er noch eine Schwester. Über sie kann ich allerdings überhaupt nichts sagen.«
»Waren Sie schon einmal in der Wohnung Ihres Exmannes? Gibt es da pfändbare Gegenstände?«, fragte Nawrod weiter.
Tina Haider lachte herzhaft. »Pfändbare Gegenstände ist jetzt nicht Ihr Ernst, oder? Ich habe Ihnen doch gesagt, dass Ansgar von der Hand in den Mund lebt. Da
Weitere Kostenlose Bücher