Die Sünden der Gerechten - Rankin, I: Sünden der Gerechten - The Impossible Dead
Laden herrschte rege Betriebsamkeit – nicht nur Angestellte und Besucher, auch Patienten, die man an den Namensschildern an ihren Handgelenken erkannte, waren dort. Fox gierte nach einem Kaffee, aber als er die Schlange sah, ging er weiter.
Wie vermutet saß Jude an Mitchs Bett.
» Hab gedacht, ich soll dich abholen « , beschwerte er sich.
» Bin früh aufgewacht. « Sie hielt wieder die Hand ihres Vaters.
» Ist er immer noch nicht wieder zu sich gekommen? «
Sie schüttelte den Kopf. In dem Saal standen drei weitere Betten, eines davon leer, in den beiden anderen lagen ältere Patienten. » Solltest du nicht arbeiten? « fragte sie.
» Ich war schon im Büro. « Er zog den Bericht aus der Tasche. » Ich wollte das hier lesen. «
» Gut. «
Stühle standen gestapelt an der Wand. Er hob einen herunter und trug ihn ans Bett seines Vaters. Er wusste nicht, ob es ihr bewusst und Absicht gewesen war, aber Judes Stuhl stand so, dass sein eigener Stuhl, wenn er sich neben sie setzen wollte, in den Raum hineinragen und möglicherweise dem Klinikpersonal im Weg sein würde. Anstatt sie zu bitten, ein Stück rüberzurutschen, setzte er sich auf die andere Seite des Betts.
» Haben sie dir gesagt, wann sie die Computertomografie machen? «
Erneut schüttelte sie den Kopf. Sie streichelte ihrem Vater über das Haar. Auf seinen Wangen und seinem Kinn wuchsen graue Stoppeln, und ein angetrockneter Spuckefaden hing ihm seitlich aus dem Mund. Eine Schwester blieb stehen, las, was die Maschine verzeichnet hatte, und trug die Ergebnisse am Fuß des Bettes in eine Tabelle ein. Fox fragte sie nach der Computertomografie.
» Hoffentlich noch vor Mittag « , sagte sie. » Er hatte eine ruhige Nacht. « Sie lächelte, als wollte sie ihn trösten.
Er ist nicht ruhig, hätte Fox sie am liebsten zurechtgewiesen, er liegt im Koma. Er lächelte einfach nur zurück und dankte ihr. Als die Krankenschwester ging, sah Fox, dass ihn Jude böse anblickte.
» Was? « , fragte er.
» Kannst du nicht mal ein Machtwort sprechen? « , zischte sie.
» Was denn für ein Machtwort? «
» Du bist doch Polizist, oder nicht? Red mit denen – vielleicht gibt’s ja eine Möglichkeit, dass sie ihn schneller drannehmen als die anderen. «
» Das Krankenhaus ist nicht der Feind, Jude. «
» Aber man kann auch nicht behaupten, dass die sich den Arsch für ihn aufreißen … «
Sie hatte kaum ausgesprochen, als zwei Angestellte erschienen. Die Schwester führte sie ans Bett.
» Computertomografie « , verkündete sie.
» Danke « , sagte Fox noch einmal.
» Dürfen wir mitkommen? « , fragte Jude und stand auf.
» Sie bleiben besser hier « , sagte eine der Angestellten. » Wir bringen ihn in null Komma nichts zurück. « Der Mann war an den Armen tätowiert, hatte breite Schultern und Narben im Gesicht. Anscheinend hatte er Fox gleich als Polizisten erkannt, ebenso wie Fox Geld darauf verwettet hätte, dass der Mann im Knast gesessen hatte. Jude wollte die Hand ihres Vaters nicht loslassen. Sie beugte sich über ihn und drückte ihm einen Kuss auf die Stirn, dann brach sie in Tränen aus.
» Kein Grund zur Sorge « , betonte die Schwester. Dann an Fox gewandt: » Vielleicht gehen Sie mal einen Tee mit ihr trinken … «
Jude wollte keinen Tee, aber Fox gelang es trotzdem, sie über den Gang Richtung Café zu manövrieren. Sie trennte sich von ihm und erklärte, sie wolle draußen eine rauchen.
» Hab gedacht, du hättest aufgehört « , sagte er.
» Irgendjemand wird mir schon eine geben « , erwiderte sie und ging auf die Automatiktür zu. Fox kaufte eine Zeitung und stellte sich dann in der Cafeteria für Kaffee und Schinkenbrötchen an. Er bestellte dasselbe gleich noch mal für Jude und setzte sich an einen Tisch. Sein Telefon brummte. Tony Kaye.
» Morgen, Tony.
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