Die Suenden der Vergangenheit
Ich dachte wirklich nicht, dass es jemanden von euch betreffen würde. Ich wollte nur wissen, ob sich Muster aus der Vergangenheit wiederholen, ob ich irgendeinen Weg finde, um endlich zu Bekky durchzudringen! Schau bitte nicht so, Rys! Du kannst ihr allein nicht vorwerfen, dass mir das gespannte Verhältnis zu schaffen macht. Sie wusste ja nicht einmal, dass sie eine Schwester hatte… Wir haben so unterschiedliche Leben geführt und der erste Freudentaumel über das Wiedersehen kann eben nicht die verlorene Zeit dazwischen kitten. Ganz zu schweigen von dieser Vampirsache .“
Romy verzog das Gesicht gleich nochmal, da es ja ein „Unthema“ zwischen ihnen war. Es war ihr leichter gefallen, mit Gloria, einer völlig Fremden, darüber zu sprechen. Sie hob die Hand und zog das Zopfgummi aus ihren Haaren, die noch leicht feucht waren, um sie etwas mit den Fingern aufzulockern.
„Ich hatte den Vorteil, dass ich schon nicht mehr an eine heile Welt glaubte, als ich auf euch traf. Bekky ist mehr als behütet aufgewachsen. Ihre Eltern haben mir ihre kleine Tochter nur anvertraut, weil ich früher Polizistin war und sie sonst nicht viel über mich wissen… Die Immaculate handhaben das doch nicht anders. Sie beschützen ihre Kinder, besonders wenn es sich dabei um Mädchen handelt. Sie wird in jedem Fall in ein oder zwei Jahren keine Wahl mehr haben, aber ich wünsche ihr, dass es für sie nicht so wie bei mir läuft.“
Romy sah zu ihm auf, weil sie nicht wollte, dass er das als Vorwurf gegen seine Person verstand. Immerhin hatte er nicht gut darauf reagiert, dass sie das Schicksal vor vollendete Tatsachen gestellt hatte. Sie ja auch nicht… Aber sie hatte ja auch nie davon geträumt, dass sie einmal ein Ritter in schimmernder Rüstung von den Füßen fegen würde. Bei Rebeka sah das schon anders aus. Selbst wenn ihre Gefühle und Sinne schliefen, war sich Romy sicher, dass ihre kleine Schwester den einen oder anderen romantischen Traum hegte. Und das sollte sie auch. Es würde eben nur ein Ritter mit glühenden Augen sein.
Dass Bekky behütet aufgewachsen war, gab noch lange nicht die ausreichende Entschuldigung, sich so von der eigenen Schwester zu distanzieren. Romy kam sich so doch nur wieder ungeliebt und zurückgestoßen vor. Gloria Burton war ja auch nicht gerade mitten in der Bronx aufgewachsen. Ihre Ausraster waren verständlich gewesen und ihre Unwissenheit, mit der sie die Umwandlung als halben Missbrauch dargestellt hatte, auch. Sie hatte sich nicht zurückgezogen, unterhielt sich mit den Devenas und versuchte, sich mit Nico und den anderen Frauen in der Fortress anzufreunden und gleichzeitig so viel wie möglich über die Immaculates zu lernen. Sie war skeptisch und sehr vorsichtig, aber nicht misstrauisch oder verstockt. Ihr blieb dank Morrigans Mittel und Zuspruch Zeit, die weder Romy noch Cat gehabt hatten, und sie nutzte sie.
Rebeka würde gar nichts nutzen. Da war Chryses sich ziemlich sicher und auch, wenn er diesen Gedanken nicht eindeutig durch den Kopf gehen ließ, so bezweifelte er, das sich irgendjemand aus der Gemeinschaft der Immaculates jemals mit ihr verbinden wollte.
Das Kind bereitete einem Kopfschmerzen. Ihre Gesellschaft war manchmal nicht zum Aushalten und den Teufel würde er tun, hier irgendetwas noch persönlicher zu nehmen als Therons Geheimniskrämerei. Er wünschte Rebeka noch ganz andere Dinge, wenn sie ihr Gehirn nicht bald in einem der Umzugskartons wiederfand.
Rys' Wut taten diese Gedanken nicht unbedingt gut. Sein Gesicht war ein einziger Ausdruck schlechter Laune und seine ganze Körperhaltung sprach Bände. Rühr mich nicht an oder es gibt was.
Das war nicht für Romy gedacht, sondern für jeden, der ihm in diesem Moment mit den falschen Worten oder tröstenden Gesten gekommen wäre. Er war nicht nur zum wiederholten Mal von Rebeka enttäuscht, sondern diesmal auch von seinem Bruder, dessen Geschichte er erst einmal schlucken würde müssen, um darüber hinweg zu kommen.
„Versteh mich bitte nicht falsch, ich will und wollte es nicht anders. Manche Dinge waren nötig. Ich hätte schließlich wirklich sterben können. Ich bereue keine Sekunde, dass meine Abwehrmechanismen dermaßen außer Kraft gesetzt wurden. Ich muss eben akzeptieren, dass ich nicht alles mit Kopf und Willen steuern kann und dass Gefühle nicht unbedingt den klaren Verstand trüben… Solange gerade kein Vollmond ist.“
Romy streckte ihm die Hand entgegen und lächelte ihn zögernd an, weil sie
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