Die Sünden des Highlanders
seiner Nähe war. Sir Tormand war offenkundig nicht geübt im Widerstehen von Versuchungen, und das würde es umso schwerer machen, sich in seiner Nähe aufzuhalten. Wenn er versuchte, sie zu verführen, würde er sie wohl sehr bald in seinem Bett haben, gestand sich Morainn bangen Herzens ein. Wenn sie ihn bat, ihr Zuflucht zu gewähren, setzte sie ihre Tugend aufs Spiel, um die sie sehr lange gekämpft hatte. Doch wenn sie ihn nicht um Schutz bat, setzte sie ihr und Walins Leben aufs Spiel.
Die Entscheidung war nicht leicht. Morainn wehrte sich gegen ein Gähnen. Nein, jetzt konnte sie diese Entscheidung nicht fällen; sie war einfach zu erschöpft und hatte noch den bitteren Geschmack der Angst im Mund. Doch im Lauf des kommenden Tages musste sie für sich und Walin eine sichere Zuflucht finden, denn sonst würde sie den übernächsten Sonnenaufgang vielleicht nicht mehr erleben.
Tormand ritt neben Simon und kämpfte gegen den Drang an, den Streit fortzusetzen, den sie beim Frühstück gehabt hatten. Obwohl er es schrecklich fand, Morainn kaum einen Tag nach der ersten entsetzlichen Vision einer weiteren auszuliefern, wusste er, dass Simon recht hatte – sie mussten es einfach versuchen. Außerdem wusste er, dass das nicht der einzige Grund gewesen war, weshalb er gezögert hatte, noch einmal zu Morainn zu reiten. Es verletzte zwar seinen Stolz, sich das einzugestehen, aber er hatte Angst, ihr zu nahe zu kommen. Er fürchtete sich davor, dass sie in ihm weitaus mehr ansprach als nur die Lust. Wenn er ihr fern war, konnte er sich einreden, dass es nur das Verlangen eines Mannes war, der länger keine Frau gehabt hatte; doch wenn er ihr nahe war und in ihre wunderschönen Augen sah, konnte er sich nichts mehr vormachen. Er war sich allzu klar, dass es um mehr ging, und das wollte er nicht.
Tief in seinem Innern wusste er, dass sie seine wahre Gefährtin war, die Frau, die ihm bestimmt war – oder wie auch immer die Frauen in seinem Klan so etwas nannten. Und deshalb wusste er auch, dass er sich, wenn er weiterhin jede schöne Blume im Garten des Lebens pflücken wollte, von Morainn Ross so fern wie nur möglich halten musste. Doch das konnte er nicht, und es lag nicht nur an der Notwendigkeit, die Mörder zu finden, dass es ihn immer wieder in die Nähe dieser ernsten Bedrohung seiner Freiheit zog. Nein, in dem Augenblick, wo er zum ersten Mal in diese meerblauen Augen geblickt hatte, trieben ihn all seine Instinkte zu Morainn.
Er konnte es sich nicht erklären. Morainn war hübsch, aber er war schon mit weitaus schöneren Frauen ins Bett gegangen und hatte sie wieder verlassen. Und obwohl er selbst daran zweifelte, konnte er nicht ignorieren, dass viele Walin für ihren Sohn hielten. Außerdem hatte er herausgefunden, dass sie Sir Adam Kerr, dem Laird von Dubhstane, nur sehr wenig für ihr Häuschen und das dazugehörige Land zahlte. Da Kerr angeblich ein noch weitaus größerer Schwerenöter war als Tormand, stellte sich unwillkürlich die Frage, ob Morainn dem Burschen vielleicht auf andere Weise ihr Häuschen entgalt. Seltsamerweise musste er jetzt nicht daran denken, dass sie dann ja auch für ihn leichte Beute wäre. Noch vor wenigen Tagen wäre er frohgemut davon ausgegangen, doch jetzt verkrampfte sich sein Magen, was beunruhigend nach Eifersucht schmeckte. Und das störte ihn gewaltig.
»Wenn die junge Frau noch immer so blass und erschöpft aussieht, werde ich sie nicht dazu drängen, heute eine der anderen Haarnadeln zu berühren«, sagte Simon.
Tormand war froh, dass Simon seine finstere Stimmung offenbar auf ihre Auseinandersetzung zurückführte und nicht auf seine wirren Gedanken über mögliche Lebensgefährtinnen und deren Legionen von Liebhabern, gegen die er vielleicht zu kämpfen hätte. Er nickte. »Ich glaube nicht, dass solche grässlichen Visionen gut für ihre Gesundheit sind. Sie war ja völlig aufgewühlt.«
Harcourt hatte sich zu ihnen gesellt und Tormands Worte mitbekommen. Er grunzte zustimmend. »Frauen sind nicht so stark wie Männer, sie können solche Sachen nicht so gut aushalten.«
Tormand ignorierte das Gejohle seiner Verwandten, die hinter ihnen ritten. Er sah seinen Cousin strafend an. »Ich hoffe nur, du hast so etwas noch nie vor den Frauen unseres Klans geäußert.«
Harcourt grinste breit und schüttelte den Kopf. »Ich habe doch nur behauptet, dass sie schwächer sind. Ich habe nicht gesagt, dass sie nicht genauso boshaft und raffiniert sein können. Was sie mit
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