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Die Suenden der Vergangenheit

Die Suenden der Vergangenheit

Titel: Die Suenden der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: May R. Tanner
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vor sich an, als würde er sie zum ersten Mal sehen. Sie bestand wie er nicht nur aus der Fassade, die sie der Welt bot. Sie konnte sich noch so sehr verhüllen und ihre Haare in strengen Frisuren verstecken, in seinen Augen würde er sie immer wie die wilde Amazone sehen, die vorhin versucht hatte, ein wenig Verstand in ihn zu prügeln. Dennoch war das Kribbeln in seinem Magen nicht nur der empfundenen Bewunderung oder der Wirkung ihres Blutes zuzuschreiben.
    "Hast du jemals von einem Immaculate getrunken? Liegt es nur an Blut im Allgemeinen oder... hat es eine tiefere Bedeutung?" War das möglich?

    Der erneute Gedanke an das, was sie ihm angetan hatte, half so effektiv wie ein Bad in einem Zuber mit Eiswasser. Theron hatte immer noch Schwierigkeiten mit der Atmung. Sie konnte nur hoffen, dass ihr Blut seine Heilung schnell vorantrieb und dass sich die Bestie nicht wieder zeigen würde, bis sie weit genug von ihm fort war.
Allein die Vorstellung, ihn zu verlassen, trieb ihr Tränen in die Augen. Es war leichter gedacht als getan. Nicht, wenn er derjenige war, auf den sie nicht mehr zu hoffen gewagt hatte. Der Moment der angespannten Stille war kaum zu ertragen. Und sein Gesicht hatte mit einem Mal jeglichen Frieden verloren. Etwas, das sie genauso wenig wollte, wie ihn leiden zu sehen.
    „Ich..“ Es war leichter, beim Antworten auf den Teppich zu starren als in seine wundervollen, blauen Augen zu sehen, die ihr einen Schauer über den Rücken jagten. Nicht unbedingt nur wohlig, sondern auch wieder leicht beängstigend. Sie durfte ihn nicht schon wieder wütend machen, solange er noch nicht vollständig geheilt war. Also musste sie sich ihre Worte gut überlegen und aufpassen, wie sie sich ihm gegenüber zeigte. Wobei es zwecklos war, zu leugnen, da er sich nicht im geringsten dafür anstrengen musste, sie zu durchschauen.
    „...hätte ich gewusst, was mit mir passiert, wenn ich von Euch trinke, dann hätte ich die Option das Weite zu suchen, als Ihr mir noch die Gelegenheit dafür gabt, sicher in Betracht gezogen. Ich hatte nicht die Absicht, Euch zu verletzen. Das müsst Ihr mir glauben. Eine nicht wieder gutzumachende Tat.“
    Sie seufzte wieder. Traurig und mit bebenden Mundwinkeln. Sie sollte jetzt von ihm abrücken und sich auf einen Stuhl neben das Bett setzen, sprich sich nicht mehr in seiner unmittelbaren Nähe aufhalten und ihn mit ihrem Duft reizen, aber sie konnte nicht. Sie schaffte es nicht, sich von ihm zu lösen, weil sie dann trotz der Wärme, die sie dank des Umhangs und der Affectio verspürte, erbärmlich frieren würde.
In einem Anfall von Sehnsucht und Mut warf sie in trotziger Geste den Kopf in den Nacken und wandte sich ihm wieder zu. Es hatte keinen Sinn, die aufsteigenden Tränen vor ihm zu verbergen. Je mehr Gründe sie ihm gab, erneut eine Grenze zwischen ihnen zu ziehen, desto besser. Für sie beide.
    „Ich hatte Angst, ja. Hättest du an meiner Stelle keine gehabt?“
    Es hätte dich töten können. Ich hätte dich töten können. Wir haben uns nicht gefunden, um uns gleich wieder zu verlieren, oder doch? –Irgendwie schon, aber nicht dadurch, dass jemand von uns stirbt.
    „Es war das erste Mal, dass dieses... Tier...erschien, aber nicht das erste Mal, dass ich das Blut eines Mannes unserer Spezies trank, Krieger. Schreib es deiner besonderen Kraft zu, die es hervorgelockt hat, aber glaub mir, ich hätte es gern in mir drin behalten. Wenn ich auch nur eine leise Ahnung von dem haben könnte, was das alles zu bedeuten hat, würde ich sie nicht mit dir teilen sondern fortgehen.“
    Weil sie eine Gefahr für ihn und sein Leben darstellte. Eine Gefahr für die Führung der Krieger, die ihn brauchten. Sie konnten nicht zusammen sein. Das war unmöglich.
Tiponi brach den Blickkontakt erneut als erste und schaffte es tatsächlich, mit äußerst weichen Knien vom Bett aufzustehen und am Fenster die letzten Strahlen der nun rascher untergehenden Sonne zu verfolgen.
    „Mach dir keine Gedanken. Es ist nur die Affectio. Mehr hat es nicht zu bedeuten.“
    Sie konnte fast spüren, wie ihr Herz genau in diesem Moment aufhörte zu schlagen und dann, nachdem es sich so anfühlte, als wäre es in tausend Stücke zersprungen, trotzdem weiterpochte, als wäre nichts gewesen. Die Zeit würde einfach weiter vergehen. Ob nun mit ihm oder ohne, ob nun als Tri’Ora oder als Kriegerin. Trotzdem hatte sie immer geglaubt, ihr Schicksal selbst bestimmen zu dürfen. Sich nie wieder so unglaublich machtlos

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