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Die Sünde

Die Sünde

Titel: Die Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Toni Feller
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Pressereferent des Polizeipräsidiums hatte ganze Arbeit geleistet. In einer Rundmail hatte er alle auf einer ihm zur Verfügung stehenden Verteilerliste aufgeführten Zeitungs-, Rundfunk- und Fernsehreporter zu einer noch am gleichen Tag anberaumten Pressekonferenz eingeladen. Haider und Pfaff standen ebenfalls auf der Liste. Nawrod rechnete fest mit ihrem Kommen.
    Als Begleitschreiben zur Einladung hatte er einen Text ausgearbeitet, in dem sich die ganze Dramatik des Falles widerspiegelte. Dabei hatte er es geschickt verstanden, die Medienvertreter in die Pflicht zu nehmen. Er schob ihnen die Aufgabe zu, Hand in Hand mit der Polizei zusammenzuarbeiten. Ein letzter Versuch, um das an einem Seidenfaden hängende Leben des zweiten Entführungsopfers zu retten. So war es nicht verwunderlich, dass sich zu der Pressekonferenz über 30   Reporter der verschiedensten Medien einfanden, Kamerateams von ARD , ZDF , SAT 1 und RTL eingeschlossen. Haider erschien mit Kamera und Schreibblock. Pfaff hatte den Starreporter der Heidelberger Allgemeinen geschickt.
    Nawrod und Yalcin beobachteten Haider aus dem Hintergrund, während Polizeipräsident Volker Lehmann und Erster Kriminalhauptkommissar Wegner Rede und Antwort standen. Der Soko-Leiter hatte zuvor mit Yalcin und Nawrod abgesprochen, welche Informationen herausgegeben werden konnten. Sie hatten sich darauf geeinigt, mit offenen Karten zu spielen und den Reportern einen Großteil der Details zu liefern. Im Gegenzug erhofften sie sich, die Presse würde mit der breiten Veröffentlichung der Phantombilder einen Druck erzeugen, dem die beiden Frauen nicht standhielten. Sie würden sich offenbaren müssen, wollten sie jemals wieder auf die Straße gehen. Selbst wenn sie sich verstecken würden, mussten sie davon ausgehen, dass Verwandte, Bekannte oder Nachbarn sie auf den Bildern erkennen würden.
    Während Lehmann und Wegner ihre Statements abgaben und die Fragen der Reporter geduldig beantworteten, nahm Haider mit dem Reporter der Heidelberger Allgemeinen mehrfach Blickkontakt auf und zuckte mit den Schultern. An Haiders zusammengepressten Lippen konnte Nawrod unschwer erkennen, dass die beiden über die Offenlegung von Details äußerst verärgert waren. Haider hob zweimal bedauernd die Hände. Nawrods Taktik ging auf. Die Zeit der exklusiven Berichterstattung für den Reporter war vorbei.
    Die Fernsehanstalten brachten ihre Beiträge schon abends in den Nachrichten. RTL schob sogar eine zehnminütige Sondersendung in das laufende Programm ein. Am nächsten Tag waren auf allen Titelblättern deutscher Zeitungen die Phantombilder zu sehen. Es gab keine Radio- oder Fernsehanstalt, die nicht über den Fall in aller Breite berichtete. Auch ausländische Fernseh- und Zeitungsreporter fragten bei der Pressestelle des Polizeipräsidiums nach weiteren Einzelheiten des Falles. Nach nicht einmal einem Tag wusste die ganze Welt davon.
    Es ging eine Flut von Hinweisen ein. Die Soko »Päckchen« hatte sich darauf vorbereitet. Die Hinweise wurden in drei Dringlichkeitsstufen eingeteilt. Aussagen von Zeugen, die angaben, die Gesichter schon irgendwann einmal gesehen zu haben, landeten in der Sparte »normale Bearbeitung«. Hinweise, die besagten, dass die Frauen in einem bestimmten Heidelberger Stadtgebiet gesehen worden waren, erhielten den Vermerk »Eilt«, während die wenigen Zeugen, die aussagten, sie würden die Namen der beiden Frauen kennen, sofort zu Hause aufgesucht wurden. Die Soko arbeitete auf Hochtouren. Wegner hatte allen noch einmal eindringlich ans Herz gelegt, jedem noch so banal klingenden Hinweis mit absoluter Akribie nachzugehen.
    Inzwischen hatte Sabine Bauer mitgeteilt, dass ein erstes Ergebnis der Gerichtsmedizin vorliege. Frau Doktor Westhof habe bestätigt, dass es sich um den Mittelfinger eines Mannes handele, der aufgrund von Größe und Beschaffenheit ganz eindeutig nicht dem ersten Opfer zuzuordnen sei. Wie schon bei dem ersten Finger habe sich die Gerichtsmedizinerin festgelegt, dass auch dieses Opfer keine schwere körperliche Arbeit verrichtet habe und höchstwahrscheinlich im Alter zwischen 55 und 65   Jahren sei. Die Amputation sei fachmännisch vorgenommen worden. Auch seien unter dem Fingernagel wieder kleinste Partikel grüner Farbe gefunden worden, die darauf schließen ließen, dass das zweite Opfer vermutlich im selben Raum gefangen gehalten werde. Frau Dr.   Westhof habe versprochen, die Farbpartikel unverzüglich an das LKA zu schicken, damit

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