Die Suenden der Vergangenheit
und verloren zu fühlen wie damals am Washita, als ihre Familie niedergemetzelt wurde. Man hatte ihr die Zügel aus der Hand genommen und beschlossen, für sie zu lenken. Bei jedem anderen wäre ihr die Akzeptanz wahrscheinlich leicht gefallen aber nicht bei ihm. Theron hielt nichts von Schicksal und Bestimmung. Er akzeptierte es höchstens, wenn es ihn in die Knie zwang Darin war er schlimmer als jeder seiner Brüder. Das machte nichts. Sie konnte damit leben. Aber ihn in die Knie zwingen und seinen Willen brechen wollte sie nicht.
Alles würde gut sein, solange die Distanz zwischen ihnen nur viele hundert Kilometer und mehrere Zeitzonen betrug. Wenn sie aber zur Kriegerin bestimmt war und die Bedeutung darin einmal ganz offen zuließ, dann würde sie ihn, ihren Gefährten, der keiner sein sollte und wollte, jeden Tag sehen müssen. Jeden Tag, denn die anderen wohnten in der Fortress und sie würde sich ihm nicht einmal dann entziehen können, wenn sie sich im Castle des Orakels einquartierte.
Theron war allgegenwärtig und wie gern wäre sie unvernünftig, wild und frei, wie damals vor dem Massaker der amerikanischen Soldaten. Aber das ging nicht mehr. Einmal geraubte Unschuld kam niemals wieder. Egal, wie sehr man sich um Vergessen bemühte. Vielleicht würde es auch gut gehen zwischen ihnen. Vielleicht würde es schön werden, aber wenn ihr der Krieg zwischen den Rassen noch einmal den Gefährten rauben sollte, würde sie es diesmal nicht überleben. Da war es besser, jeden Gedanken oder Anflug von unmöglich existierender Verbundenheit gleich im Keim zu ersticken und die Erkenntnis, die ihm blühte, mit einem klaren Nein abzutun. Es war der Vollmond, sie durch irgendeinen Urahn besonders gesegnet und ganz sicher nicht zu Höherem bestimmt. Nicht zur Kriegerin, nicht für ihn.
„Werdet Ihr noch ein wenig schlafen können? Das wird Euch gut tun. Euch jetzt noch mehr von meinem Blut zu geben, ist zu gefährlich. Ich werde draußen schlafen. Im Holzschuppen. Das Schloss ist stark genug, um mich über Nacht dort drin zu halten. Ihr könnt mich morgen früh wieder rauslassen. Bis dahin seid Ihr geheilt. – Und widersprecht mir nicht. Ihr wisst, das es besser ist,...Abstand zu wahren.“
Aus den Tiefen ihrer Kutte holte Tiponi einen Schlüsselbund hervor, an dem auch der für den Schuppen zu finden war. Er musste nur kurz mit runter kommen, sie anketten und einsperren. Da war ja nichts dabei. In der Wildnis zu campen wäre nun wirklich ein dummer Vorschlag gewesen. Fortlaufen in ihrem Zustand auch, obwohl sie nichts lieber gewollt hätte. Ihre Hündin kam zu ihr, doch Tiponi schickte sie mit einem Wink fort zu ihm ans Bett, wo die große Wolfshündin mit ebenso betrübter Miene die Schnauze auf die Decke legte, als fände sie es ebenfalls gar nicht gut, was hier gerade passierte. Allerdings nur, weil sie sich Sorgen um das Wohl ihrer Herrin machte und um nichts sonst.
„Und habt keine Sorge, dass es Euch langweilig werden könnte.“, versuchte Tiponi mit einem hilflosen Lächeln weiterhin über ihre ausweglose Situation hinwegzutäuschen, die sie trauriger stimmte als alles, was ihr sonst hätte passieren können.
„Ihr könnt mit Rowtag und den Babys spielen.“
Ihr war so elend zumute, dass sie es nicht einmal ganz kurz schaffte, ihm in die Augen zu sehen. Sie hasste sich für das, was sie ihm und sich selbst antat und nicht einmal absolut überzeugt davon, dass es das Richtige war.
Theron beobachtete sie, als wäre sie kein Mensch sondern die Vertreterin einer fremden Spezies, die er erst studieren musste, bevor er ihre Beweggründe verstand. Was trieb sie gerade an?
Er konnte ihr in die Augen sehen, die Mimik ihres Gesichtes studieren und zudem ihre Gedanken und Gefühle lesen, als stünden sie auf den Seiten eines aufgeschlagenen Buches. Dabei wollte er das gar nicht, aber ihr Blut in seinen Adern schien Kanäle zwischen ihnen zu öffnen, die ihm sonst nicht zugänglich gewesen wären. Jedenfalls nicht in diesem unbewussten Zustand.
Finden? Verlieren? Sterben?
Ron war über die Richtung ihrer Gedanken irritiert. Er war es einfach nicht gewöhnt, dass man sich auf diese Weise um ihn sorgte. Seine Mutter, sein Bruder und die anderen Krieger zählten nicht. Auch nicht die kleine Nico, die tat das ja aus völlig anderen Motiven, die er leicht akzeptieren konnte. Es war eben ihre Natur.
Und Tiponis Natur schien Verleugnung und Flucht zu sein. Er folgte jedem ihrer Schritte mit den Augen und hörte ihr zu,
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