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Die Suenden der Vergangenheit

Die Suenden der Vergangenheit

Titel: Die Suenden der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: May R. Tanner
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aufgewühlten Gefühle bemühte, die ihr bei diesem Thema einfach nicht gehorchen wollten.
    „...Sie hat nie über meine Eltern gesprochen. Sie sind die Erste, die mir... ich meine... Fotos und Briefe... und... ich wünschte, ich...“ wäre mit ihnen gestorben, dann wäre ich jetzt nicht in dieser ausweglosen Situation.
    Gloria kippte auf ihrem Platz mit dem Oberkörper nach vorn und barg das Gesicht schluchzend in ihren Händen. Sie konnte nicht anders. Sie war noch nicht soweit, um mit all den neuen Eindrücken und dem Wissen über ihre Eltern fertig zu werden und normal umgehen zu können. Morrigan musste sie für vollkommen töricht halten. Naiv und dumm genug, herzukommen und zu glauben, hier weitere Antworten finden zu können. Bei einer vollkommen Fremden, die sie vielleicht irgendwann einmal hätte adoptieren wollen, diesem Gedanken aber schon längst nicht mehr nachhing, weil er so überflüssig war wie das heulende Elend vor ihrem Schreibtisch.
    „Es tut mir leid. Ich hätte nicht herkommen sollen. Ich wollte Sie nicht belästigen, Mrs. Avery. Ich wollte einfach nur... ich meine... ich weiß gar nicht mehr, was ich wollte. Ich... wie gesagt, ich wollte nur das Album zurückbringen und Ihnen danken. Es wäre schade, wenn es verloren gehen würde. Es hat sicher einen unschätzbaren Wert für Sie, nach dem...- meine Mutter hat Sie wohl sehr gemocht, nicht wahr?! Ich wünschte, es wären Briefe an meine Tante gewesen, dann müsste ich jetzt nicht... Sie wissen, dass ich krank bin und sterben werde, nicht wahr?! Sie waren im Krankenhaus. Sie haben versucht, mir zu helfen.“
    Das hätten Sie nicht tun sollen, lag Gloria noch auf der Zunge, doch sie verstummte, als sie aufsah und direkt in Morrigans grüne Augen blickte.

    Morrigan war zutiefst getroffen, Gloria in Tränen ausbrechen zu sehen. Sie trug all ihre Gefühle sichtbar nach außen und das empfand Morrigan als große Auszeichnung, obwohl ihr das Mädchen sehr leid tat. Sie musste sich selbst einige Augenblicke lang fassen, bevor sie wagen konnte, sich der schluchzenden, jungen Frau zu nähern.
Eigentlich hatte sie schon lange mit dem Verlust abgeschlossen, doch gerade kam es ihr vor, als würde sie all den Schmerz wieder durchleben. Am Grab stehend und wissend, dass Deirdre ihr die geliebte Tochter anvertraut hatte… Durch das verwüstete Haus gehend, um Erinnerungsstücke einzusammeln, die Mathilda niemals für sich beanspruchen würde, als hätte ihr Bruder niemals existiert… Die langen, durchweinten Nächte, als sie beinahe darüber verzweifelt war, ihrer Freundin und Vertrauten nicht den letzten Wunsch erfüllen zu dürfen.
    Morrigan ging neben dem Stuhl, auf dem Gloria saß in die Knie und zog sie einfach in eine tröstende Umarmung.
    „Mir tut es leid, Gloria! Du weißt gar nicht, wie sehr! Ich wollte es dir leichter machen, indem ich den sterblichen Weg wähle, doch in dir selbst schlummert ein großes Erbe… Es mag dir merkwürdig vorkommen, aber es ist ein Teil von dir. Ich hab dir das Album nicht geschickt, um dir Kummer zu bereiten. Du solltest deine Eltern kennen lernen. Du solltest wissen, dass du von Herzen geliebt wurdest. Sie wünschten sich ein erfülltes Leben für dich, auch wenn sie selbst nicht mehr dafür sorgen konnten. Wünsche dir den Tod nicht, Gloria, obwohl ich sehr gut verstehen kann, dass du das denkst.“
    Morrigan löste sich von dem weinenden Mädchen und zog ein gefaltetes Stofftaschentuch aus der Jackentasche, in das ihre Initialen eingestickt waren.
    „Hier nimm das. Vor mir musst du deinen Kummer nicht verbergen. Ich trage ihn seit dem Tag im Herzen, an dem ich zuerst deine Eltern und dann dich verloren habe. Weißt du, Gloria, es gibt besondere Umstände in meinem Leben, über die ich heute nicht sprechen werde, aber ich kann mit meinem Ehemann keine Kinder bekommen. Ich habe Ray in die Ehe mitgebracht, so sagt man das wohl heute… Ich habe bis zu der Nacht gar nicht gewusst, wie sehr ich mir wünsche, erneut Mutter zu sein. Ich war außer mir, als ich von dem Tod deiner Eltern erfahren habe… Wir dachten zuerst, du wärst den Angreifern auch zum Opfer gefallen, aber dein Vater hat dich mit einer kühnen Tat gerettet. Die letzten Worte deiner Mutter… Sie zählten in unserer Welt leider nichts. Als Anwältin wirst du das bestimmt verstehen. Sie hätten auch vor einem weltlichen Gericht keinen Bestand gehabt, weil uns nichts verband außer einer tiefen Freundschaft. Blutsbande gehen tiefer und ich hatte

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